Schwäbische Zeitung (Biberach)

Familienva­ter gesteht Bluttat

Ein 49-jähriger Mann steht wegen versuchten Mordes vor dem Ulmer Landgerich­t

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Die Tat hatte den ganzen Ort im nördlichen Alb-Donau-Kreis erschütter­t. Und die Einwohner rätselten, wie das in einer zumindest nach außen intakten Familie mit zwei Söhnen im Alter von 17 und 20 Jahren und ihrer 46-jährigen Mutter geschehen konnte, die um ein Haar ihr Leben verloren hätten. Seit Donnerstag steht der Familienva­ter, 49, vor dem Ulmer Schwurgeri­cht. Er muss sich wegen versuchten Mordes verantwort­en.

Laut Anklage wollte der Mann seiner Frau, die sich von ihm getrennt und mit ihren beiden Söhnen das Haus im nördlichen Alb-DonauKreis verlassen hatte, mit einem Küchenmess­er die Kehle durchschne­iden. Dies wäre auch gelungen an besagtem Tag im Dezember 2019, wenn sich nicht die beiden Kinder schwer verletzt dazwischen­geworfen und die Tat verhindert hätten.

Aufgrund der Abstandsre­gelung im Zusammenha­ng mit der CoronaPand­emie

gab es nur eine begrenzte Zahl von Sitzplätze­n für die Besucher im Schwurgeri­chtssaal des Landgerich­ts. Ebenso hielt auch das Schwurgeri­cht Distanz untereinan­der, um eine Ansteckung zu verhindern. Punkt 8.30 Uhr begann das Verfahren am Donnerstag, für das nur drei Tage lang Verhandlun­gen angesetzt worden sind. Am Montag, 27. April, wird mit dem Urteil gerechnet.

Die kurze Prozessdau­er ist durch den Angeklagte­n selbst möglich geworden, der gleich zu Beginn der Beweisaufn­ahme nach der Verlesung der Anklagesch­rift nach monatelang­em Schweigen in einer vom Verteidige­r vorgetrage­nen Erklärung zu den Vorwürfen der Staatsanwä­ltin Stellung bezog. Er bestätigte die Tat und ihren Ablauf. Auch mündlich entschuldi­gte sich der Angeklagte bei seiner Ehefrau, die als Nebenkläge­rin im weiten Schwurgeri­chtssaal ihm gegenübers­aß. „Es tut mir alles leid“, sagte er mit dem Blick auf sie gewendet. Auch die Ehefrau wandte sich nicht ab.

Sie hatte bei dem Überraschu­ngsangriff ihres Mannes insgesamt zehn Stich- und Schnittwun­den im Thoraxbere­ich und an beiden Händen und Knien sowie eine tiefe Stichwunde am linken Oberschenk­el erlitten. Bevor sich der Angeklagte auf die Mutter stürzte, hatte er, wie die Staatsanwä­ltin den Verlauf der Bluttat am Donnerstag schilderte, seine beiden Söhne mit dem scharfen Küchenmess­er attackiert. Der ältere Sohn erlitt einen Stich in den Unterbauch, der jüngere wurde in der Leistengeg­end schwer verletzt.

Es hätte der Tod der dreien gewesen sein können, wenn die Angegriffe­nen nicht richtig reagiert hätten. Der Mutter gelang es, vor den Messeratta­cken auf die Kehle die Arme vor das Gesicht zu halten. Und die Söhne schafften es trotz ihrer schweren Stichverle­tzungen, sich auf den Täter zu stürzen und ihm im Gerangel das Messer nach heftigem Kampf abzunehmen und ihn am Boden zu fixieren, bis die alarmierte Polizei binnen Minuten eintraf und den

Familienva­ter festnahm. Der Rettungsdi­enst brachte die Verletzten in Krankenhäu­ser, wo sie stationär aufgenomme­n werden mussten.

Vorausgega­ngen war der Tat eine Aussprache, um die der Angeklagte gebeten hatte. Das Thema: Die Trennung der Frau, die ihren Mann mit den Söhnen verlassen hatte. Doch die Aussprache „scheiterte“und der Mann habe gezielt seine Frau umbringen wollen, so die Staatsanwa­ltschaft. Bei den Attacken auf seine Söhne, die ihn ja auch verlassen hatten, wurde der Tod der beiden laut der Anklagever­treterin billigend vom Angeklagte­n in Kauf genommen. Das Schwurgeri­cht wird jetzt trotz des Geständnis­ses die Hintergrün­de etwa des Weggangs der Familie aufzudecke­n haben. Wie der Verteidige­r des Angeklagte­n sagte, gibt es eine lange Vorgeschic­hte dazu.

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