Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Renten steigen noch einmal
Ab 2021 dürften aufgrund der Corona-Krise Nullrunden folgen – Prognose: Beitrag steigt auf 20 Prozent
BERLIN - Am 1. Juli steigen die Renten im Westen um 3,45 Prozent und im Osten um 4,2 Prozent. Das könnte allerdings für längere Zeit die letzte Rentenerhöhung sein: 2021 rechnen Experten mit einer Nullrunde, und auch danach könnte es mager weitergehen. Die Forderung, die Rentenerhöhungen wegen der Corona-Krise auszusetzen, findet dagegen keine Anhänger.
„Die Rentenformel ist kein beliebiger Spielball“, sagte der sozialpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Peter Weiß (CDU), der „Schwäbischen Zeitung“. „Nur in äußerster Not sollte man sie ändern.“Er reagierte damit auf die Forderung des Rentenexperten Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg, die Erhöhung auszusetzen, um die Rentenkasse angesichts der Corona-Ausfälle um drei bis vier Milliarden Euro zu entlasten.
Auch das Bundesarbeitsministerium erteilte der Forderung mit Verweis auf die Rentenformel eine Absage: Die jährliche Anpassung der Renten erfolge „bewusst regelgebunden“. Maßstab für die Entwicklung der Renten ist die Lohnentwicklung im Jahr zuvor, die 2019 noch erfreulich war. Damit lässt sich aber auch vorhersagen, dass Mitte 2021 eine Nullrunde folgt: Die von der Coronavirus-Krise ausgelöste Rezession dürfte die Löhne sinken lassen. Hinzu kommen steigende Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Wenn Wirtschaft und Löhne nicht rasch anspringen, drohen mehrere magere Jahre.
Trotzdem könnten die Rentner mittelfristig gewinnen, auch wenn sie das nicht so empfinden dürften. Denn sinkende Renten sind per Gesetz ausgeschlossen, selbst wenn das wegen sinkender Löhne eigentlich nötig wäre. Ausgefallene Rentensenkungen werden auch nicht nachgeholt, kritisiert der Rentenexperte Axel Börsch-Supan von der Uni München.
Daher dürften die Rentner in der Rezession weniger an Kaufkraft verlieren als die Beitragszahler, auch wenn ihre Renten nicht steigen. Die Beiträge zur Rentenversicherung, die Arbeitnehmer zahlen müssen, dürften hingegen ab 2021 steigen: Börsch-Supans Institut geht davon aus, dass der Beitragssatz auf 20 Prozent klettert.
Außerdem dürfte sich demnach der Zuschuss aus Steuermitteln des Bundes erhöhen.