Schwäbische Zeitung (Biberach)
So begründet das Gericht seine Entscheidung im Bauplatzstreit
Bauplatzvergaberichtlinien in Ummendorf waren offenbar rechtswidrig – Das sind die Gründe
UMMENDORF/SIGMARINGEN (asp/sz) - Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte mit seinem Urteil im März festgestellt, dass die Bauplatzvergaberichtlinien der Gemeinde Ummendorf rechtswidrig waren. Jetzt hat es das Urteil auch begründet.
Mit seiner Entscheidung hat das Gericht der Klage eines Ehepaars stattgegeben, das nicht für einen Bauplatz vorgesehen war. Dem Antrag auf Neuentscheidung über die Bewerbung des Ehepaars wurde hingegen nicht entsprochen (SZ berichtete). Das Urteil des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig.
Zunächst geht das Gericht in seiner Begründung auf die Verfahrensfehler beim Zustandekommen der Richtlinien ein. Diese seien teilweise „rechtswidrig“gewesen. So habe der Gemeinderat die Richtlinien in vier nicht öffentlichen Sitzungen erörtert und in anschließender öffentlicher Sitzung ohne größere Diskussion einstimmig verabschiedet. Dies widerspreche dem Grundsatz der Öffentlichkeit.
Zum anderen habe an sämtlichen Beratungen und der Entscheidung ein Gemeinderatsmitglied mitgewirkt, das sich in „unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang“auf einen Bauplatz in dem Gebiet beworben habe und anschließend auch zum Zuge gekommen sei. Der Beschluss des Gemeinderats sei wegen dieser Befangenheit dieses Mitglieds rechtswidrig, betont das Gericht.
Zudem führt die Kammer aus, dass auch in „materieller Hinsicht Bedenken an der Rechtmäßigkeit“der Vergaberichtlinien bestehen. Nach den Richtlinien sollte die Vergabe der
Bauplätze anhand der Bedürftigkeit nach sozialen Kriterien und der Zeitdauer des Hauptwohnsitzes oder des früheren Wohnsitzes sowie des ehrenamtlichen Engagements der Bewerber erfolgen. Hierfür wurden Punkte nach einem festgelegten System vergeben.
Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei zweifelhaft, ob sich ein Eingriff in die Grundfreiheiten des Unionsrechts überhaupt rechtfertigen lasse, wenn ein nicht subventionierter Verkauf von Grundstücken erfolgen solle. Auffällig sei, dass die Gemeinde eine Verteilung und Punktegewichtung vorgenommen habe, die den früheren oder aktuellen Hauptwohnsitz in der Gemeinde im Vergleich zu den sozialen Kriterien derart hoch gewichte, dass als Folge dessen außenstehenden Bewerbern ohne bisherigen Bezug zu der Gemeinde kaum eine realistische Chance auf einen Bauplatz verbleibe. Dies sei sowohl aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs als auch vor dem Hintergrund des Diskriminierungsverbots „sehr fragwürdig“, betont das Gericht.
Der weitere Antrag auf Neuentscheidung über die Bewerbung sei bereits unzulässig, da die Bauplatzvergaberichtlinien schon im November 2019 aufgehoben worden waren.
Die Kammer des Verwaltungsgerichts war grundsätzlich zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich um eine Klage handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, da dem Vergabeverfahren und den sich daran anschließenden Abschlüssen von Kaufverträgen eine öffentlich-rechtliche Entscheidungsstufe vorgeschaltet war. Die öffentlich-rechtliche Eigenschaft dieser Entscheidungsstufe resultiere aus der „kommunalen Selbstverwaltungsgarantie“, da der Gemeinderat das Ziel verfolgt habe, im Interesse der Entwicklung der örtlichen Sozialstruktur auf die Vergabe der Bauplätze in dem künftigen Baugebiet einzuwirken.
Weiter führt die Kammer aus, dass die Kläger trotz Aufhebung der Vergaberichtlinien ein Interesse daran haben, dass über die Rechtmäßigkeit der Vergaberichtlinien entschieden wird, da einerseits eine Wiederholungsgefahr insoweit besteht, als inhaltlich identische Vergaberichtlinien erlassen werden könnten, andererseits da nicht auszuschließen ist, dass die vorliegende Klage auch für die Beurteilung künftiger Fälle wie einen möglichen Staatshaftungsprozess von Bedeutung sein könnte.