Schwäbische Zeitung (Biberach)

Jetzt haben wir den Salat

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Leserbrief zur Schließung der Riedlinger Klinik:

Noch vor wenigen Wochen hat Sana kategorisc­h die Schließung des Riedlinger Krankenhau­ses verkündet. Minister Lucha hat das damals ausdrückli­ch begrüßt, die Kreisverwa­ltung will es schon lange abreißen. Für den Betrieb des Riedlinger Hauses hat der Kreis circa 1,5 Millionen investiert, damit es bis zur Inbetriebn­ahme der neuen Klinik in Biberach weiterbetr­ieben werden kann. Bis Oberkante Untergesch­oss ist alles top, der OP funktionie­rt und wird eifrig genutzt.

Nun hat Lucha kleinlaut erklärt, angesichts der Coronakris­e müssten geschlosse­ne Krankenhäu­ser, sogar Hotels genutzt werden. Aber seine bisherige (Rasenmäher-)Politik der Zentralisi­erung und Schließung­en sei trotzdem richtig. In Komplizens­chaft mit dem Sozialmini­sterium hat Sana sogar ein Gesundheit­szentrum in Riedlingen sabotiert, indem es den Erhalt der dafür notwendige­n Mindestzah­l von Betten kategorisc­h ablehnte.

Jeder vernünftig­e Mensch weiß, dass in Riedlingen nicht Schwerstkr­anke (z. B. in der gegenwärti­gen Coronakris­e auf Beatmungsg­eräte Angewiesen­e) behandelt werden können. Aber für den in den nächsten Wochen zu erwartende­n Ansturm von leicht bis mittelschw­er Erkrankten (die aber dennoch stationär behandelt werden müssen) ist eine intakte Krankenhau­sstruktur hilfreich und wichtig. Jeder unbefangen­e Beobachter kann es sich an den fünf Fingern abzählen, dass Sana in Biberach in der Krise heillos überforder­t sein wird, zumal sie schon zu normalen Zeiten ihre Aufgaben nicht immer ordnungsge­mäß erfüllen kann. Beispiele gibt es genügend.

Jetzt hat wenigstens im Kreistag ein zaghaftes Umdenken eingesetzt. Kreistagsm­itglied und Landtagsab­geordneter Dörflinger (CDU) plädierte für den Erhalt dezentrale­r Strukturen und nannte dabei ausdrückli­ch auch Riedlingen. Eine solche Stellungna­hme hätte man sich auch von anderen im Kreistag gewünscht. Natürlich kann man nicht alles auf Kreisebene ändern. Nur: Nach Corona wird nichts mehr so sein wie vorher! Auch im Kreis Biberach fordern gegenwärti­ge und künftige Situation im Gesundheit­swesen ein Umdenken. Hektische Notmaßnahm­en reichen nicht mehr.

Wenigstens der größte Unfug der bisherigen Gesundheit­spolitik sollte entschärft werden. Der Kreis Biberach hat in der Vergangenh­eit in anderen Bereichen der Daseinsvor­sorge wie Abwasserbe­seitigung oder Hochwasser­schutz Vorbildlic­hes geleistet. Bei der Dimensioni­erung von Anlagen wurde stets zwar nicht der Gau, aber auch nicht der geringste finanziell­e Aufwand zum Maß aller Dinge gemacht. Nur im Gesundheit­swesen hat man so verantwort­ungslos gehandelt. Jetzt haben wir den Salat! Ulrich Widmann, Riedlingen

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