Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ohne weitere staatliche Hilfen wird es nicht gehen
Nach der Absage der polnischen Fluggesellschaft LOT prüft Condor offenbar Schadensersatzforderungen
FRANKFURT - Nachdem die Übernahme der Condor durch die polnische Fluggesellschaft LOT – übrigens ohne Angabe von Gründen – geplatzt ist, sucht der deutsche Ferienflieger nach einer anderen Lösung fürs Überleben. Ohne ein neuerliches Einspringen des Staates dürfte es schwer werden. Doch offenbar sind die Gespräche mit der Bundesregierung fortgeschritten.
Condor hatte sich wegen der Insolvenz seiner damaligen Mutter Thomas Cook in ein Schutzschirmverfahren begeben, diese Insolvenz in Eigenverwaltung sollte mit dem Einstieg der polnischen PGL, der Muttergesellschaft der LOT, beendet werden. Die LOT hatte wegen des Coronavirus den Flugbetrieb vorübergehend eingestellt. Mit dem Kaufpreis von 550 Millionen Euro sollte aber der Überbrückungskredit von 380 Millionen Euro abgelöst werden, den die Bundesregierung und das Land Hessen dem Ferienflieger im September gewährt hatten. Dieser Kredit läuft an diesem Freitag aus. Die Zeit für eine Lösung drängt also. Nun verhandelt Condor mit PGL über die Details des Rücktritts und prüft offenbar Schadensersatzansprüche. „Condor ist auf dieses Szenario vorbereitet und beabsichtigt nach wie vor, das Schutzschirmverfahren bald zu verlassen“, sagte eine Sprecherin des Ferienfliegers. „Es gibt verschiedene Optionen für die zukünftigen Eigentumsverhältnisse, wie beispielsweise eine Treuhänderstruktur. Zudem sind wir in Gesprächen zu Staatshilfen wegen der Auswirkungen der Coronakrise.“Während der Verhandlungen fliege Condor weiter: Der Flugbetrieb werde – so weit wie durch die Auswirkungen der Coronakrise möglich – regulär fortgesetzt. Das Unternehmen konzentriert sich aber derzeit vor allem auf Fracht- und Erntehelferflüge, um zur medizinischen und Gütergrundversorgung Deutschlands beizutragen. Zur Liquiditätssicherung habe man für alle Mitarbeiter bei Condor Kurzarbeit vereinbart, sagte eine Sprecherin. Das werde auch aufgestockt, aber in geringerem Maße als bei anderen Unternehmen.
Nun also könnte es auf eine Treuhänderlösung für Condor hinauslaufen. Die Verhandlungen sind offenbar schon fortgeschritten. Dabei müsste der Staat Condor zwar zunächst einen neuen Kredit gewähren, damit die Fluggesellschaft den Schutzschirm verlassen kann. Aber danach könnte ein Treuhänder – nicht unbedingt der Staat selbst, sondern wohl eher eine Gesellschaft im staatlichen Auftrag – dann den Ferienflieger vorübergehend weiterführen, bis sich ein neuer Investor gefunden hat.
Condor ist nach Meinung der Pilotenvereinigung Cockpit jedenfalls ein Unternehmen, das sich zu retten lohne, der Flugbetrieb sei solide, die Condor funktioniere. Auch das Modell
des Ferienfliegers dürfte Zukunft haben, ist Cockpit-Sprecher Janis Schmitt überzeugt.
Die Gewerkschaften hoffen dabei auf eine aktivere Rolle des Staates, so etwa auch die Flugbegleitergewerkschaft Ufo, die für eine direkte Staatsbeteiligung sowohl an der Condor als auch an der Lufthansa wirbt. Denn die Lufthansa ist als potenzieller Investor bei ihrer ehemaligen Tochter Condor im Gespräch. Doch noch hat die Kranichlinie selbst genug mit der Krise zu tun. Ohne staatliche Hilfe wird es auch bei ihr nicht gehen. Die aber soll, geht es nach dem Willen von Lufthansa-Chef Carsten Spohr, möglichst so aussehen, dass der Staat dadurch kein Mitspracherecht erhält. Die Bundesregierung ist aber offenbar an einem direkten vorübergehenden Einstieg nicht unbedingt interessiert.
Die Kunden, die bei Condor Flüge gebucht hatten, können ihre Tickets stornieren und dafür Gutscheine erhalten oder sie sich erstatten lassen. Condor biete ihnen auch einen Umtausch an, bei dem sie sich noch nicht auf den Zeitpunkt oder das Ziel des Flugs festlegen müssten. So könnte man auch einen geplanten Flug in die Dominikanische Republik etwa umtauschen in Flüge auf die Kanarischen Inseln. Die Condor-Sprecherin bittet jedoch um Geduld: Der Ferienflieger arbeite gerade viele Anfragen ab, das könne wegen des hohen Ansturms noch einige Zeit in Anspruch nehmen.