Schwäbische Zeitung (Biberach)
Italien macht langsam wieder auf
Die Ausgangssperre wird gelockert – Doch was das genau bedeutet, bleibt teils unklar
ROM - Italiens „Phase zwei“hat begonnen. Am Sonntagabend gegen 21 Uhr verkündete Regierungschef Giuseppe Conte in einer Fernsehansprache den Inhalt eines neuen Regierungsdekrets zur Bewältigung der Coronavirus-Krise. Die „Phase zwei“wird am 4. Mai beginnen – und beinhaltet Maßnahmen, die, sagt Conte, das „Zusammenleben mit dem Coronavirus“regeln sollen. Bei manchen Italienern sorgen sie aber für Verwirrung.
Millionen Italiener, die Contes Ansprache verfolgten, hatten auf klare Antworten auf die Frage gewartet, wie denn nun ihr Alltag weitergehen soll. Doch sie wurden zu einem guten Teil enttäuscht.
Seit Anfang März dürfen die Italiener nur noch dann aus dem Haus, wenn sie zur Arbeit gehen – oder wenn sie Lebensmittel einkaufen müssen, ihre Hunde Gassi führen oder im Umkreis von 200 Metern von ihrer Wohnung entfernt spazieren gehen wollen. Nur aus triftigem Grund dürfen sie bis zum 4. Mai zu einem Arzt oder zu einem engen Verwandten. Wird dieses Verbot verletzt, drohen Geldstrafen von bis zu rund 500 Euro.
Groß war die Erwartung, ob man nach dem 4. Mai endlich wieder spazieren gehen können würde. Doch das mit großer Spannung erwartete neue Regierungsdekret gibt darauf keine klare Antwort.
In Artikel 1 Absatz 1a heißt es, dass auch künftig das Verlassen der Wohnung nur dann erlaubt ist, wenn ein dringender beruflicher oder sonstiger Grund vorliegt. In Absatz 1f heißt es dann, dass man keine „erholenden“Tätigkeiten außer Haus betreiben darf. Im gleichen Satz heißt es weiter, dass man individuell Sport treiben und „motorische Aktivitäten“
durchführen kann. Heißt das auch spazieren gehen? Und was genau sind „motorische Aktivitäten“? Ein Bluthochdruckpatient sollte möglichst viel gehen. Doch sie oder er wird langsam gehen und nicht joggen. Nicht ausgeschlossen ist deshalb, dass Italiener, die ab dem 4. Mai nicht laufend in ihrer Stadt unterwegs sein werden, von der Polizei kontrolliert werden könnten und sich rechtfertigen müssen.
Ab dem 4. Mai werden die städtischen Parks wieder geöffnet. Doch was ist, wenn man in seinem Viertel keinen solchen Park hat. Darf man dann zu einem weiter entfernten Park spazieren gehen oder nicht? Im neuen Regierungsdekret heißt es auch, dass man ans Meer darf. Aber nur diejenigen, die am Meer leben. Was genau heißt das? Wie nah muss man am Strand leben, um dort einen Spaziergang machen zu dürfen?
Das Dekret weist immer wieder darauf hin, dass man zukünftig Sicherheitsabstände einhalten, Masken
und Handschuhe tragen muss. Die Preise der Masken sollen staatlich festgelegt werden, um Wucher zu verhindern. Begräbnisse und andere religiöse Feiern sollen wieder stattfinden dürfen – aber nur mit maximal 15 Anwesenden.
Restaurants und Pizzerien dürfen ab 18. Mai öffnen. Aber nur für Speisen, die man vor Ort bestellen und mitnehmen kann. Ab diesem Tag sollen auch Museen und Ausstellungen wieder zugänglich sein. Die Schulen bleiben bis September geschlossen.
Am 4. Mai öffnen auch die meisten Unternehmen und Betriebe. Für Ende Mai ist die Wiedereröffnung des Einzelhandels geplant.
Dass Italiens Kirchen bis auf Weiteres geschlossen bleiben müssen und Gottesdienste untersagt werden, verärgert die Bischofskonferenz. Sie forderte am Montag die Regierung dazu auf, in diesem Punkt nachzubessern, denn, so ein Dokument der Bischöfe, „hier wird das Recht auf Religionsausübung verletzt“.