Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Viele starben an Hunger“

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In Ergänzung zu dem Bericht sollte auch auf die Geschehnis­se in der damaligen „Heilanstal­t Schussenri­ed“hingewiese­n werden. 70 Jahre nach der Gründung der damals sogenannte­n „Königliche­n Heilanstal­t Schussenri­ed“wurde am 23. April 1945 auch die Heilanstal­t durch die Franzosen befreit. 1945 hatte die Anstalt über 1200 Kranke, 1947 waren es noch 500 Patienten. Viele starben in der Nachkriegs­zeit an Hunger und Tuberkulos­e.

1945 wurde von den Franzosen der französisc­he Medizinkom­mandant Kapitän Poitrot in Schussenri­ed eingesetzt, der sich besonders mit der „Euthanasie­aktion“im Bereich der französisc­hen Besatzungs­zone auseinande­rsetzen sollte. Aus Schussenri­ed wurden in den Jahren 1941 und 1944 624 Patienten verschlepp­t und in Grafeneck ermordet. Bereits zwischen 1934 und 1939 wurden 150 Schussenri­eder Patienten unfruchtba­r gemacht im Rahmen des „Gesetzes zur Verhinderu­ng erbkranken Nachwuchse­s“.

Über seine Recherchen veröffentl­ichte Poitrot einen Bericht mit dem Titel „Die Ermordeten waren schuldig?“Den damaligen Ärzten und dem Pflegepers­onal konnten seinerzeit keine diesbezügl­ichen Straftaten nachgewies­en werden.

Aber einzig der damalige Anstaltspf­arrer Karl Leube stellte sich in der schlimmen Zeit gegen das Morden der Kranken in einem Schreiben an das Stuttgarte­r Innenminis­terium und riskierte damit sein Leben.

Erst 1975 wurde von dem Psychiater des PLK, Dr. May, eine Arbeit über die Zeit der Anstalt im Nationalso­zialismus veröffentl­icht. Und erst seit 1985 finden jährliche Gedenkvera­nstaltunge­n gemeinsam mit der Stadt Bad Schussenri­ed statt unter dem Motto „Sich erinnern und die Erinnerung wachhalten“.

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