Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die nächsten Schritte im Bauplatzstreit
Ummendorf will am liebsten neue Vergabekriterien, aber zuerst haben mal die Kläger das Wort
UMMENDORF - Nach der schriftlichen Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts (VG) Sigmaringen will die Gemeinde Ummendorf keine Rechtsmittel einlegen. Das sagten Bürgermeister Klaus B. Reichert und der Prozessbevollmächtigte Andreas Staudacher der „Schwäbischen Zeitung“. Die Gemeinde akzeptiert die von der 3. Kammer des VG eindeutig festgestellte Rechtswidrigkeit der Bauplatzvergaberichtlinien vom September 2019 und hofft, modifizierte Kriterien zu erlassen. Der Rechtsanwalt Oliver Leuze äußerte sich namens der Kläger auf Anfrage bisher nicht. Die Kläger können bis 22. Mai beantragen, Berufung beim Verwaltungsgerichtshof zuzulassen.
Das VG hatte der Klage einer Familie stattgegeben, die keinen Bauplatz erhalten hatte. Indes sah das Gericht ausdrücklich keine Verpflichtung, von Neuem über die Bewerbung der Kläger zu entscheiden. „Die Bauplatzvergaberichtlinien wurden (...) vollständig aufgehoben“, schreibt die Kammer. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, „wären wir auf dem Stand null“, sagt Reichert, mit Ausnahme der acht notariell beglaubigten Kaufverträge. Wobei der Rathauschef noch mal klarstellt, dass das Vergabeprocedere komplett aufgerollt würde. „Auch ganz neue Bauplatzbewerber kommen in den Pool“, es ist keineswegs ausgemacht, dass bisherige Bewerber erneut zum Zug kommen.
Aber so weit ist es sowieso noch nicht, zunächst sind die Kläger am Zug. Die formelle Rechtswidrigkeit der Bauplatzvergabekriterien wurde lang und breit sowohl im Eilverfahren als auch in der mündlichen Verhandlung vom 10. März thematisiert. Die Kammer sieht einen „schwerwiegenden Verfahrensfehler“darin, dass der Gemeinderat unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten
„Dass wir nach den Hinweisen des Gerichts an gewissen Schrauben drehen dürften, liegt auf der Hand.“
hat. Das VG hält obendrein ein Gemeinderatsmitglied für befangen, das später den Zuschlag für einen Bauplatz bekommen hatte; dies hält das VG in seinem Urteil fest, auch wenn Reichert dazu „eine unterschiedliche Auffassung“hat.
Auch in inhaltlicher Hinsicht äußert die 3. Kammer, wie berichtet, Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Bauplatzvergabekriterien. In dem 30-seitigen Urteil indes „kann es dahingestellt bleiben, ob diese auch materiell rechtswidrig sind“, schreibt das VG – da allein die formelle Rechtswidrigkeit schon reicht. Staudacher selbst findet diese Begründung „dürftig“, Reichert seinerseits will eine „Spitze“erkennen in den Ausführungen des Gerichts speziell zum Grundstückspreis ohne Subventionen.
Doch der Reihe nach: Das VG bezweifelt
Klaus Bernd Reichert wie berichtet, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mit der Freizügigkeit vereinbar ist, wenn Bauplätze nicht zu subventionierten Preisen verkauft werden wie im Fall Ummendorf. Die Kammer hält diesen Punkt für umso auffälliger, als die Gemeinde den aktuellen und früheren Hauptwohnsitz von Bauplatzbewerbern im Ummendorfer Punktesystem sehr hoch gewichtet hat. Soziale Kriterien fielen im Punktekatalog weniger stark ins Gewicht (etwa die Zahl minderjähriger Kinder). In der Folge hätten außenstehende Bewerber ohne Ortsbezug „kaum eine realistische Chance auf einen Bauplatz“gehabt, schreibt das VG. Dies sei sowohl aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben des EuGH als auch vor dem Hintergrund des Diskriminierungsverbots von Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz „sehr fragwürdig“, so die Kammer.
Reichert hält es für „erstaunlich“, dass es im Schriftsatz des VG heißt, diese Angaben der Gemeinde zur verbilligten Abgabe an Bauplatzbewerber vermöge die Kammer nicht zu beurteilen. Zum Punkt Subventionen
legt Reichert jedenfalls größten Wert darauf, dass der Quadratmeterpreis von 145 Euro „relativ präzise aus dem Ankaufspreis und den Erschließungskosten besteht“, von einer Subvention könne keine Rede sein. Der gemeinsame Gutachterausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Biberach stelle die Bodenrichtwerte amtlich fest; die jeweiligen Kaufverträge müssten wie Gutachten behandelt werden. Der Bodenrichtwert ist nicht zu verwechseln mit dem sprichwörtlichen reichen Scheich, der einen spekulativen Grundstückspreis zahlen kann und will.
Was die vom VG für problematisch erachtete Gewichtung im Punktesystem angeht, möchte Reichert dem Gemeinderat nicht vorgreifen. „Dass wir nach den Hinweisen des Gerichts an gewissen Schrauben drehen dürften, liegt auf der Hand.“Wie stark ein Punktekatalog modifiziert werden könnte, bleibe abzuwarten, schließlich „war das natürlich ein Kompromiss aus 17 Meinungen“. Aber bevor die Räte überhaupt darüber nachdenken, bleibt ohnehin der 17. Mai abzuwarten. (Aktenzeichen 3 K 3574/19)
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