Schwäbische Zeitung (Biberach)
Auf der Suche nach einem Investor
Kreistagsausschuss unterstützt SI-Praxisklinik und zeichnet Weg für Ärztehaus auf
BIBERACH/RIEDLINGEN - Einstimmigkeit war am Mittwochnachmittag allen Beschlüssen beschert, die sich um die Zukunft der Gesundheitsversorgung und eines Ärztehauses in Riedlingen drehten. Der Verwaltungsund Finanzausschuss des Kreistags war in gebührendem Abstand zueinander im großen Sitzungssaal des Landratsamts in Biberach zusammengekommen, um Landrat Dr. Heiko Schmid die Handhabe für eine Eilentscheidung zu geben. Dem Coronavirus war’s geschuldet.
Zum einen soll die SI-Praxisklinik finanziell unterstützt werden, um nach dem Rückzug von Sana aus dem stationären Bereich auf Ende Juni 2020 die Mehrkosten für den Operationssaal schultern zu können. Dies soll mit maximal 15 000 Euro seitens des Landkreises pro Jahr geschehen, allerdings längstens bis zur Inbetriebnahme des Neubaus der Klinik am Standort Biberach. Der Kreis folgte hier einem Vorschlag der Stadt, die sich mit dem gleichen Betrag beteiligen möchte. Die jährlichen Kosten für die OP-Einrichtung werden mit 45 000 Euro beziffert. Das letzte Drittel bliebe bei den Ärzten. Mit dem Engagement des Landkreises wird der „großen Bedeutung“der chirurgischen und orthopädischen Praxisklinik „bei der Sicherstellung der ambulanten Versorgung in Riedlingen“Rechnung getragen, ergänzend zu den Arztpraxen und den internistischen Facharztsitzen, hieß es.
Weitreichender waren die Beschlüsse für die nächsten Schritte zur Umsetzung eines Ärztehauses in Riedlingen, fußend auf einer Projektstudie, die in der Sitzung vorgetragen wurde (siehe eigener Bericht). Deutlich machten Kreisräte, dass angesichts der doppelt so hohen Kosten für eine Altbausanierung dieses Thema „abgehakt“sei und allein ein „bedarfsgerechter“Neubau in Frage komme.
Beim weiteren Projektverlauf in Sachen Ärztehaus sieht der Landkreis seinen Part ideell. Allerdings wurde die Verwaltung ermächtigt, gegebenenfalls externe fachliche Begleitung in Anspruch nehmen zu dürfen mit einem Aufwand von rund 6200 Euro, um bei vergabe-, wettbewerbsund auch steuerrechtlichen Fragen auf der sicheren Seite zu sein.
Der Stadt Riedlingen ist aufgetragen, sich auf die Suche nach potenziellen Investoren zu machen; der Landkreis beteiligt sich mit einem Anteil von 50 Prozent an den Kosten der „Marktansprache“, als „Freiwilligkeitsleistung“, wie betont wurde. Hierbei sei mit den möglichen Mietern das Thema „Miethöhe intensiv“zu besprechen und zu verhandeln. Bei positiven Ergebnissen könnte auf dieser Grundlage ein Investorenwettbewerb initiiert werden.
Parallel dazu soll sich Riedlingen mit der Option beschäftigen, ein Ärztehaus dank einer städtischen Projektgesellschaft zu ermöglichen. So soll ein möglicher Zeitverlust verhindert werden, sollte sich – zum Beispiel mangels Erreichen einer marktüblichen Renditeerwartung – kein Investor finden. Dass bei diesem Vorgehen die Raumschaft eingebunden werden könne, wurde aus den Reihen der Kreisräte des westlichen Landkreises angeregt.
Um den derzeitigen Nutzern des Krankenhausgebäudes eine Perspektive für die Interimszeit zu bieten und dies auch nach außen hin klar zu kommunizieren, brachten die Freien Wählern einen – ebenfalls einstimmig angenommenen – Antrag ein. Er dokumentiert die Bereitschaft des
Landkreises, das bisherige Krankenhausgebäude bis zur Fertigstellung des Pflegeheims durch die St.-Elisabeth-Stiftung und eines Ärztehauses, „längstens jedoch bis Ende 2024“, zu bewirtschaften. Damit wird der Wille ausgedrückt, die Strukturen in Riedlingen an fachärztlicher, ambulanter Versorgung zu erhalten. Das Jahr 2024 wird in der Projektstudie für ein neues Ärztehaus als anvisierter Fertigstellungstermin genannt.
Landrat Schmid hatte eingangs erklärt, Ende Januar nach der Sitzung des Arbeitskreises Gesundheitszentrum – er war im November vom Kreistag in Auftrag gegeben worden und findet unter Vorsitz der Stadt Riedlingen statt – habe sich zuletzt der Ausschuss für Soziales und Gesundheit am 3. Februar mit dem Thema Gesundheitszentrum Riedlingen intensiv befasst. Dabei wurde unter anderem die Erstellung der Projektstudie auf den Weg gebracht. Schmid betonte, nach der Entscheidung von Sana, die stationären Strukturen in Riedlingen einzustellen, habe die Landkreisverwaltung unverzüglich Kontakt mit allen Mietern aufgenommen und Gespräche geführt. Als Gebäudeeigentümer wolle und müsse man einen Weiterbetrieb für die Übergangsphase sicherstellen. „Das wissen die Mieter und darauf dürfen sie vertrauen.“
Auch die jetzt vorliegende Projektstudie sei Vorschlag der Landkreisverwaltung gewesen, um „endlich voranzukommen“. Er sprach von einer „unsäglichen Vorgeschichte“. Immer wieder sei die Sanierung des Altbaus hervorgeholt worden, vor welcher der Landkreis schon immer gewarnt habe. Den von der Bürgerinitiative über die Presse erhobene Vorwurf der monatelangen Untätigkeit verurteilte er als „völlig deplatziert“und nicht richtig. Auch erinnerte er an den Kampf um die internistischen Facharztsitze und freute sich, dass nach Dr. Karim El-Amrani Hubert Kuen das Spektrum der internistischen Praxis um den Schwerpunkt Gastroenterologie erweitert werden konnte, „mühsam erkämpft“.
In der anschließenden Diskussion wurde fraktionsübergreifend deutlich, dass es für einen Investor des freien Marktes keinen Investitionszuschuss des Kreises gebe. Fragezeichen gab es hierfür auch für eine städtische Projektgesellschaft. In Betracht zu ziehen sei bei dem Engagement des Kreises für den westlichen Landkreis die Vergleichbarkeit mit anderen Kreisteilen, vermerkten Räte aus diesen und wünschten, dass in Riedlingen wertgeschätzt werde, was der Kreis an Engagement einbringe. Es dürfe aber keine „Rundumversorgung“sein. Räte waren der Überzeugung, dass man schon früher den jetzigen Stand hätte erreichen können, hätte man sich nicht an Hoffnungen geklammert. Jetzt gelte es, an einem Strang zu ziehen. Mehrere Kreistagsmitglieder mokierten sich über lange Briefe und E-Mails aus Riedlingen, „die wir nicht mehr lesen möchten“.