Schwäbische Zeitung (Biberach)
Der zwielichtige König
Neue Vorwürfe gegen Spaniens ehemaliges Staatsoberhaupt – Juan Carlos soll Gelder gewaschen haben
MADRID - Die neusten Enthüllungen über die Finanzgeschäfte von König Juan Carlos (82), bis 2014 Spaniens Staatsoberhaupt, erinnern an Szenen aus einem Kriminalfilm. Nach Aussagen seines Schweizer Vermögensverwalters soll Juan Carlos im Frühjahr 2010 in Genf mit einem Koffer voller Dollarnoten im Wert von 1,7 Millionen Euro aufgetaucht sein, um diese Summe auf seinem Schweizer Geheimkonto einzuzahlen. Es war nur eine von mehreren Millionenzahlungen, die Juan Carlos in der Schweiz versteckt haben soll. War Spaniens König ein Geldwäscher?
Die brisanten Informationen, welche die spanische Zeitung „El País“verbreitet, stammen aus einem Ermittlungsbericht der Staatsanwaltschaft in Genf. Diese schickte im Zuge der Amtshilfe ihre Erkenntnisse über Juan Carlos’ geheimes Konto an Spaniens Nationalen Gerichtshof, der wegen des Verdachts der Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Korruption ermittelt.
Nach Angaben des Schweizer Vermögensverwalters, der von den Genfer Ermittlern verhört wurde, war das Geld in dem Koffer „eine Schenkung“des Königs des Ölstaates Bahrain, Scheich Hamad bin Isa Al Chalifa. „Juan Carlos ist ein geschätzter Mann in den Golfstaaten“, soll der Vermögensverwalter bei seiner Vernehmung erklärt haben. Also nur ein großzügiges Geschenk des
Emirs von Bahrain? Es ist kein Geheimnis, dass Juan Carlos bis heute freundschaftliche Beziehungen zu den wenig demokratischen Herrschern der Golfstaaten unterhält.
Die Ermittler in der Schweiz und in Spanien hegen derweil einen anderen Verdacht: Sie schließen nicht aus, dass das in Genf geparkte Vermögen aus illegalen Quellen stammen könnte. Zum Beispiel aus Schmiergeldern, die dem früheren Staatsoberhaupt gezahlt wurden. Und zwar, um ihn für seine Vermittlerdienste bei der Einfädelung von Geschäften zwischen der spanischen Industrie und etlichen Golfstaaten zu entlohnen. Juan Carlos war öfter zusammen mit iberischen Industriellen in den Ölstaaten unterwegs.
Die Ermittler stießen auf eine weitere „Schenkung“in Höhe von 100 Millionen Dollar, wie bereits im März die Zeitung „Tribune de Genève“enthüllte. Danach überwies das saudische Finanzministerium in 2008 diese Summe auf das königliche Genfer Konto. Ein Konto, das formell einer Briefkastenfirma in Panama gehörte, aber deren Begünstigter Juan Carlos war. Vier Jahre später musste der König dieses Konto wegen der verschärften Schweizer Geldwäschegesetze schließen. Einen
Großteil des Vermögens überwies er deswegen, laut Ermittlungsbericht, auf ein Schweizer Konto seiner damaligen Geliebten Corinna zu SaynWittgenstein.
Die Fahnder prüfen offenbar eine weitere verdächtige Millionenzahlung aus Kuwait, die im Jahr 2010 über das Konto von Sayn-Wittgenstein geflossen sein soll – wenige Tage nach einem Kuwaitbesuch von Juan Carlos. Dabei soll es sich um rund fünf Millionen Dollar des kuwaitischen Herrscherhauses handeln, die Sayn-Wittgenstein als Honorar dafür bekommen haben will, dass sie bei der Anbahnung von Geschäftskontakten behilflich gewesen sei. Die Ermittler sehen Indizien dafür, dass Juan Carlos in der Schweiz Millionengelder gewaschen und vor den Behörden versteckt hat. Dafür sprechen frühere Erklärungen SaynWittgensteins, die sie 2015, nach dem Ende ihrer Beziehung zu Juan Carlos, gegenüber einem spanischen Polizeioffizier machte. In dem Gespräch, das ohne ihr Wissen aufgezeichnet wurde, beklagt sie sich über illegale Praktiken von Juan Carlos.
Spaniens König Felipe (52) sah sich wegen der Enthüllungen inzwischen gezwungen, offiziell mit seinem Vater zu brechen. Felipe versicherte in einer öffentlichen Erklärung, von all dem nichts gewusst zu haben. Juan Carlos, der aus der Öffentlichkeit schon länger verschwunden ist, zieht es derweil vor zu schweigen.