Schwäbische Zeitung (Biberach)
Der Schatz aus dem Waldboden
BIBERACH (sz) - Das Museum Biberach ist bis auf Weiteres geschlossen. In loser Folge veröffentlicht es daher nun Geschichten über bedeutsame Gegenstände aus der Museumssammlung.
Es war im Januar 1945, als Prinz Ernst Heinrich von Sachsen in Erwartung der anrückenden Roten Armee Teile des Inventars von Schloss Moritzburg bei Dresden in 40 Kisten verpacken und in einer Waldlichtung vergraben ließ. Obwohl die Russen das Versteck 1947 aufdeckten, blieben die wertvollsten Familienerbstücke unentdeckt, bis 1996 einem jungen Schatzsucher mit einem Metallsuchgerät der Fund seines Lebens gelang: Bretter und Erde bedeckten Goldschmiedearbeiten, Münzen, Medaillen, Tafelsilber und Juwelen.
Ende 1999 kam dieser „Schatz aus dem Waldboden“in London zur Auktion, darunter auch Johann Melchior Dinglingers juwelenbesetzter Blumenkorb. Das Kabinettstück ist eines der seltenen Frühwerke des Dresdener Hofgoldschmieds, der gebürtig aus Biberach stammt. Das Bouquet wurde von Bruno Frey erworben, der es ins Museum Biberach gab.
Heute erstrahlt das barocke Blumengebinde – zurückhaltend restauriert – in bezaubernder Farbenpracht. Der Korb besteht aus silbervergoldeten Weidenbändern. Die Blumen sind botanisch genau nachgebildet. 200 der 390 Edelsteine formen 57 emaillierte Blütenstände. Drei Insekten, eine Libelle, ein Schmetterling und ein Käfer, sind in das Blattwerk gefügt. Der mit Smaragden und Diamanten besetzte silberne Drache ist der symbolische Wächter der Schatulle.
Johann Melchior Dinglinger gilt als einer der großen Goldschmiede seiner Zeit. Er wird 1664 als Sohn eines Messerschmiedes in Biberach geboren. Nach seiner Ausbildung zum Goldschmied gelangt er 1692 nach Dresden und wird dort 1698 Hofgoldschmied. Dort liefert er gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Meisterwerke der Juwelierskunst, die bis heute zu den Attraktionen des Grünen Gewölbes in Dresden zählen.