Schwäbische Zeitung (Biberach)
Das Verhältnis passt nicht
Es ist einerseits gut, dass Menschen auf die Straße gehen, für ihre Rechte kämpfen und hinterfragen, was die Politik ihnen vorsetzt. Das geschieht in Deutschland viel zu selten. In Zeiten von Corona, in denen Menschen im Sterben liegen und es gilt, eine Pandemie einzudämmen, ist das allerdings doch etwas fragwürdig. Zumal es in Deutschland gelungen ist, die Todeszahlen im Vergleich zu anderen Ländern gering zu halten. Darüber hinaus gibt es gerade auch wieder Lockerungen. Wenn man dazu beitragen kann, Menschenleben zu retten und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, indem man mal ein paar Wochen zu Hause bleibt, dann ist das wohl das kleinste Übel.
Ebenso fragwürdig ist auch das Handeln von Polizei und Ordnungsamt. Bei 300 Demonstranten passt die Anzahl von vier Polizisten und zwei Mitarbeitern des Ordnungsamts wohl nicht so ganz. Hätte es Ausschreitungen gegeben, wären die Ordnungshüter ganz schön in der Unterzahl gewesen. In diesem Zusammenhang ist es ebenfalls unverständlich, warum andere Menschen ein saftiges Bußgeld erwartet, wenn sie unerlaubt zu dritt im Auto erwischt werden. Es ist aber völlig okay, wenn sich 300 Menschen – die Mehrzahl übrigens ohne Mundschutz – auf dem Biberacher Marktplatz treffen. Eine größere „Corona-Party“gab es in den vergangenen Wochen wohl kaum. ein Bruchteil der Besucher eingetragen haben.
Zwei Polizeistreifen und zwei Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdiensts verfolgten die Demonstration mit rund 300 Teilnehmern auf dem Marktplatz. Die Abstandsregelungen wurden in diesem Fall nicht kontrolliert, es gab keine Verwarnungen oder gar Bußgelder. Möglicherweise wird kommenden Samstag wieder demonstriert.