Schwäbische Zeitung (Biberach)
Notstand in Tokio
Zeitplan und Stadien der Olympischen Spiele bleiben gleich, das Coronavirus aber sorgt für Unruhe in Japan
TOKIO (dpa) - Japan muss wegen des Coronavirus den Notstand übers ganze Land verhängen, doch die OlympiaMacher bereiten unbeirrt die auf 2021 verlegten Spiele in Tokio vor. Sie sollen dem gleichen Zeitplan folgen wie die eigentlich für diesen Sommer geplanten Spiele, beschlossen die Koordinierungskommission des Internationalen Olympischen Komitees und Japans Organisatoren.
Fragen von Journalisten, was passieren soll, falls die Pandemie bis dahin nicht unter Kontrolle ist, wich der Präsident der IOC-Koordinierungskommission, John Coates, aus. Man werde weiter den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO folgen, sagte Coates bei einer auf YouTube abgehaltenen Online-Pressekonferenz in Tokio.
Die Spiele sollten vom 24. Juli bis 9. August ausgetragen werden, waren aber wegen der Corona-Krise verschoben worden. Neuer Eröffnungstermin ist der 23. Juli 2021. Einen Fahrplan für die Organisation und Austragung der Spiele wollen die OlympiaOrganisatoren bis Mai vorlegen.
Dabei werde der Fokus auch auf die Reduzierung von Kosten gelegt, die durch die Verschiebung entstehen. Coates sprach von „erheblichen“Summen. Derzeit prüfe das IOC den genauen Umfang. Den Weltsportverbänden sicherte er in der Corona-Krise finanzielle Unterstützung zu. „Wir werden nicht abwarten und zusehen, wie die internationalen Verbände kollabieren. Wir werden ihnen helfen.“
IOC-Präsident Thomas Bach hatte jüngst gesagt: „Für das IOC werden sich Zusatzkosten von mehreren Hundert Millionen Dollar ergeben.“Auch die Japaner wollen sparen. „Wir werden die Dienstleistungen bei den Spielen in allen Bereichen überprüfen“, sagte der Chef des japanischen Organisationskomitees, Toshiro Muto. Tokios Organisatoren würden bei den Sparmaßnahmen „sehr streng“vorgehen. Experten schätzen die Zusatzkosten
auf drei bis sechs Milliarden Dollar.
Die 43 Wettkampfstätten sollen auch 2021 genutzt werden. Hierzu laufen komplizierte Gespräche mit den teils privaten, teils öffentlichen Eigentümern. „Wir haben noch keinerlei Ergebnis hierzu“, sagte Muto. Das Gleiche gilt für das olympische Dorf. Man habe die elf Bauunternehmen gebeten, dieselben Gebäude wie geplant auch 2021 nutzen zu dürfen.
Coates ist überzeugt, dass Japan angemessene Maßnahmen gegen das Coronavirus bei den Spielen ergreifen werde. Derzeit breitet sich das Virus dort jedoch so aus, dass Regierungschef Shinzo Abe sich am Donnerstag veranlasst sah, den bislang nur für Tokio und einzelne andere Provinzen geltenden Notstand aufs ganze Land auszuweiten. Zuvor hatte es immer heftigere Kritik an Japans Umgang mit der Krise gegeben. Die Regierung habe durch das spärliche Testen die Fallzahlen lange Zeit kleingehalten und zu spät und zu wenig Maßnahmen gegen die Ausbreitung angeordnet, kritisieren Mediziner und internationale Beobachter. Bis zum Donnerstag stieg die Zahl bestätigter Infektionen in Japan auf mehr als 9400, mehr als 190 Menschen starben.