Schwäbische Zeitung (Biberach)
Singen ist ansteckend
Der Schriftsteller und Dichter Johann Gottfried Seume, Zeitgenosse und Freund Christoph Martin Wielands, hat nach langen Reisen quer durch Europa (die er meist zu Fuß zurückgelegt hat) seine Erfahrungen 1804 in den Versen zusammengefasst:
„Wo man singet, lass dich ruhig nieder, / Ohne Furcht, was man im Lande glaubt; / Wo man singet, wird kein Mensch beraubt; / Bösewichter haben keine Lieder.“Daraus ist vermutlich die umgangssprachliche Form entstanden: „Wo man singt, da lass’ dich ruhig nieder, / böse Menschen haben keine Lieder.“
Die Musik hat die wunderbare Fähigkeit, Menschen über Kulturen und Religionen hinweg zu verbinden. Wie viele Lieder und Melodien gibt es, die tatsächlich um die Welt wandern! Singen und Musizieren ist Medizin für Leib und Seele, es befreit „Herz und Mund“und wirkt ansteckend. Hören wir eine bekannte Melodie, so summen, brummen oder singen wir automatisch mit: im Auto beim Lieblingssong, unter der Dusche solistisch im Schutz des Wasserrauschens, beim Wandern in weiter Natur, als Karaoke, in Chören und bei großen Konzerten.
Morgen ist nach dem evangelischen Kirchenjahr der Sonntag Kantate: „Singet dem Herrn ein neues Lied.“Die Aufforderung, das Singen und Musizieren zum Lob Gottes nicht zu vergessen. Die Erinnerung daran, dass Gott von uns Menschen nicht Opfer und sauertöpfische Mienen fordert, sondern ein fröhliches und dankbares Herz. In den Worten des 98. Psalms: „Jauchzet dem Herrn, alle Welt, singet, rühmet und lobet!“
G
Museen
Ochsenhausen
Muschelmuseum, Bahnhofstr. 9, 0160/ 97349087, Sa, 13-18 Uhr, So, 13-18 Uhr
Hilfe & Beratung
Corona-Pandemie, Hotline für Menschen mit psychischen Belastungen, 0800/ 3773776, täglich 8-20 Uhr
Schwäbische bringt zusammen - Corona-Hilfe-Portal für die Region, Rufnummer für Hilfesuchende: Tel. 0751/ 2955 5511 (wir tragen Ihre Suchanfrage für Sie ein), jeden Mo-Fr 8-18 Uhr, jeden Sa 8-12 Uhr
Biberach Kinder-Notbetreuung, täglich 6-22 Uhr
0177/ 1663832,
In den letzten Tagen mussten die Kirchengemeinden aber erfahren: Singen ist ansteckend – und deswegen vorerst verboten! Zwar werden in den kommenden Wochen wieder nach und nach Gottesdienste gefeiert werden können – unter strengen hygienischen Auflagen. Kirchenräume müssen so vorbereitet werden, dass zwei Meter Abstand eingehalten werden, Mundschutz wird dringend empfohlen, gemeinsames Singen ist untersagt, die Orgel oder Instrumentalisten sorgen für die musikalische Gestaltung der Liturgie, in den evangelischen Gottesdiensten wird kein Abendmahl gereicht, die Kommunion in den katholischen Gottesdiensten hinter einer Plexiglasscheibe – und die Gottesdienste sollen so kurz wie möglich gehalten werden. Umso größer aber ist die
Vorfreude darauf, bald wieder gemeinsam die alten und neuen Lieder in den Gottesdiensten anstimmen zu können – allen voran in Biberach Justin Heinrich Knechts Choral „Rund um mich her...“.
Am Freitagabend, nach dem Friedensläuten in Erinnerung an 75 Jahre Frieden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, haben Bläserinnen des Posaunenchors vom Gigelberg herab „Verleih uns Frieden gnädiglich“und Lob- und Danklieder gespielt. Eine leise Stimme der Dankbarkeit für Bewahrung in schwierigen Zeiten und die Bitte um Zuversicht für alle, die sich Sorgen machen. Lassen wir uns anstecken vom Vertrauen und der Botschaft der Hoffnung, die in den Verheißungen der Bibel und in den klingenden Liedern bewahrt sind.