Schwäbische Zeitung (Biberach)
Mehr als 100 Wainer verurteilen makabren „Maischerz“
Frieder Wegmann möchte das Schreiben und die Unterschriften im Mitteilungsblatt veröffentlichen
WAIN - In einem offenen Brief verurteilen mehr als 100 Wainer Bürgerinnen und Bürger die makabre Aktion zum 1. Mai auf dem Reinhardsberg. Aufgesetzt hat das Schreiben Frieder Wegmann. Er möchte es mitsamt den Unterschriften gern in der nächsten Ausgabe des gemeindlichen Mitteilungsblatts veröffentlichen.
Auf dem Reinhardsberg waren am 1. Mai drei lebensgroße Strohpuppen entdeckt worden, eine erhängt, zwei enthauptet. Auf einem Stück Karton stand geschrieben: „3 Hexen von Wain“. Die Aktion zielt offensichtlich auf drei Kritikerinnen des Bürgermeisters im Gemeinderat. Die Polizei ermittelt, ein Strafverfahren gegen Unbekannt ist eingeleitet. Auf dem Reinhardsberg, der früher Galgenberg genannt wurde, fanden bis zum Ende des 17. Jahrhunderts Hinrichtungen statt.
Als Frieder Wegmann, Mitglied des Kirchengemeinderats, Fotos von dem Szenario am vergangenen Feitag sah, stand für ihn fest: „Das kann man so nicht hinnehmen, da muss man etwas machen.“Er formulierte einen offenen Brief, als Privatmann, wie er betont – „mir geht es nicht um Politik“. Vor allem digital habe er den Brief verbreitet und ein reges Echo darauf gefunden. Wer unterschreibt, willigt ein, dass sein Name mit der Veröffentlichung im Mitteilungsblatt abgedruckt wird.
Alt und Jung unterstützten die Aktion, freut sich Wegmann – „es soll ein Brief aus der Mitte der Einwohnerschaft sein“. Bis Montagabend gab es nach seinen Angaben gut hundert Unterzeichner.
Was die Wainer in diesem Jahr in der Mainacht erleben mussten, gehe weit über einen Streich hinaus, heißt es in dem Schreiben. „Mit der verabscheuungswürdigen Aktion auf dem
Reinhardsberg wurden sämtliche rote Linien überschritten. Bei dieser menschenverachtenden Aktion gibt es nichts gut zu reden, sie ist auf das Schärfste zu verurteilen und als schwere kriminelle Handlung zu werten.“Dieses Vergehen müsse vorbehaltlos aufgeklärt werden: „Daran sollte uns allen gelegen sein.“
Politik lebe von Gegensätzen, heißt es weiter. Eine gute Demokratie halte das aus, „dies wünschen wir uns auch für unsere Kommunalpolitik in Wain“. So wie zuletzt werde es aber ganz sicher nicht funktionieren. Gelingen könne es, zum Wohl des ganzen Dorfes, „wenn jeder wieder Verantwortung für seinen Nächsten übernimmt“.
„Wir wünschen uns Wertschätzung statt Verachtung, vielleicht mal ein Kooperieren statt ständig reines Konkurrieren“, fordern die Unterzeichner.
Er sei auch deshalb aktiv geworden, sagte Frieder Wegmann der „Schwäbischen Zeitung“, weil ihn die Frage umtreibe, was wohl als Nächstes komme, wenn das so weitergehe: „Wo endet das?“
Am Montag ist Wegmann bei Bürgermeister Stephan Mantz vorstellig geworden mit dem Wunsch, Brief und Unterschriften in der nächsten Ausgabe des Mitteilungsblatts am 8. Mai abzudrucken. Mantz sagte auf Nachfrage der SZ, dass er von einem Rechtsanwalt prüfen lasse, wie es darum bestellt ist. Die Zeit drängt, am Mittwochvormittag muss der für den Inhalt des Blatts verantwortliche Rathauschef grünes Licht für den Andruck geben.
Unterdessen hat es gegen eine der drei Gemeinderätinnen offenbar eine neue feindselige Handlung gegeben. Der Gehweg vor ihrem Haus und die Einfahrt seien mit Zigarettenkippen übersät gewesen, wird berichtet.