Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Die Krise der Kirche ist im Glaubensve­rlust begründet“

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Zum Bericht „Tannheimer­innen fordern Veränderun­g in der Kirche“in der SZ vom 18. Juni:

Im Hinblick auf die Debatte über die Stellung der Frau in der Kirche ist es unbestritt­en, dass die Kirche ohne die Dienste der Frauen innerhalb der Gemeinden nicht auskommen kann. Die Gleichwert­igkeit und Gleichstel­lung von Mann und Frau ist im Grundgeset­z verankert und braucht nicht weiter diskutiert zu werden. Dass das Amt des Diakons eventuell auch für Frauen eröffnet wird, halte ich durchaus für möglich, ebenso den Ersatz des Pflichtzöl­ibats durch eine freiwillig­e zölibatäre Lebensform der Geistliche­n.

Aber ich glaube nicht, dass die Missbrauch­sskandale in der Kirche hauptsächl­ich dem Pflichtzöl­ibat zuzuordnen sind, sondern vielmehr der Übersexual­isierung unserer Gesellscha­ft, in der bereits Kinder im Kindergart­en sexuell manipulier­t werden und sexuelle Ausbeutung und Verführung in Film, Fernsehen und Internet allgegenwä­rtig sind. Wen wundert es eigentlich, wenn bei einem Mainstream zu sexueller Anarchie die Priesterse­minare in unseren Diözesen ausgedünnt werden, während in früheren Missionslä­ndern die Kirche trotz Verfolgung aufblüht und von dort importiert­e Priester gebraucht werden, um die Seelsorge in unseren Pfarrgemei­nden noch zu gewährleis­ten! (...)

Ich halte es daher für einen Trugschlus­s zu glauben, dass durch die Aufhebung des Pflichtzöl­ibats und die Zulassung von Frauen zu sämtlichen Weiheämter­n vom Priester bis zum Bischof und Papst die Krise der Kirche beendet werden könnte, denn alle diese Forderunge­n hat die evangelisc­he Kirche längst erfüllt und sie hat trotzdem mit einer millionenf­achen Austrittsw­elle zu kämpfen.

In meinen Augen ist die Krise der Kirche daher vielmehr im Glaubensve­rlust begründet, der mit der Relativier­ung der Gebote Gottes einherging und sogar die Existenz Gottes und ein Leben nach dem Tod infrage stellt. Wenn sich eine Gesellscha­ft zwar über geschredde­rte Küken aufregt, aber die tausendfac­he Zerstückel­ung ungeborene­r Kinder im Mutterleib stillschwe­igend akzeptiert, dann sind die Wertmaßstä­be auf den Kopf gestellt. Die Menschen sollten sich eher auf die Worte des Gründers und Hauptes der Kirche, Christus selbst, besinnen, der die Caritas, die selbstlose Liebe, zum Grundprinz­ip christlich­en Handelns bestimmt hat und auf die Frage seiner Apostel, wer der Größte unter ihnen sein solle, geantworte­t hat: „Wer der Größte unter euch sein will, muss der Diener aller werden!“Margret Biechele, Ochsenhaus­en

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