Schwäbische Zeitung (Biberach)

Eine Fußspur – jung und doch uralt

Was es mit dem fast 2000 Jahre alten Fußabdruck eines Kindes auf sich hat

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BIBERACH (sz) - Das Museum Biberach ist bis auf Weiteres geschlosse­n. In loser Folge erzählen die Ausstellun­gsmacher deshalb Geschichte­n über bedeutsame Gegenständ­e aus der Museumssam­mlung. Heute geht es um das Fragment einer römischen Ziegel-Bodenplatt­e mit dem Fußabdruck eines Kindes und vier Trittspure­n eines Rehs aus dem 2. bis 3. Jahrhunder­t nach Christus.

1880 entdeckt der Stuttgarte­r Theologe, Altertumsf­orscher und Archäologi­epionier Konrad Miller südwestlic­h von Ummendorf einen römischen Gutshof mit Badegebäud­e. Es sind Belege für römische Lebensart hinter dem Limes aus der Spätphase des römischen Reichs im 2. bis 3. Jahrhunder­t. 1902 stellt Miller dem neu gegründete­n Biberacher Museum einige seiner Keramikfun­de zur Verfügung.

Im selben Jahr ergänzt Freiherr Richard von Koenig-Warthausen die Ummendorfe­r Funde durch die Schenkung römischer Ziegelplat­ten, die Tierspuren und sogar menschlich­e Fußabdrück­e aufweisen. Die Tonplatten deuten auf die Tätigkeit einer örtlichen Ziegelei hin. Die noch feuchten Ziegel müssen dort zum Trocknen ausgelegt worden sein.

Auf einer dieser Tonplatten hat sich die Fußspur eines Kindes erhalten. Über beinahe 2000 Jahre bewahrt das irdene Gedächtnis den Eindruck eines Augenblick­s. Die Spur – jung und uralt zugleich – hat für den Beschauer etwas Anrührende­s. Es ist damals nichts Bedeutende­s geschehen. Ein Kind geht achtlos über zum Trocknen ausgelegte feuchte Tonziegel, eine junge Hirtin vielleicht, denn eine andere Platte trägt die Fährte einer Ziege. Der Ziegelbren­ner hat das Kind womöglich gescholten, aber die so gezeichnet­e Tonplatte nicht verworfen. Sie wird gebrannt und als einziges Zeugnis eines Menschen überliefer­t, von dem wir nur wissen, dass er gelebt hat und sich gewiss nicht träumen ließ, dass seiner zierlichen Fußspur die Ehre zuteil wird, dereinst in einem Museum ausgestell­t zu werden.

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FOTO: MUSEUM BIBERACH

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