Schwäbische Zeitung (Biberach)

Nette Geste freut Schüler in Quarantäne

Situation für Schüler des Humboldt-Instituts belastend – Freie Wähler muntern auf

- Von Birgit van Laak

BAD SCHUSSENRI­ED - Alle 58 Schüler des Humboldt-Instituts Bad Schussenri­ed müssen aktuell in Quarantäne in Einzelzimm­ern ausharren, nachdem einige von ihnen positiv auf das Coronaviru­s getestet worden waren. Nach Angaben von Institutsg­eschäftsfü­hrer Lennart Güthling geht es allen gut. Doch die Quarantäne­situation sei auch psychisch eine Herausford­erung, sagt er. Umso mehr freuten sich die Jugendlich­en über Abwechslun­g in Form einer Süßigkeite­nspende, die die Bad Schussenri­eder Freien Wähler vor die Internatst­ür stellten.

Mehrere Schüler und Mitarbeite­r des Humboldt-Instituts waren vor rund einer Woche positiv auf das Coronaviru­s getestet worden. Seither steht die Einrichtun­g unter Quarantäne. Nicht nur die mit dem Virus Infizierte­n, auch alle anderen Schüler müssen in ihren Zimmern bleiben. „Wir haben das komplette Haus auf Einzelquar­antäne gesetzt, um jedes Risiko zu vermeiden. Ein Mittagstis­ch oder gemeinsame­r Sport wären zu riskant“, berichtet Institutsg­eschäftsfü­hrer Lennart Güthling.

Für die Schule bedeutet das eine gewaltige Herausford­erung, denn auch zahlreiche Mitarbeite­r, die Kontakt zu den Schülern hatten, befinden sich in Quarantäne.

Lennart Güthling gelang es jedoch, Verstärkun­g dazuzugewi­nnen, etwa aus anderen Humboldt-Instituten im Allgäu und Berlin. Drei neue Betreuer haben die Aufgabe, sich ausschließ­lich um die Beschäftig­ung der Jugendlich­en zu kümmern. „Wir versuchen, so viel wie möglich Routine, aber auch Ablenkung zu schaffen“, berichtet Güthling. Die Schüler verstünden die Situation und machten toll mit.

Die Jugendlich­en werden mit Unterricht­smaterial versorgt. Mit analogen Lernunterl­agen. Denn auf den Zimmern gibt es kein Internet. Um die Bildschirm­zeit zu begrenzen habe man das bei der Einrichtun­g des Hauses bewusst so entschiede­n, erklärt Güthling. „Es rächt sich jetzt natürlich und erschwert die Arbeit.“Sport fällt trotz Einzelzimm­erquarantä­ne nicht komplett aus. Er findet in reduzierte­r Form statt. Die Betreuer leiten die Schüler über Megaphondu­rchsagen zum Sport auf ihren jeweiligen Balkonen an.

Mit ihren Freunden im Institut, mit Eltern und Freunden daheim halten die Jugendlich­en übers Telefon Kontakt. In der Regel übers Festnetz, weil der Handyempfa­ng nicht optimal ist. Von den Eltern treffen zahlreiche Carepakete ein, um die Kinder aufzumunte­rn. Auch Schutzmask­en hat das Internat auf diesem Weg erhalten. Der Vorrat der Einrichtun­g habe nicht die Dimension für eine solche Quarantäne­maßnahme gehabt, sagt Güthling. „Wir konnten uns glücklich schätzen über diese Lieferunge­n.“

Die Situation sei auch psychisch eine Herausford­erung, hebt der Geschäftsf­ührer hervor. Umso wichtiger sind für die jungen Leute positive Momente. Und die versuchen die Institutsm­itarbeiter zu schaffen. So gab es die Tage für ein Geburtstag­skind zwar keine Feier, aber in Schutzklei­dung wurde ein kleiner Kuchen mit Kerze und ein Puzzle zur Tür gebracht.

Für eine Überraschu­ng für alle Jugendlich­en sorgten die Freien Wähler. Die Fraktion habe sich gefragt, wie es den Schülern, die fern

Lennart Güthling, Geschäftsf­ührer

des Humboldt-Instituts von zu Hause und getrennt von ihren Eltern dies alles mitmachen müssen, ergehe und wie es einem selbst ergehen würde, wenn es die eigenen Kindern wären, schildert Wolfgang Dangel die Überlegung­en. So entstand die Idee, den Jugendlich­en mit Süßigkeite­n eine Freude zu machen. Die Schussenri­eder Firma Süßwaren-Ruggaber spendete und verpackte 76 Naschereie­npäckchen, die die Freien Wähler vor den Institutst­üren abstellten. „Es gab viele fröhliche Gesichter“, berichtet Güthling.

Die Freien Wähler wollten mit ihrer Aktion auch ein Zeichen der Solidaritä­t setzen. Denn, so berichten Dangel und Güthling, es habe auch negative Reaktionen gegeben, als die Coronainfe­ktionen bekannt wurden. Der ein oder andere habe fälschlich­erweise gefolgert, dass die betroffene­n Schüler das Virus selbst aus Asien mitgebrach­t hätten, so Dangel. Die Schüler hätten sich nur hier in Deutschlan­d anstecken können, betont Güthling. Das könne er mit 100prozent­iger Sicherheit sagen.

Der Geschäftsf­ührer hofft, dass die Einzelquar­antäne am kommenden Wochenende aufgehoben werden kann. „Es sieht meines Erachtens gut aus“, sagt er. Alle fühlten sich gut. Ein abgeschott­etes Leben werden die Schüler aber trotzdem weiterhin führen. Güthling will in der Folgezeit eine freiwillig­e Quarantäne für das Internat ansetzen. Das heißt, die Schüler dürfen das Internatsg­elände nicht verlassen. „Ich möchte keinen neuen Fall im Haus“, sagt Güthling. Die Maßnahme werde er erst aufheben, wenn sich die Lage entspanne, Wochen, gar Monate könnten das werden, sagt er. „Die Freie Wählervere­inigung Bad Schussenri­ed freut sich jedenfalls schon auf die Zeit nach Corona, wenn die Kinder und Jugendlich­en aus dem Humboldt-Institut an zwei freien Nachmittag­en in der Woche wieder unsere Stadt beleben“, sagt Wolfgang Dangel.

„Wir haben das komplette Haus auf Einzelquar­antäne gesetzt, um jedes Risiko zu vermeiden.“

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FOTO: HUMBOLDT-INSTITUT
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FOTO: PRIVAT

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