Schwäbische Zeitung (Biberach)
Proteste zeigen Wirkung
Rektor André Bleicher zieht Fazit der Hochschulfinanzierungs-Vereinbarung
BIBERACH (sz) - Der Rahmen für die Hochschulfinanzierung in den kommenden Jahren steht. Land, Hochschulen und Universitäten haben die Hochschulfinanzierungs-Vereinbarung unterzeichnet. Vorausgegangen waren Proteste von Hochschulen und zehnmonatige Verhandlungen der Landesregierung. Der Rektor der Hochschule Biberach (HBC) Professor André Bleicher, erklärt, was die Vereinbarung für die HBC bedeutet.
Aufgrund der Corona-Pandemie haben die Landesregierung und die Rektoren der 45 staatlichen Hochschulen und der fünf mdeizinischen Fakultäten die Hochschulfinanzierungs-Vereinbarung in einem außergewöhnlichen elektronischen Verfahren unterzeichnet. Im Januar 2021 tritt sie in Kraft und regelt die finanziellen Rahmenbedingungen der Hochschulen bis 2025.
„Unsere ursprünglichen Forderungen von 1000 Euro je Studierenden und Jahr konnten wir nicht durchsetzen“, bedauert Professor André Bleicher, Rektor der Hochschule Biberach (HBC). „Dennoch haben wir durch die Verhandlungen der vergangenen Monate Verbesserungen erzielen können, die uns mehr Planungssicherheit garantieren.“Auch sei die jetzt vorliegende Vereinbarung als positives Signal der Landesregierung an die Hochschulen zu verstehen. „Die Politik anerkennt unsere Leistungen in Lehre und Forschung als relevanten Beitrag für das wirtschaftsstarke Land BadenWürttemberg“, so die Hochschulleitung.
Konkret verbessert sich die finanzielle Situation der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) und damit der Hochschule Biberach durch eine Verstetigung der Mittel, erläutert die HBC in einer Mitteilung. Bisher befristete finanzielle Leistungen werden dauerhaft abgesichert. Durch den jährlichen Aufwuchs der Grundfinanzierung wird es möglich,
Personalkostensteigerungen und Inflationsverluste abzufangen. Weitere zusätzliche Mittel ermöglichen es zumindest teilweise, die Hochschulen auf neue strategische Ziele auszurichten.
Ohne die landesweiten Proteste der Hochschulen, die unter anderem durch die Studierenden der HBC unterstützt wurden, wäre das Verhandlungsergebnis „deutlich geringer“ausgefallen, ist sich André Bleicher sicher. Nicht zuletzt die Podiumsdiskussion im Oktober vergangenen Jahres an der HBC habe einen wesentlichen Beitrag erbracht.
Damals hatte die Hochschule die Mitglieder des Landtags, Jürgen Filius (Bündnis 90/Die Grünen), Marion Gentges (CDU) und Martin Rivoir (SPD) auf den Campus eingeladen; mit ihnen diskutierten Professor Bastian Kaiser, HAW-Vorsitzender und Rektor der Hochschule Rottenburg sowie der Biberacher Rektor André Bleicher damals die Frage „Hochschulfinanzierungsvertrag II in Baden-Württemberg – HAWs im Abseits?“. Bei der Veranstaltung meldeten sich zudem zahlreiche Studierende, Professoren und Mitarbeiter zu Wort, um auf die Unterfinanzierung im Bildungsbereich aufmerksam zu machen.
„Für unsere ursprünglichen Ziele müssen wir auch in der Zukunft eintreten“, mahnt Bleicher jetzt. Denn beispielsweise im Quervergleich zum Freistaat Bayern – der unter anderem gegenwärtig eine hochmoderne neue Technische Universität im Raum Nürnberg einrichte – sei zu konstatieren, dass das baden-württembergische Hochschulsystem Gefahr laufe, im bundesweiten Wettbewerb an Boden zu verlieren. In dieser Relation gemessen wirke das Verhandlungsergebnis nicht wie ein halb volles, sondern eher wie ein halb leeres Glas. Daraus könne, so Bleicher, der Schluss gezogen werden: „Nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen.“
Dass die HAWs, und gerade die Hochschule Biberach, hierfür gute Argumente vorweisen können, davon ist André Bleicher überzeugt: „Mit unseren Themen sind wir wichtiger Impulsgeber für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft“. Gerade im Hinblick auf die von der Landesregierung benannten Zukunftsthemen Klimawandel und Gesundheitswesen – die HBC kann hier Expertise der Biotechnologie einbringen – könne die HBC wesentliche Beiträge leisten. „In der Lehre befähigen wir junge Menschen, diese Herausforderungen zu bewältigen und in der angewandten Forschung entwickeln wir innovative Instrumentarien für diese wichtigen Transferaufgaben.“