Schwäbische Zeitung (Biberach)
Fleisch, Mehl, Milch direkt vom Hof sind begehrt
Hofläden erleben Andrang in Corona-Krise – andere Geschäftsbereiche von Landwirten brechen hingegen weg
UMMENDORF/MITTELBIBERACH/ BIBERACH - Betreiber von Hofläden und Lebensmittelautomaten profitieren von der gestiegenen Nachfrage nach Lebensmitteln in der Coronakrise. Insbesondere bei Fleisch, Mehl und Milch direkt vom Erzeuger greifen die Kunden zu. Die Landwirte hoffen nun, dass die neuen Kunden und die Wertschätzung regionaler Produkte über die Krise hinaus erhalten bleiben.
„Wir verkaufen mehr hofeigene Produkte“, sagt Fabian Steigmiller von Steigmillers Bio-Hofladen in Ummendorf. Kartoffeln, Mehl, Fleisch aus eigener Produktion seien zurzeit besonders gefragt. Zusätzliche Arbeitsschichten mussten die Landwirte Max und Gerhard Steigmiller einlegen, um Kartoffeln in Säcke abzufüllen, Auch beim Mehl galt es für Nachschub zu sorgen. Dank zusätzlicher Fahrten zur Mühle sind die Regale mit dem eigenen Mehl aller Sorten gefüllt.
Im Hofladen sei zur bisherigen Kundschaft neue hinzugekommen, berichtet Fabian Steigmiller. Gekauft werde mehr, aber Hamsterkäufe habe es bei ihm keine gegeben. „Unsere Kunden sind sehr froh, dass wir geöffnet haben. Und wir bekommen die Rückmeldung: Bei euch ist der Einkauf nicht so stressig.“
„Wir sind dankbar, dass wir den Hofladen aufhaben dürfen“, betont Fabian Steigmiller. Denn zwei andere Standbeine des Betriebs brechen gerade weg. Das Bistro und der Biopizza-Foodtruck. „Jetzt würde die Außengastronomie wieder anfangen, beim Foodtruck haben wir aber nun bis Juni Stornierungen“, erzählt er. „Das sind ordentliche Einbußen.“Mitarbeiter im Gastrobereich bauten deshalb Urlaub und Überstunden ab. Je nachdem, wie es weitergehe, werde auch Kurzarbeit ein Thema werden.
Das veränderte Einkaufsverhalten durch die Corona-Krise spürt auch Paula Weber in ihrem Bioland-Hofladen
in Mettenberg. Das Biofleisch aus eigener Tierhaltung, das sie zu festen Terminen anbietet, verkaufte sich schon immer gut. Doch dass es so rasant ausverkauft war, hat sie noch nicht erlebt. „Zack, war alles weg“, erzählt sie. Das Geschäft, nicht nur mit Fleisch, sondern auch mit dem eigenen Mehl, Kartoffeln oder Eiern, habe nochmals angezogen. „Anfangs war es der Wahnsinn.“Eine Studentin verstärkt seit Kurzem das Team im Laden. „Sie meldete sich, weil sie zu Haus saß“, erzählt Paula Weber. Die Anfrage sei ihr sehr gelegen gekommen.
„Ich kann mir vorstellen, dass man sich durch die Pandemie aufs Regionale besinnt“, sagt Paula Weber. Wie wichtig es generell sei, den regionalen Markt zu erhalten, zeige sich gerade im Bereich von Medikamenten. „Wenn die weltweiten Warenströme unterbrochen sind und dann noch der regionale Markt weg ist, gibt es große Probleme.“
Dass die Kunden auch in Zukunft regional produzierte Lebensmittel mehr wertschätzen, hofft auch David Depfenhart, der in Mittelbiberach-Waldenhofen seinen „David Weidehof “bewirtschaftet. An den Abläufen auf dem Familienbetrieb habe Corona wenig geändert, erzählt er. Schutzhauben und Desinfektionsmittel, die beim Betrieb der Milchabfüllanlage benötigt werden, kauft er einmal im Jahr, für heuer ist er versorgt.
Depfenharts Absatzmärkte entwickeln sich zurzeit völlig unterschiedlich. Das Geschäft mit Schulen, die er mit Schulmilch beliefert, ist komplett weggebrochen, ebenso das mit Kantinen und Cafés, die er mit Milch im großen Behälter versorgt. Der Landwirt vermutet, dass die Schulschließungen
noch deutlich länger als bis Ostern dauern werden und somit dieser Absatzmarkt noch länger wegfällt.
Dadurch entfalle auf der anderen Seite der Aufwand fürs Liefern und Abholen der Mehrwegbecher, sagt er. Das reduziere Kosten und setze Personalkapazitäten frei. Die kann er nutzen. Denn in seinen anderen Vermarktungszweigen läuft es gerade rund. Im Einzelhandel hatte das Geschäft bereits zu Jahresbeginn zugelegt, als er anfing, die Milch in Glasflaschen abzufüllen. In den vergangenen drei Wochen seien die Absatzmengen nochmals um 20 Prozent nach oben gegangen, berichtet Depfenhart. Auch an den neun Milchautomaten in der Region und dem Milch- und Lebensmittelautomaten auf dem Hof würden mehr Kunden einkaufen.
Durch Einzelhandel und Automaten werde er den Ausfall des Schulgeschäfts knapp kompensieren können, da die Zeit zwischen Ostern und den Sommerferien wegen der Ausflüge und Schullandheimaufenthalte immer eher schwach sei. Nicht kompensieren können werde er aber die Ausfälle bei Kantinen und Cafés, sagt Depfenhart. Unterm Strich stehe ein Umsatzeinbruch. Aktuell sinke auch der Milchpreis leicht. Das spürt er, da er den Teil der Milch, den er nicht selbst vermarktet, zur Molkerei bringt. „Ein sinkender Milchpreis tut natürlich weh“, so Depfenhart.
Aber für ihn sei die Lage nicht bedrohlich. Die Krise bringe Negatives, aber auch Positives für das Milchgeschäft, fasst er zusammen. „Langfristig ist die Frage, ob uns die neuen Kunden erhalten bleiben. Wenn ja, wäre das natürlich schön.“
„Ich kann mir vorstellen, dass man sich durch die Pandemie aufs Regionale besinnt.“
Paula Weber, Landwirtin und
Inhaberin eines Hofladens