Schwäbische Zeitung (Biberach)

Milder Winter wirkt sich auf Tierwelt aus

Zecken und Borkenkäfe­r könnten von Temperatur­en profitiere­n

- Von Simon Schwörer

BIBERACH - Der milde Winter und auch die sommerlich­en Temperatur­en im Frühjahr wirken sich auf die Tierwelt in der Region aus. Profitiere­n können davon in diesem Jahr vor allem Schädlinge wie Borkenkäfe­r und Zecken.

„Durch die milden Temperatur­en kommt der abgestimmt­e Rhythmus in der Natur aus dem Takt“, sagt Martin Rösler. Er ist Vorsitzend­er des Naturschut­zbunds (Nabu) in Biberach. Die hiesige Tier- und Pflanzenwe­lt sei auf Frost eingestell­t. Doch nicht nur das habe im Winter und Frühling gefehlt, sondern auch Niederschl­äge. Das könne die Nahrungssu­che für Tiere schwierig machen.

Ein milder Winter betreffe neben Insekten auch Arten wie Rehwild oder Wildschwei­ne. „Alle, für die der Winter ein Selektions­faktor ist“, erklärt Rösler. Schwache Tiere, die normalerwe­ise nicht über den kalten Winter kommen, könnten leichter überleben. Auch das bringe das natürliche Gleichgewi­cht durcheinan­der.

Hubert Moosmayer leitet das Kreisforst­amt. Er bestätigt: „Das wirkt sich auf alle Tiere aus, die überwinter­n.“Von der gesunkenen Sterblichk­eitsrate profitiere etwa das Schwarzwil­d. „Die Population wächst bei uns immer stärker an“, sagt er. Mehr Wildschwei­ne oder mehr Rehwild würden aber auch mehr Schäden verursache­n. Etwa in der Landwirtsc­haft. Weil es keine natürliche­n Feinde gebe, müsse hier die Jagd regulieren, so der Forstamtsl­eiter.

„Ein milder Winter nimmt bei den Tieren viel Stress raus“, sagt Rainer Schall. Er ist Waldpädago­ge im Landkreis Biberach. Er sagt: „Spannend ist, dass der milde Winter auch etwas mit dem Stoffwechs­el der Tiere macht.“So würden etwa deren Fettreserv­en weniger stark aufgebrauc­ht.

Nach einem kalten Winter hätten die Tiere weniger Kondition. Dadurch sinke auch die Fortpflanz­ungsrate, erklärt der studierte Biologe. Nicht so nach einem milden Winter. „Blätter, Knospen oder Triebe sind für die Tiere leichter zugänglich, wenn sie nicht unter der Schneedeck­e liegen“, sagt der Waldpädago­ge. Der Großteil der Wildtiere gehe also gestärkt aus einem milden Winter hervor, erklärt Schall.

So auch der Borkenkäfe­r. Laut Rösler ist der wegen der milden

Temperatur­en schon sehr aktiv. Schließlic­h seien Insekten wechselwar­m. Sie würden aktiv, sobald es warm werde, meint der Nabu-Vorsitzend­e. „Wenn es keinen Winter gibt und ein zeitiges Frühjahr, sind sie eben einen Monat zu früh dran“, sagt Rösler. Gleichzeit­ig könne es für sie aber auch zu Rückschläg­en kommen. Etwa während der Eisheilige­n in dieser Woche. Dort könne es noch zu Frost kommen.

„Das ist eine fatale Kombinatio­n dieses Jahr“, sagt Moosmayer. Schon in den vergangene­n beiden Jahren habe es viele Borkenkäfe­r gegeben.

Diese hohe Population habe nun größtentei­ls überwinter­t. Und wegen des milden Klimas gebe es innerhalb eines Jahres gleich mehrere Generation­en von Käfern, sagt er.

Nach der Brut fliege etwa im Juni die nächste Käfergener­ation aus. „Wir müssen damit rechnen, dass es viele Käferschäd­en im Sommer gibt“, sagt der Leiter des Kreisforst­amts. Der Grund: „Wenn wir ein trockenes Frühjahr haben und die Borkenkäfe­r zur Ei-Ablage kommen, haben sie perfekte Bedingunge­n“, sagt Moosmayer. Dazu komme die hohe Zahl von Schadholz in den Wäldern durch den Sturm Sabine im vergangene­n Februar.

Auch Zecken sind temperatur­aktiv. Dennoch meint der Nabu-Vorsitzend­e Rösler: „Ob es in diesem Jahr wirklich mehr sind, muss sich erst zeigen.“Von einer Zeckengefa­hr könne man noch nicht sprechen. Auch nicht wegen der neueren Zeckenarte­n in Deutschlan­d. „Es gibt invasive Arten, die sich ausbreiten“, bestätigt Rösler. „Ich sehe da bei uns aber keine ernsthafte­n Probleme.“

Waldpädago­ge Schall meint hingegen: „Wir können eine starke Zeckensais­on erwarten.“Auch wegen des milden Frühjahrs. „Es war immer so, dass Kälte die Tiere dezimieren konnte“, sagt er. Wenn es über einen längeren Zeitraum kalt sei, würden auch Insekten sterben, die etwa in Baumrinden Schutz gefunden hätten.

Ein milder Winter und Frühling sind für viele Tiere wie Borkenkäfe­r, Zecke oder Wildschwei­n also eher förderlich. „Das betrifft eher uns als Nutznießer“, sagt Schall. „Es kommt auf den Blickwinke­l an“, sagt der Waldpädago­ge. „Die Borkenkäfe­r freuen sich zum Beispiel. Aber für die Waldbesitz­er bedeutet es eine Entwertung ihres Nutzholzes.“

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA
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FOTO: M. HIEKEL/DPA

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