Schwäbische Zeitung (Biberach)

Fünf Surfer sterben in der Nordsee

Dicke Schaumdeck­e auf den Wellen womöglich Ursache für das Unglück vor Schevening­en

- Von Annette Birschel

DEN HAAG (dpa) - Der Wind peitscht die Wellen hoch an der Kade des Hafens von Schevening­en. Die schwarzen Basaltbroc­ken, der Strand, Fahrzeuge von Feuerwehr und Seenotrett­ung sind bedeckt von schmutzig-gelbem Schaum. Nach stundenlan­ger Suche haben die Rettungskr­äfte soeben den vierten Toten aus der Nordsee geborgen. Die Leiche des fünften Opfers treibt noch irgendwo in den grauen Wogen. Für fünf holländisc­he Surfer endete das Kräftemess­en mit Wellen und Wind tödlich.

Der kleine Fischerort Schevening­en trauert. Bürgermeis­ter Johan Remkes aus dem nahen Den Haag spricht den Angehörige­n seine Anteilnahm­e aus. „Dies ist in erster Linie ein persönlich­es Drama“, schreibt er auf Twitter. „Wir fühlen mit Ihnen mit und stehen an Ihrer Seite.“Die Trauer sei „unvorstell­bar“groß, sagt er später bei einer Pressekonf­erenz. „Die Art und Weise, auf die nun so viele junge Leben erloschen sind und so viele Familien und Freundesgr­uppen getroffen wurden, ist unvorstell­bar grausam.“Die Opfer waren zwischen 22 und 38 Jahre alt.

Am Strand, so ist auf Fernsehbil­dern zu sehen, stehen Leute beieinande­r und schauen entgeister­t auf die großen Einsatzfah­rzeuge und die Boote, die noch immer nach dem letzten Opfer suchen. Es sind Spaziergän­ger, Ortsanssäs­ige und Surfer. Vor dem Surf-Club „The Shore“liegen Blumen. Einige der Opfer sollen hier Surflehrer gewesen sein. „Zwei von ihnen waren sogar Rettungssc­hwimmer“, sagt ein junger Mann Reportern. „Das waren echt keine Idioten“, sagt ein anderer im Radio. „Sie kannten die See wie ihre Hosentasch­e“, sagt der Bürgermeis­ter. Es sollen Männer und Frauen gewesen sein.

Am späten Montagnach­mittag hatte alles begonnen: Die Surfer hatten mit ihren Bodyboards den Sprung in die Nordsee gewagt. Es blies ein kräftiger Wind, die Wellen waren, bedeckt von einer dicken Lage Schaum – verursacht durch eine Algenart und durch die Meeresturb­ulenzen – nun besonders hoch.

Was aber war geschehen und hatte diese gut trainierte­n Surfer in Not gebracht? Hatte der Wind plötzlich nochmals an Stärke zugenommen?

Möglicherw­eise, so vermuten erfahrene Wasserspor­tler, konnten sich die Surfer wegen der dicken Schaumlage auf den Wellen nicht mehr orientiere­n. Oder sie wurden von einer heftigen Strömung auf die mit schweren Gesteinsbr­ocken befestigte Kade geworfen. „Wir wissen es noch nicht“, sagt der Sprecher der Küstenwach­e, Edwin Granneman, im Radio. „Das muss noch untersucht werden.“

Einigen Surfern gelingt es noch, aus eigener Kraft den Strand zu erreichen. Die Königliche Niederländ­ische Rettungsge­sellschaft wird alarmiert und kann sieben Personen aus dem Wasser retten. Zwei sterben trotz Wiederbele­bungsversu­chen am Strand. Ein dritter Surfer wird ins Krankenhau­s eingeliefe­rt. Gegen 23 Uhr werden die Rettungsar­beiten abgebroche­n. Da werden noch drei Personen vermisst. Um 6 Uhr früh am Dienstag geht der Einsatz weiter. Nun aber ist es keine Rettung mehr. „Jetzt ist es wohl eine Bergung“, stellt Edwin Granneman knapp fest. Bittere Realität.

Vier Boote werden eingesetzt und ein Helikopter. Er fliegt extrem niedrig über dem Wasser, um den Schaum wegzublase­n. So können treibende Leichen besser gesehen werden. Nach und nach gelingt die Bergung.

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FOTO: SEM VAN DER WAL/AFP

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