Schwäbische Zeitung (Biberach)
USA erlauben Einsatz von Remdesivir
Remdesivir heißt einer der derzeitigen Hoffnungsträger bei der Suche nach einem wirkungsvollen Mittel zur Behandlung schwerer Coronavirus-Infektionen. Die USA erteilten am Freitag eine Ausnahmegenehmigung für den begrenzten Einsatz des Wirkstoffes in Krankenhäusern. Eine klinische Studie hatte zuvor gezeigt, dass er bei CovidPatienten die Zeit bis zu einer Genesung um mehrere Tage verkürzen kann. Auch in Deutschland ist das Mittel innerhalb eines ArzneimittelHärtefallprogrammes zugänglich und wird in klinischen Studien getestet.
Remdesivir wurde ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelt und ist bislang in keinem Land der Welt als Medikament zugelassen. Auch die Ausnahmegenehmigung für die USA entspricht keiner formellen Zulassung, was ein wesentlich aufwendigerer Prozess ist. Selbst die Ausstellung einer begrenzten Ausnahmegenehmigung ist ungewöhnlich, da sie maßgeblich auf den Ergebnissen einer einzigen klinischen Studie beruht. Bislang gibt es jedoch keine Impfung gegen das neuartige Coronavirus und auch keine zuverlässige zugelassene medikamentöse Therapie.
Die US-Studie mit mehr als 1000 Teilnehmern ist nach Angaben des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten der USA (NIAID) mit Kontrollgruppen durchgeführt worden, die Datenerhebung hätten unabhängige Experten begleitet. Patienten mit der vom Coronavirus verursachten Lungenkrankheit Covid-19 waren demnach nach durchschnittlich 11 Tagen wieder genesen, die Patienten der Kontrollgruppe hingegen erst nach 15 Tagen, wie die NIAID am Mittwoch berichtet hatte. Die Ergebnisse sind im Rahmen einer Zwischenbegutachtung vorgestellt worden. NIAID-Institutsleiter Anthony Fauci sprach von einer „signifikanten positiven Wirkung bei der Verringerung der Zeit bis zur Genesung“. Die Resultate müssten noch unabhängig geprüft und veröffentlicht werden. Den ersten Ergebnissen zufolge führte das Medikament nur zu einer geringfügig niedrigeren Sterblichkeitsrate.
Als „extrem ungewöhnlich“beurteilt Gerd Fätkenheuer die rasche Entscheidung der USZulassungsbehörde für eine Ausnahmegenehmigung. Der Mediziner von der Uniklinik Köln hat den deutschen Teil der Studie geleitet. Aus drei Studienzentren wurden Daten von 13 Patienten zugeliefert. Die Daten der jetzt vorliegenden Zwischenbegutachtung zeigten eine erste Wirkung von Remdesivir, aber wichtige Fragen seien noch offen. So fehlten Angaben zu Nebenwirkungen, und es sei nicht klar, welche Patienten am ehesten von einer Behandlung profitieren. Auch der Einfluss auf die Sterblichkeit sei noch nicht sicher zu beurteilen.
Nach Ansicht des deutschen Medizin-Ethikers Peter Dabrock ist die ungewöhnlich schnelle Entscheidung vertretbar. Hergestellt wird Remdesivir vom Biotech-Unternehmen Gilead in Kalifornien. (dpa)