Schwäbische Zeitung (Biberach)
Milliardenhilfe für die Bahn
Bund will wirtschaftliche Corona-Schäden abfedern
BERLIN - Die Bundesregierung rettet nun auch die Deutsche Bahn (Foto: Ole Spata/dpa). Wie aus einem gemeinsamen Eckpunktepapier des Verkehrs- und des Finanzministeriums sowie dem Unternehmen hervorgeht, wird dem Konzern durch Corona je nach Szenario ein Schaden zwischen elf und 13,5 Milliarden Euro entstehen. „Der Verkehr ist in allen Bereichen des Systemverbunds eingebrochen“, heißt es darin. Im Fernverkehr ist nur jeder zehnte Platz besetzt und die Verkehrsleistung im Güterverkehr ging um 40 Prozent zurück.
Gegen diese finanzielle Misere sollen drei Dinge helfen. Der Bund will neues Eigenkapital zuschießen. Je nach Szenario ist von einem Betrag zwischen 6,9 und 8,4 Milliarden Euro die Rede. Rund 4,5 Milliarden Euro sollen schon in den nächsten Wochen freigegeben werden. Voraussetzung ist die Zustimmung der EU-Kommission und des Bundestags. Das Parlament ist auch bei der zweiten Liquiditätshilfe gefragt. Demnach werden die Ministerien den Haushaltsausschuss um eine Anhebung der Obergrenze für die Verschuldung der Bahn ersuchen. Bislang durfte das Unternehmen maximal 25,4 Milliarden Euro aufnehmen. Dieser Wert ist bereits fast erreicht.
Eine zusätzliche Anleihe soll dem Unternehmen in diesem Jahr weitere drei Milliarden Euro einbringen.
Die Bahn sagt im Gegenzug zu, die Hälfte der Finanzierungslücke selbst zu schultern. Es wird kräftig gespart. Vorstände und Führungskräfte müssen auf ihre Boni verzichten. Der Personalaufwand insgesamt deutlich sinken, ohne dass es zu Kündigungen kommt oder auf Neueinstellungen verzichtet wird. Gespart wird am Marketing, an neuen digitalen Angeboten und allen anderen Sachausgaben wie den Reisekosten.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) kündigt Widerstand gegen einen Teil der Pläne an. „Jetzt an Personalkosten zu sparen, ist der völlig falsche Weg“, kritisiert EVG-Vize Klaus-Dieter Hommel. Monatelang hätten die Beschäftigten sich für den Bahnverkehr Risiken ausgesetzt. Diesem Engagement müsse Rechnung getragen werden. Die Grünen signalisieren grundsätzlich Unterstützung für den Rettungskurs. Es dürfe dabei aber nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung auf der Schiene kommen, warnt deren bahnpolitischer Sprecher Matthias Gastel.
Grüne und FDP hatten beim Verkehrsministerium nachgefragt, ob der Bund die Bahn beauftragt habe, trotz der massiv zurückgegangenen Fahrgastzahlen immer noch vier von fünf Zügen fahren zu lassen. Dies hatte allein in den letzten Wochen Schätzungen zufolge zusätzliche Verluste in Millionenhöhe zur Folge. Der Bund hatte einen solchen Auftrag auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Christian Jung zurückgewiesen.