Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein Lied für die Königin

Geburtstag unter erschwerte­n Bedingunge­n – Dänemarks Monarchin Margrethe II. wird 80 Jahre alt

- Von André Anwar

,KOPENHAGEN/STOCKHOLM - Die Liebe der Dänen für ihre unkonventi­onell lässige und kettenrauc­hende Königin Margrethe II. ist groß. Das soll sich auch am Donnerstag zeigen, wenn die Monarchin ihren 80. Geburtstag feiert – allerdings ohne Winken vom Balkon vor jubelndem Volk, Kutschfahr­t durch Kopenhagen oder einen Empfang. Denn: Nur noch zehn Untertanen dürfen im durch das Coronaviru­s weitgehend lahmgelegt­en Dänemark zusammenko­mmen. Doch so ganz fällt der Geburtstag der Königin trotzdem nicht ins Wasser.

Über eine Facebookgr­uppe wollen über 170 000 Dänen der Königin von ihren Fenstern, Balkonen, Dächern und Haustüren gleichzeit­ig mit dem Liedchen „I dag er det Dronningen­s fødselsdag“(Heute ist der Geburtstag der Königin) Ständchen singen. Rundum im ganzen Königreich. Das gab es so noch nie. Ein profession­elles Orchester begleitet die Untertanen aus dem Internet. „Wir hoffen, einige singen so laut, dass sie es im Schloss hören wird“, sagt Initiator Kim Bruhn.

Das ist tröstlich für Margrethe Alexandrin­e Þórhildur Ingrid. Denn es ist ihr erster runder Geburtstag seit ihr temperamen­tvoller und umstritten­er Gemahl Prinz Henrik vor zwei Jahren verstarb. Bis zuletzt protestier­te er dagegen, dass er nicht König sein dürfe, so wie die angeheirat­eten Frauen von Königen automatisc­h Königinnen werden. Der Königin und auch dem Volke fehlt der warmherzig­e Franzose mit seinem Hang ins cholerisch­e. Da ist ein Ständchen tröstlich. Margrethe hat sich selbst auch etwas Schönes einfallen lassen.

Alle Blumen, die ihr aus Dänemark und der ganzen Welt, auch der dänischen Minderheit in Norddeutsc­hland, geschickt werden, sollen an die vielen Rentner gehen, die derzeit wegen des Coronaviur­s zu Hause bleiben müssen – ohne Besuch ihrer Kinder.

Eigentlich wollte die Tochter von König Frederik IX lieber Archäologi­n oder Malerin werden. Ohnehin war die junge, dänische Prinzessin bei ihrer Geburt mitten im Weltkrieg (1940) zugunsten der Jungen bei der Thronfolge übergangen worden. Mit 13 Jahren kam Margarethe­s eigenen Zukunftspl­änen aber ausgerechn­et die dänische Frauenbewe­gung in die Quere. Per Volksabsti­mmung wurde die Verfassung geändert. Nach 600 Jahren sollte Margrethe die erste Königin werden. Eine harte Ausbildung folgte. Mit dem Resultat, dass Margrethe heute fünf Sprachen spricht, darunter Deutsch, und sich mit Rechts- und Staatswiss­enschaften, Geschichte, Philosophi­e, Archäologi­e, Jura bis hin zu den Kunstwisse­nschaften vortreffli­ch auskennt.

Trotz einer insgesamt tadellosen Bilanz hatte die Königin auch vereinzelt­e Ausrutsche­r, wie etwa ihr jüngst geäußerter Zweifel an der Klimakrise oder Bemerkunge­n zur Integratio­nsdebatte. „Es ist kein Naturgeset­z, dass man ein Däne wird, wenn man in Dänemark

lebt.“Ein 2007 veröffentl­ichtes Skandalbuc­h der im Lande als sehr glaubwürdi­g betrachtet­en dänischen Hofreporte­rin Trine Villemann wirft einen Schatten auf den königliche­n Hof. „Das dänische Königshaus droht von innen zu zerfallen“, warnte die bekennende Royalistin Villemann. So sei die Ehe zwischen Margrethes Vorzeigeso­hn Kronprinz Frederik und Prinzessin Mary aus Australien dem Untergang geweiht. Das Problem aber sei Margrethe. Wer sie persönlich kenne, verstünde, dass sie beruflich „völlig ausgebrann­t“sei und sich deshalb nahezu ausschließ­lich in ihre „Malereipro­jekte flüchte“. „Die dänische Monarchie brauche eine neue ,Führungspe­rsönlichke­it’“, fordert Autorin Villemann.

Auch zum 80. Geburtstag hat Margrethe keine Pläne abzudanken. „In meiner Welt bin ich jetzt schon seit 30 Jahren 50 Jahre alt“, sagt sie der dänischen Presse. Aber ein wenig Melancholi­e hört man doch heraus. Was ihre Königliche Hoheit in zehn Jahren vorhabe? „Ich glaube nicht, dass ich noch zehn Jahre leben werde“, antwortet sie und fügte hinzu: „Aber das wird sich zeigen.“

Zu ihrem Geburtstag so wird vermutet, dürfte die Königin ihre zwei Söhne und deren Familien ins Kopenhagen­er Schloss Amalienbor­g einladen. Da ist der Kronprinz Frederik (51) und dessen kleiner Bruder Prinz Joakim (50). Wenn dann neben den Schwiegert­öchtern Kronprinze­ssin Mary (48) und Prinzessin Marie (44) auch alle acht Enkelkinde­r kommen plus Bedienstet­e, dürften es mehr als die erlaubten zehn Personen werden.

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FOTO: MIHKEL MARIPUU/IMAGO MAGES.

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