Schwäbische Zeitung (Biberach)

Supermarkt, Klavier, Garten oder auch ein Kochkurs

Deutsche Tennisprof­is nutzen die Turnierpau­se aus

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MÜNCHEN (SID) - Kevin Krawietz hat bis Donnerstag in einem Supermarkt gearbeitet. Cedric-Marcel Stebe spielt verstärkt Klavier, bevorzugt Filmmusik, „Fluch der Karibik, so was“. Maximilian Marterer kümmert sich um den Garten daheim in Stein bei Nürnberg. Und Peter Gojowczyk vertreibt sich die Freizeit, von der auch er derzeit viel mehr hat, als ihm recht ist, mit seinem liebsten Hobby neben Tennis: Einmal pro Woche kocht er in der Instagram-Show seines Trainers Christophe­r Kas.

In Zeiten von Corona geht es den vier deutschen Tennisprof­is, in der Weltrangli­ste allesamt ab Position 125 platziert, wie auch weitaus prominente­ren Kollegen: Zuletzt haben sie am ersten März-Wochenende gespielt, und mindestens bis zum 13. Juli besteht keine Chance auf ein internatio­nales Turnier. Das heißt für alle: viel Zeit, wenig Abwechslun­g und vor allem keine Einnahmen. Krawietz, French-Open-Sieger 2019 im Doppel, hatte im Supermarkt immerhin einen 450-Euro-Job.

Sie alle leben gerade vom Ersparten, von Rücklagen – und noch kommen sie ganz gut über die Runden. „Ich darf mich auf keinen Fall beschweren“, sagt Krawietz, „es gibt viele Spieler, die schlimmer dran sind.“Im Einzel ist er die Nummer 626 im ATP-Ranking, im Doppel dafür die 13, und weil das vergangene Jahr „phänomenal lief, konnte ich was zurücklege­n“. Auch 2020 hat er immerhin schon

83 000 Dollar eingespiel­t, auf den Job im Supermarkt wäre er nicht angewiesen gewesen.

Krawietz und seine Kollegen, die derzeit in der TennisBase in Oberhachin­g bei München wenigstens trainieren dürfen, haben in diesen Tagen noch eher das Problem der Tagesgesta­ltung. Klar, betont Krawietz, „wenn man zehn, elf Jahre nur unterwegs war und aus dem Koffer gelebt hat, genießt man auch mal die Zeit, man probiert sich aus.“Er versucht es unter anderem mit Kochen, neulich hat er sich an ein Bananenbro­t gewagt. Ergebnis? „Verbesseru­ngswürdig.“

Alles nicht so leicht, weil: „Das gewisse Etwas fehlt“, sagt Routinier Gojowczyk, Nummer 125 der Welt. „Am Anfang war es echt schwer“, gesteht

„Weil dauernd nichts machen, da wirst du ja verrückt.“

er, „ich wusste echt nicht, wie ich mich zurecht finden soll.“Mittlerwei­le geht's, „ich versuche, das Positive rauszufind­en“. Und zum Glück ist Kochen ja seine große Leidenscha­ft. Vergangene Woche hat er für die Follower im Internet Thunfischs­teak mit Avocado-KorianderC­reme und Mango-Chutney zubereitet, „das ist ganz gut angekommen“.

Unruhig ist vor allem Marterer. Wegen Verletzung­en war schon sein vergangene­s Jahr schwierig, er ist momentan auch nur die Nummer 376 im ATP-Ranking, und die Situation nun mit Corona-Krise „macht die Sache nicht leichter“, sagt er. Er hat halt versucht, sich fit zu halten, hat ein bisschen was „im Haushalt gemacht“und musste im Garten „ein bisschen was ansäen“. Nun ist er froh, dass der Deutsche Tennis-Bund (DTB) ab 8. Juni eine Turnierser­ie für deutsche Spieler startet. Auch Stebe (133. der Weltrangli­ste) macht mit bei dieser Serie mit Vorrunde, Zwischenru­nde, Halbfinale und Finale. Bis dahin und darüber hinaus kann auch er von seinen Rücklagen leben, er sagt aber auch: „Wer weiß, wenn das ein Jahr oder länger dauert, kann das ein Problem werden.“Sollte es so kommen, hat Gojowczyk schon einen Plan: „Vielleicht gebe ich dann Trainerstu­nden. Weil dauernd nichts machen, da wirst du ja verrückt.“

Peter Gojowczyk

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FOTO: DPA

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