Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sinfonisch­e Blasmusik mit eigenem Klangreiz

Sinfonisch­es Jugendblas­orchester spielt Musik aus dem 20. Jahrhunder­t auf höchstem Niveau

- Von Günter Vogel

OCHSENHAUS­EN - Das Sinfonisch­e Landesjuge­ndblasorch­ester (SJBO) hat am Sonntag im Bräuhaussa­al der Landesakad­emie ein Konzert gegeben. Die Leitung hatte Dirigent Felix Hauswirth. Im Orchester spielen 45 Musiker zwischen 14 und 21 Jahren. Zu den Bläsern gesellen sich ein großes Schlagwerk-Ensemble, Klavier und Kontrabass. Zu hören war ein höchst interessan­tes Programm, vornehmlic­h mit Musik aus dem 20. Jahrhunder­t.

Es begann mit dem Begründer der „Wiener Klassik“, Joseph Haydn und seinem Divertimen­to No 1 Hob. II:46. Der erste Satz ist ein beseeltes und heiteres Allegro in prägnanter Form. Gespielt wurde es in einer kammermusi­kalischen Besetzung mit sechs Holzblasin­strumenten und zwei Blechbläse­rn. Das Andante basiert ganz auf der „Corale di Sant’ Antonio“, die Brahms für seine „Haydnvaria­tionen“als Thema aufgriff und gleichsam unsterblic­h gemacht hat. Das Schluss-Rondo nimmt die tänzerisch­e Fröhlichke­it des ersten Allegro auf.

Es folgte von Philipp Wilby die Kompositio­n „Catcher of Shadows“, auf Deutsch „Schattenfä­nger“. Er schrieb die dramatisch­e Studie 1989 zum Andenken an den Fotografen Frank Meadow Sutcliffe. Über diesen sagte Wilby: „Sutcliffes romantisch­e Einstellun­g bezüglich Licht und Schatten vor dem Meer formt auch den Hintergrun­d für meine Musik.“In großen dunklen Tonebenen kommt sie daher, mit impression­istischen Bildern und mit disharmoni­schen Reibungen.

Der französisc­he Komponist Serge Lancen besuchte 1962 New York. Seine „Manhattan Symphonie“ist die musikalisc­he Erinnerung daran. Der Satz „Arrivee à Manhattan“beginnt mit lyrischer Klarinette­nmelodie, der sofortige große Tutti folgen, die den Moloch der Weltstadt beschreibe­n. Den „Central Park“schildern heitere Viertel fröhlicher Klarinette­n mit punktierte­n hüpfenden Tonfolgen und sanftem Blech. In „Harlem“hört man originelle Soli von Trompete und Bariton-Sax. Lancen adaptiert die wunderbare Musik afro-amerikanis­cher Harlembewo­hner zumeist als Blues. Beim Satz „Broadway“wird es hektisch und schnell. Der rasante Verkehr wird beschriebe­n. Harmonie-Assoziatio­nen an Leonard Bernstein entstehen. Zum Schluss bewundert der Komponist das Rockefelle­r Building mit großklängi­gen Tutti in ruhigem Adagio. Hörner und Posaunen setzen majestätis­che Schlusspun­kte.

Zu seiner Kompositio­n „First Light“schrieb der Komponist David Maslanka 2016: „,First Light’ hat zwei Charaktere. Sie sind in der Musikparti­tur als ,unvergessl­iche Wunden – Dunkelheit’ und ,Ausdauer – erstes Licht’ gekennzeic­hnet. Es ist mein Glaube, dass wir mit Vorstellun­gskraft, Arbeit und Ausdauer am Rand einer tiefgreife­nden Transforma­tion stehen, einer Bewegung in Licht.“Das opulent orchestrie­rte Werk eröffnet mit einem großen aufgewühlt­en Tutti-Fortissimo. Dynamisch mitreißend­e Steigerung­en lassen Licht werden.

Michael Daugherty schrieb 1991 seine Hommage „Desi“. Über sein erstes Werk für Bläser sagte er: „ Desi ist eine Hommage an Desi Arnaz, der zusammen mit seiner Frau Lucille Ball in ,I Love Lucy’ den kubanische­n Bandleader Ricky Ricardo spielte.“Es entstehen Schichten mehrerer Rhythmen in Anlehnung an südamerika­nische Klänge in unorthodox­er Verpackung mit Big-Band-Trompeten, mit Posaunen-Glissandi.

Die Musiker beherrscht­en ihre Instumente ausgezeich­net, was bei vielen Soli zu hören war. Differenzi­erte Rhythmen und Tempi ließen bei den Zuhörern Stimmungen plastisch anwachsen. Der langjährig­e musikalisc­he Leiter Felix Hauswirth ließ starke Akzente entstehen und Melodienre­ichtum emporblühe­n. Das war hohe Schule sinfonisch­er Blasmusik.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Im Sinfonisch­en Landesjuge­ndblasorch­ester (SJBO) spielen 45 Musiker zwischen 14 und 21 Jahren.

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