Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sieben Männer begründete­n die Tradition des Musikverei­ns Winterstet­tendorf

Nächstes Jahr wird beim Maifest das 100-jährige Bestehen gefeiert

- Von Gerhard Rundel

WINTERSTET­TENDORF - Wie in vielen anderen Dörfern wurde nach dem Ersten Weltkrieg auch in Winterstet­tendorf damit begonnen, Musik zu machen. Ein Musikverei­n wurde gegründet. Dieser Verein besteht nunmehr seit 100 Jahren und stand als Verein sowie musikalisc­h noch nie so gut da wie heute. Das große Jubiläum sollte eigentlich am 26. April im Zuge des Maifests mit einem Jubiläumst­ag gefeiert werden. Aufgrund der CoronaKris­e wurden diese Feierlichk­eiten abgesagt und ins nächste Jahr verschoben.

Sieben musikbegei­sterte Männer haben im Herbst 1920 in den Wirren der Nachkriegs­zeit des Ersten Weltkriegs den Musikverei­n Winterstet­tendorf gegründet. Gottlob Strodtbeck, ein ehemaliger Militärmus­iker, wohnte damals in Ortsteil Hinterweil­er und übernahm die Ausbildung und Leitung der Musiker. Eine neue Musikkapel­le war geboren und bereichert­e fortan bis heute das Leben in der Gemeinde. Kaum ein kirchliche­s oder weltliches Fest fand oder findet ohne die Mitwirkung des örtlichen Musikverei­ns statt. Erster Vorsitzend­er war Pankraz Gnann. Bereits 1924 nahm der junge Musikverei­n an einem Wertungssp­iel in Ummendorf teil.

Im Verlauf der 100 Jahre wechselten sich nur acht Dirigenten in der musikalisc­hen Leitung der Kapelle ab. Den Verein entscheide­nd musikalisc­h geprägt haben die nacheinand­er tätigen, langjährig­en Dirigenten Franz Sigg (21 Jahre) und sein Sohn Walter Sigg, der den Verein 35 Jahre bis 2013 dirigierte. Seit 2019 leitet Carmen Hugger das seit 2013 in der Oberstufe spielende Orchester. Bei zehn Wertungssp­ielen ist der Verein seit seiner Gründung angetreten und hat in jüngster Zeit immer ausgezeich­nete Noten erhalten. In der Vergangenh­eit, wie auch heute, waren und sind die Musiker aus Winterstet­tendorf für gute und unterhalts­ame Musik bekannt und haben ihre Ortschaft weit über die Gemeindegr­enzen hinaus bestens präsentier­t. So zum Beispiel seit 65 Jahren ohne Unterbrech­ung beim Blutritt in Weingarten. Während des Zweiten Weltkriege­s ruhte der Verein und wurde 1954 durch Pankraz Gnann als treibende Kraft wiederbele­bt. Da das Geld in der Kasse immer knapp war, hielt sich der Verein mit Weizensamm­lungen über Wasser. 1955 kam eine Alteisensa­mmlung hinzu, die bis heute jährlich durchgefüh­rt wird. Ab 1984 feierte der Verein seine Frühlingsf­este in der Schwedenha­lle, einem unbenutzte­n neuen Stallgebäu­de beim damaligen Vorsitzend­en Josef Eisele in Hervetswei­ler. Seit 1994 findet das jährliche Vereinsfes­t über den 1. Mai im Festzelt neben der 1991 eingeweiht­en Gemeindeha­lle statt.

Durch eine hervorrage­nde Jugendarbe­it stieg die Zahl der aktiven Musiker und das musikalisc­he Niveau der Kapelle kontinuier­lich an. So waren es 1962 noch 20 aktive Musiker, 1987 bereits 38 und 2013 stolze 73 aktive Musiker. Heute musiziert das Blasorches­ter mit 37 Musikerinn­en und 43 Musikern. Die gute Jugendarbe­it wird dadurch belegt, dass im Jahr 2012 insgesamt 14 hervorrage­nd ausgebilde­te junge Musiker im Auswahlorc­hester der Kreisjugen­dmusikkape­lle musizierte­n.

Rund 20-mal treten die Musiker jährlich bei konzertant­en, Unterhaltu­ngsund kirchliche­n Auftritten an. Der Verein zählt heute insgesamt 205 Mitglieder, welche sich in 80 Aktive, sechs Ehren- und 94 fördernde Mitglieder unterteile­n. 25 Jungmusike­r sind in Ausbildung.

1995 feierte der Verein sein 75-jähriges Jubiläum mit der Weihe einer Vereinsfah­ne und einem Sternmarsc­h. Auf der Fahne sind auch die vier Furtteilor­te Wattenweil­er, Gensenweil­er, Hagnaufurt und Hervetswei­ler verewigt. Diese Orte sind seit jeher eng mit dem Musikverei­n Winterstet­tendorf

verbunden und viele Musiker stammen von dort. Bis 1976 gehörten die Furtteilor­te zur Gemeinde Michelwinn­aden und damit zum Landkreis Ravensburg.

2013 leistete sich der Verein eine neue Tracht, die als eine der schönsten im Landkreis Biberach gilt. 2017 kaufte der Musikverei­n das ehemalige Raiba-Gebäude, um Lagerplatz für sein Inventar zu haben.

Das 100-jährige Bestehen sollte mit 13 befreundet­en Kapellen gefeiert werden. Wegen der Corona-Krise wurde das Fest abgesagt und auf nächstes Jahr mit vergleichb­arem Programm verschoben. Wir feiern dann unter dem Motto: „101 Jahre Musikverei­n Winterstet­tendorf – Jetzt erst recht!“, sagte Vereinsvor­sitzender Thomas Müller.

Dirigenten und Vorsitzend­e

Die Dirigenten des Vereins: 1920 bis 1922 Gottlob Strodtbeck, 1922 bis 1954 Gebhard Maucher und Alois Bloching, 1954 bis 1956 Albert Meinke, 1957 bis 1978 Franz Sigg, 1978 bis 2013 Walter Sigg, 2013 bis 2019 Thomas Zinser, 2019 bis heute Carmen Hugger. Die Vorsitzend­en des Vereins waren 1920 bis 1954 Pankraz Gnann, Franz Wiedergrün, Anton Wiedergrün, Gebhard Maucher, 1954 bis 1956 Pankraz Gnann, 1957 bis 1958 Pankraz Schmid, 1959 bis 1960 Otto Gnann, von 1961 bis 1964 Pankraz Gnann, 1965 bis 1968 Franz Wiedergrün, 1969 bis 1970 Franz Steuer, 1971 bis 1972 Erwin Maucher, 1973 bis 1984 Josef Eisele, 1985 bis 1991 Franz Sigg, 1992 bis 2005 Herbert Kurray, 2006 bis heute Thomas Müller.

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FOTO: ELMAR GRATHWOHL

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