Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kampf gegen die Trockenheit
Kaum Regen und viel Sonne – diese Folgen hat der Wassermangel in der Landwirtschaft
OCHSENHAUSEN/AULENDORF - Die Corona-Krise ist für die meisten Menschen zurzeit das beherrschende Thema. Doch Landwirten und Förstern in der Region bereitet zunehmend ein anderes Thema Sorgen: fehlender Regen. „Im April hatten wir bisher keinen nennenswerten Niederschlag, null Komma null“, sagt der Ochsenhauser Bio-Landwirt Hans Holland. „Die Trockenheit beschäftigt uns sehr.“
Holland ist mit seinen Mitarbeitern seit einigen Tagen draußen beim Bewässern. Doch er bewässert nicht etwa Getreide oder Gemüse, sondern Bäume. „Wir gießen die jungen Bäumchen im Wald, die wir auf den Windwurfflächen gepflanzt haben.“Das Sturmtief Sabine hatte laut Holland im Februar im Wald große Schäden hinterlassen. 200 Hektar Wald südlich von Ochsenhausen bewirtschaftet die Familie Holland.
„Das Sturmholz ist draußen, die Flächen wurden wieder aufgeforstet. Doch die neuen Pflanzen haben noch keine tiefen Wurzeln und brauchen Wasser.“Doch nicht nur für die kleinen Bäumchen ist der fehlende Niederschlag ein Problem. „Kritisch ist die Trockenheit auch für die großen Bäume. Wenn sie weniger Wasser bekommen, können sie weniger Harz bilden. Mit Harz wiederum schützen sie sich vor Schädlingen wie dem Borkenkäfer. Der fehlende Regen führt zu einer geringeren Widerstandskraft der Bäume gegen den Käfer.“
Dass 2018 und 2019 schon trockene Jahre waren, verschärfe die Lage noch, sagt Holland. Das bestätigt auch Wetterexperte Roland Roth, Leiter der Wetterwarte Süd in Bad Schussenried. „Der Boden hat ein Wettergedächtnis. Das bekommen die Tiefwurzler zu spüren. In den tiefen Bodenschichten steckt noch die Trockenheit von 2003, 2013, 2015 und 2018 drin. Bis dieses Niederschlagsdefizit ausgeglichen ist, dauert es“, erklärt er.
Aus Sicht von Holland trifft die anhaltende Trockenheit im April den Wald am stärksten. Besser sehe es auf dem Acker und auf den Wiesen aus. „Beim Grünland, also auf den Wiesen, haben wir ein mittleres Problem. Das Gras ist jetzt eigentlich in der Hauptwachstumszeit und wächst wegen der Trockenheit langsamer.“Keine aktuelle Gefahr sieht
Holland für die Ackerkulturen. „Die Winterkulturen wie Winterweizen und Raps haben Wurzeln, die tief genug sind und an die Winterfeuchte heranreichen“, sagt Holland. „Die Sommerkulturen wie Hafer und Ackerbohnen haben gerade gekeimt. Dafür reichte das Wasser noch aus. Doch die sollten auch bald Wasser bekommen. Wenn es jetzt noch zwei Wochen trocken bleibt, wird es für sie gefährlich.“
Wie lange die Trockenheit noch tatsächlich andauern wird, ist ungewiss. Wann es endlich wieder einmal ordentlich regnen wird, lasse sich derzeit noch nicht absehen, sagt Roland Roth. Laut Roth machen die Wettermodelle vorerst noch wenig Hoffnung auf einen satten Landregen. „Das Sonnenhoch wird zwar allmählich schwächer, doch man muss schon viel Glück haben, wenn man dann endlich mal einen Regenschauer abbekommt. Erst in Richtung Mitte kommender Woche dürfte die Regenwahrscheinlichkeit wohl generell zunehmen“, meint der Meteorologe.
So lange kann Severine Braun nicht mehr warten. Die Erdbeerpflanzen auf den Erdbeerplantagen benötigen jetzt Wasser. „Es ist erschreckend, wie es auf den Feldern aussieht. Die Erdbeeren brauchen dringend Wasser“, sagt sie. Braun ist die Tochter von Rolf und Ruth Weinzierle, den Inhabern von ErdbeerSchilling. Insgesamt 30 Erdbeerplantagen zum Selbstpflücken gehören zu dem landwirtschaftlichen Betrieb mit Sitz in Aulendorf (Landkreis Ravensburg), darunter befindet sich eine in Mittelbiberach und eine in Mettenberg. „Vor acht Tagen sah es auf den Feldern noch recht gut aus“, berichtet Braun, die im elterlichen Betrieb mitarbeitet. Doch viel Sonnenschein, warme Temperaturen und Wind trockneten die Böden aus.
Der Unimog, der bei Weingarten (Landkreis Ravensburg) auf einem Feldweg zu einer Plantage von Erdbeer-Schilling fährt, wirbelt den staubtrockenen Boden auf. Ein Wasserfass mit 5000 Liter Fassungsvermögen ist auf ihm befestigt. Der Fahrer fährt die Reihen entlang und gießt die Pflanzen. Das macht er pro Reihe nicht nur einmal, sondern mehrmals. Um ein Feld zu bewässern, brauche er einen ganzen Tag, sagt er. Drei solcher Fahrzeuge seien zurzeit im Einsatz, berichtet Braun. „Wir können nicht überall gleichzeitig bewässern. Wir setzen Prioritäten und haben eine Art Schlachtplan entwickelt.“Ältere Erdbeerpflanzen bräuchten das Wasser dringender als jüngere Pflanzen. Daher sei das Feld bei Mettenberg auf der Prioritätenliste noch nicht ganz oben. „Da sind junge Pflanzen, die sind noch frisch.“
Der fehlende Niederschlag macht sich auch auf den Feldern von Erdbeeren-Wiest bemerkbar. Neben Erdbeeren werden auf dem landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Goppertshofen Spargel und Himbeeren angebaut. „Es ist eine Katastrophe. Die Erdbeeren und die Himbeeren haben das Wachstum eingestellt“, berichtet Inhaberin Mathilde Wiest. Besser sehe es beim Spargel aus. „Der Spargel sitzt tiefer, da geht es noch einigermaßen. Er holt das Wasser aus dem Boden.“Die Pflanzen zu bewässern, hat Wiest nicht geplant. „Mal sehen, wie es weitergeht“, sagt die Landwirtin. „Die Hoffnung geben wir nicht auf.“