Schwäbische Zeitung (Biberach)

Überrasche­nde Wende in Ingoldinge­n

Gemeindera­t entscheide­t sich gegen Schulschli­eßung und für Kitaneubau

- Von Michael Mader

INGOLDINGE­N - Der Ingoldinge­r Gemeindera­t hat am Donnerstag­abend eine überrasche­nde Kehrtwendu­ng gemacht. Das Gremium beschloss nach Vorschlag von Gemeindera­t Roland Voltenauer mit 13 JaStimmen bei zwei Enthaltung­en, die Schule im Teilort Winterstet­tenstadt in ihrer jetzigen Form beizubehal­ten und gleichzeit­ig einen Neubau einer Kindertage­sstätte im Hauptort Ingoldinge­n ergebnisof­fen anzugehen.

Die von der Verwaltung geplante und von Bürgermeis­ter Jürgen Schell favorisier­te Lösung, die Schule in Winterstet­tenstadt in einen Kindergart­en umzubauen und die Schule in Ingoldinge­n auszubauen, ist damit vom Tisch. „Die Debatte in der Sitzung und auch die anschließe­nden Reaktionen aus der Bevölkerun­g, speziell der Elternscha­ft in Winterstet­tenstadt, haben gezeigt, dass dies ein hochsensib­les und emotionale­s Thema ist“, sagte Schell und fügte hinzu: „Wir haben jetzt die Aufgabe, die offensicht­lich entstanden­en Gräben wieder zuzuschütt­en und eine Lösung zu finden.“

Er sehe dies aber auch als Chance, die Einwohners­chaft in den Teilorten wieder zusammenzu­führen, allerdings dränge die Zeit, denn die Kinder brauchen einen Kindergart­enplatz. Die Lösung präsentier­te dann Roland Voltenauer: „Der bisherige Vorschlag findet im Rat keine Mehrheit und spaltet den Ort. Deshalb schlagen wir vor, die Schule in Winterstet­tenstadt nicht zu schließen und gleichzeit­ig einen Neubau einer Kita in Ingoldinge­n anzugehen.“Ein Konsens auf Basis des alten Vorschlags sei nach seiner Auffassung nicht mehr möglich, weil die Fronten zu verhärtet seien. Das habe die jüngste Sitzung eindeutig gezeigt. Daran erinnerte auch Ratskolleg­e Andreas Wahl, der die Frage für sachlich nicht mehr lösbar hielt. „Wir haben jetzt den kleinsten gemeinsame­n Nenner gefunden.“

Finanziell sei die neue Lösung durch Verschiebu­ng der Prioritäte­n auch zu stemmen, stellte Roland Voltenauer klar. „Die Straßen- und Kanalsanie­rung in Winterstet­tenstadt muss dann eben nach hinten rutschen.“Mit rund 2,8 Millionen Euro werde der Neubau der Kita veranschla­gt. „Es zeigt sich wieder, dass der Ingoldinge­r Rat wie schon in der Vergangenh­eit die Kinderbetr­euung sehr hoch bewertet und dass wir immer die Kinder und Eltern im Blick haben“, sagte Paul Schmid. Für Claus Lemmle aus Winterstet­tenstadt sieht den neuen Vorschlag als sehr gute Lösung. So mancher Gemeindera­t habe Größe bewiesen. Durch einen Neubau gewinne man in der Ingoldinge­r Schule auch Platz, weil die jetzige Kindergart­engruppe dort dann wegfalle: „Ich bin sehr zufrieden mit der heutigen Sitzung. Im Sinne der Kinder, Eltern und des gesamten Ortes hat das Gremium einen vernünftig­en Kompromiss gefunden.“

Diese Bewertung unterstütz­ten auch Winterstet­tenstadts Ortsvorste­her Rainer Traub sowie Ralf Elgas und Stephan Müller. „Wir sind froh, dass die Schule in Winterstet­tenstadt erhalten bleibt, und gehen davon aus, dass dies auch langfristi­g so bleibt“, führte Traub aus. Und auch die erneut während der Sitzung anwesenden Bürger und Eltern aus Winterstet­tenstadt waren zufrieden, etwa Jürgen Edel: „Natürlich ist der Erhalt der Schule, dank des Engagement­s

der Elternbeir­äte und Bürger ein großer Erfolg, aber man muss weiterhin kritisch bleiben. Erst gibt es finanziell keine Alternativ­e zur Schulschli­eßung und auf einmal spielen Ausgaben in Millionenh­öhe für einen Kindergart­enneubau in Ingoldinge­n keine Rolle mehr.“

Bei der ganzen Debatte dürfe man aber nicht die Kinder und deren Eltern aus Ingoldinge­n, Grodt, Muttenswei­ler und Degernau vergessen, die sich laut Voltenauer bisher merklich zurückgeha­lten hätten. Aufgrund der dortigen Bauentwick­lung sei dort der größte Bedarf an Kitaplätze­n zu erwarten. Insgesamt müssten jetzt die tatsächlic­hen Bedarfe an Plätzen in allen Teilorten gefunden werden, so Stephan Müller. „Wir sind selbst schuld. Vor drei Jahren hätten wir, wenn wir gewollt hätten, vielleicht sogar schon einen Neubau gehabt.“Deshalb könne er sich auch jetzt mit diesem Vorschlag sehr anfreunden. Bürgermeis­ter Jürgen Schell war die Erleichter­ung sichtlich anzumerken. „Wir sind mit diesem Beschluss auf einem guten Weg, auch die drohende Spaltung im Ort zu verhindern.“KOMMENTAR

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