Schwäbische Zeitung (Biberach)
Gastronomen fiebern dem Neustart entgegen
Welche Regeln Wirte und Gäste jetzt einhalten müssen – Nicht alle öffnen schon am Montag
BIBERACH - Ihr Gasthaus ist noch nicht lange eröffnet gewesen, als die Corona-Maßnahmen Armin und Andrea Wagner trafen. „Gerade als es nach oben ging, mussten wir schließen“, sagt Armin Wagner. Erst Ende des vergangenen Jahres hatte das Ehepaar das in Biberach übernommen. Ab Montag, 18. Mai, dürfen Speiselokale jetzt wieder öffnen. Das hat die Landesregierung beschlossen. Seitdem laufen auch bei den Biberacher Gastronomen die Vorbereitungen.
„Wir sind grundsätzlich froh, dass wir für unsere Gäste wieder da sein können“, sagt Wagner. Wegen des mehrwöchigen Verdienstausfalls hatte er Soforthilfe beantragt. „Innerhalb einer Woche war das Geld da“, lobt er. Das sei auch der Tenor seiner Gastronomenkollegen, mit denen er darüber gesprochen habe.
Wie alle Speisegaststätten muss Wagners Schwarz Rössle jetzt die vom Land vorgeschriebenen Abstandsund Hygienemaßnahmen einhalten (siehe Kasten). Auch muss er die Kontaktdaten der Gäste aufnehmen, sagt Wagner, um sie im Fall einer Infektion nachverfolgen zu können. Im Restaurant stünden nach Einhaltung dieser Regeln nun 25 statt 65 Sitzplätze zur Verfügung. Draußen auf der Terrasse 30 bis 35 statt 60 Plätzen, sagt Wagner. Nach der Wiedereröffnung erwarte er deshalb einen Umsatzeinbruch von 50 Prozent im Vergleich zur Vor-CoronaZeit. „Wir müssen jetzt alles dafür tun, dass wir von diesen Einnahmen überleben können“, meint er. „Alles andere ist Augenwischerei.“
Im in Biberach seien die Vorbereitungen für die Öffnung bereits abgeschlossen, sagt Inhaberin Agnes Karwat. „Es war schon eine Freude, als wir davon gehört haben, dass wir wieder öffnen dürfen“, sagt sie. Die während der Schließung beantragten Soforthilfe hätte der Betrieb problemlos erhalten. „Der Antrag kam einmal zurück wegen einer fehlenden Angabe, danach ging es aber ruckzuck“, sagt die Inhaberin. Das Lokal öffne jetzt auch mittags. Statt der 45 Plätze innen und 50 bis 70 Plätze außen sei jetzt noch die Hälfte der Sitzplätze nutzbar. „Wenn diese Hälfte voll wird, sind wir hochzufrieden“, meint Karwat. Weil die Mehrwertsteuer für Gastronomen jetzt gesenkt werde, gebe das Restaurant das auch an seine Kunden weiter und senke die Preise.
Schwarz Rössle Kulinarium
„Ich freue mich, dass wir wieder öffnen“, sagt Angelika Egger, die mit ihrem Mann Manfred den in Biberach führt. „Wir sind gerade dabei, alles herzurichten“, sagt sie. Die Terrasse werde ausgebaut, der Innenraum für die Regeln eingerichtet. Die Vorbereitungszeit sei ausreichend: „Wir wussten ja, was auf uns zukommt“, sagt sie. Statt 120 bis 130 Plätzen auf der Terrasse seien es jetzt noch etwa 100, erklärt Egger. Drinnen gebe es normalerweise 100 Plätze. Diese würden wohl auf 50 bis 60 reduziert. Auch beim Pflugkeller sei die beantragte Soforthilfe recht schnell angekommen. „Wir waren sehr zufrieden“, sagt sie.
Es gebe erste Reservierungen, freut sich Egger. Sie hofft jetzt auf viele Gäste: „Ich glaube auch, dass viele Menschen jetzt endlich wieder rauswollen.“Es werde am Anfang zwar wohl noch kein großer Verdienst sein. Aber Hauptsache, es gehe jetzt wieder los, sagt Egger. „Auch ein Kompliment an die Stadt: Die geben sich Mühe und kommen uns auch entgegen.“Auch andere Gastronomen loben die Zusammenarbeit mit der Stadt im Gespräch mit der SZ.
Die Stadt wolle örtliche Betriebe unterstützen, sagt Pressesprecherin Andrea Appel. So könne man unter anderem die Gewerbesteuer zinslos
Pflugkeller
stunden lassen. Auch genehmige die Stadt unter bestimmten Voraussetzungen eine erweiterte Außenbestuhlung.
Zudem habe die Stadt für die Gastronomie diese Woche einen runden Tisch eingerichtet, sagt Appel. „Dabei wurden ganz konkrete Fragen aus den Reihen der Gastronomiebetreiber zur Umsetzung der Corona-Verordnung Gaststätten besprochen.“Durch den runden Tisch seien beide Seiten immer auf demselben Informationsstand, sagt Appel. Eine Abnahme der Maßnahmen durch die Stadt sei nicht erforderlich, sagt Appel. Jeder Betreiber sei für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich. Wie viele Gastronomiebetriebe in Biberach jetzt wieder öffnen, weiß sie nicht. „Wer die Konzession für eine Speisewirtschaft hat, darf öffnen. Dies bedeutet aber nicht, dass zwangsläufig alle mit dieser Berechtigung öffnen werden“, sagt sie. Betreiber könnten sich auch dagegen entscheiden. Falls sie erwarten, dass das Geschäft wegen reduzierter Sitzplätze unrentabel sei.
Zu denen, die sich etwas mehr Zeit nimmt, gehört Simone Göpper. Sie führt den zusammen mit ihrer Schwester Manuela Ortlieb. „Bei uns hat es mit der Soforthilfe super geklappt“, sagt Göpper. Nach einer Woche
Biberkeller
sei das Geld da gewesen. „Wir machen erst ab kommenden Donnerstag auf“, meint sie. Der Grund: Der Biberkeller brauche noch etwas Zeit. „Wir wollen bewusst nicht losgaloppieren, sondern einigermaßen sortiert vorgehen.“Bisher seien rund 90 Prozent der geforderten Vorgaben geklärt. „Wir sind gerade am Ausmessen“, meint Göpper. „Ich kann schon keinen Zollstock mehr sehen.“
„Die größte Herausforderung ist, dass wir das Nebenzimmer mit 30 Plätzen nicht nutzen können, weil wir mit den Abständen nicht hinkommen“, sagt Simone Göpper. Im Gastraum gebe es statt 60 Plätzen nun noch 25. Es werde mit weniger Gästen auch schwieriger, sich zu finanzieren, sagt sie. Die Tische des Biergartens würden ähnlich wie am Schützenfest auseinandergezogen. So würden wohl um die 30 Tische drauf passen. Die Einhaltung der Verordnung sei für die verschiedenen Gastronomien in Biberach unterschiedlich leicht. „Alle Locations haben ganz individuelle Herausforderungen.“So gebe es im Biberkeller etwa enge Gänge, die die Einhaltung schwieriger machen würden, sagt Göpper.
Neben den Gastronomen müssen sich auch die Gäste an die neuen Regeln gewöhnen, die ab Montag in den Lokalen gelten (siehe Kasten).