Schwäbische Zeitung (Biberach)
Fahrzeugkontrollen wegen Corona-Schutz schlagen hohe Wellen
Polizei und Landratsamt äußern sich zu Kritik aus den sozialen Medien – das sagt ein Rechtsanwalt zu den Bußgeldbescheiden
BIBERACH - Die Meldung über Polizeibeamte, die Fahrzeuge dahingehend kontrolliert haben, ob das geltende Kontaktverbot eingehalten wird, schlägt in den sozialen Netzwerken hohe Wellen. Wir haben nachgefasst.
Die Polizei kontrolliert, wie berichtet, Fahrer und Fahrzeuge auf die Einhaltung der aktuellen Bestimmungen zum Schutz vor der CoronaPandemie. In Biberach treffen die Beamten am Mittwoch auf zwei Autos mit jeweils drei Insassen, die nicht zu einer Familie gehören oder zusammenwohnen. Damit verstoßen sie gegen den aktuell vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 Metern. Jeweils eine Person muss aussteigen und den Weg zu Fuß fortsetzen. Alle Beteiligten erhalten eine Anzeige. Diese Polizeimeldung hat auf dem Facebook-Kanal der „Schwäbischen Zeitung Biberach“für Empörung und Diskussionen gesorgt.
Ob die Beamten denn nichts Sinnvolleres
zu tun hätten, lautet der Vorwurf einiger Nutzer. Polizeisprecherin Claudia Kappeler: „Es geht uns nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen, sondern darum, für Sicherheit und die Einhaltung geltender Regelungen zu sorgen.“Der Großteil der Kontrollen ziele derzeit auf das Zusammentreffen von Personen im öffentlichen Raum ab. Am Mittwoch habe die Polizei im gesamten Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion
Ulm (also in fünf Stadtund Landkreisen) 20 Fahrzeuge im Zusammenhang mit der Einhaltung des Infektionsschutzes kontrolliert.
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung halte sich an die geltenden Regeln und bringe auch das Verständnis für die Kontrollen auf. „Vereinzelt gibt es natürlich auch Personen, die sich uneinsichtig und aggressiv bei Kontrollmaßnahmen zeigen. Solche Personengruppen gab und gibt es schon immer“, teilt die Pressestelle weiter mit.
Die Polizei fertigt Anzeigen, legt aber nicht die Höhe des Bußgeldes fest. „Wir gehen davon aus, dass der Landkreis, die Große Kreisstadt Biberach und die Große Kreisstadt Laupheim als untere Verwaltungsbehörde zuständig sind, um Bußgelder nach der Corona-Verordnung des Landes festzusetzen“, sagt Bernd Schwarzendorfer, Sprecher des Landkreises. Ein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Aufenthalt im öffentlichen Raum könne für jeden Beteiligten mindestens 100 Euro bis 1000 Euro kosten, im Wiederholungsfall
bis zu 25 000 Euro, zitiert er aus der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO). Nicht nur der Fahrer, sondern alle Fahrzeuginsassen können mit Anzeigen belegt werden. Dies gelte selbstredend nicht für strafunmündige Kinder unter 14 Jahren. Wenn Eltern mit weiteren, nicht eigenen, Kindern unterwegs sind, begehen nur sie eine Ordnungswidrigkeit.
Ist das Auto öffentlicher Raum? Auch diese Frage wird auf Facebook leidenschaftlich diskutiert. „Es liegt ein Verstoß gegen die Corona-Verordnung vor, wenn mehr als zwei Personen, die nicht im selben Haushalt leben, im selben Auto sitzen“, sagt Schwarzendorfer und erläutert: „Das Auto bewegt sich im öffentlichen Raum und in einem Auto kann in der Regel der Mindestabstand nicht eingehalten werden.“Die Regelung gelte auch für Fahrgemeinschaften – sogar schon ab zwei Personen.
Gerade beim Thema Fahrgemeinschaften kochen bei einigen Facebook-Nutzern die Emotionen hoch. „Ob ich mich im Auto oder im Betrieb anstecke, ist doch egal.“Darauf Polizeisprecherin Kappeler: „Es obliegt den Arbeitgebern, Schutzmaßnahmen für ihre Mitarbeiter zu treffen.“
Wie bei jedem anderen Bußgeldbescheid hat die angezeigte Person die Möglichkeit, binnen einer bestimmten Frist Einspruch zu erheben, erläutert der Biberacher Rechtsanwalt Florian Günthner. Dann muss ein Gericht über die Rechtmäßigkeit des Bescheids entscheiden. Günthner rät allerdings, den Einspruch wirtschaftlich gut abzuwägen, Kosten für den Rechtsbeistand seien meist höher als der geforderte Betrag. „Am besten ist“, sagt der Jurist, „wir halten uns an die Verordnung. Das kann der Einzelne für eine gewisse Zeitspanne zum Schutze aller ertragen“, findet er. In anderen Staaten oder Bundesländern, gibt er zu bedenken, gelten dieser Tage weitaus schärfere Einschränkungen als in Baden-Württemberg.