Schwäbische Zeitung (Biberach)
Überraschende Wende in Ingoldingen
Gemeinderat entscheidet sich gegen Schulschließung und für Kitaneubau
INGOLDINGEN - Der Ingoldinger Gemeinderat hat am Donnerstagabend eine überraschende Kehrtwendung gemacht. Das Gremium beschloss nach Vorschlag von Gemeinderat Roland Voltenauer mit 13 JaStimmen bei zwei Enthaltungen, die Schule im Teilort Winterstettenstadt in ihrer jetzigen Form beizubehalten und gleichzeitig einen Neubau einer Kindertagesstätte im Hauptort Ingoldingen ergebnisoffen anzugehen.
Die von der Verwaltung geplante und von Bürgermeister Jürgen Schell favorisierte Lösung, die Schule in Winterstettenstadt in einen Kindergarten umzubauen und die Schule in Ingoldingen auszubauen, ist damit vom Tisch. „Die Debatte in der Sitzung und auch die anschließenden Reaktionen aus der Bevölkerung, speziell der Elternschaft in Winterstettenstadt, haben gezeigt, dass dies ein hochsensibles und emotionales Thema ist“, sagte Schell und fügte hinzu: „Wir haben jetzt die Aufgabe, die offensichtlich entstandenen Gräben wieder zuzuschütten und eine Lösung zu finden.“
Er sehe dies aber auch als Chance, die Einwohnerschaft in den Teilorten wieder zusammenzuführen, allerdings dränge die Zeit, denn die Kinder brauchen einen Kindergartenplatz. Die Lösung präsentierte dann Roland Voltenauer: „Der bisherige Vorschlag findet im Rat keine Mehrheit und spaltet den Ort. Deshalb schlagen wir vor, die Schule in Winterstettenstadt nicht zu schließen und gleichzeitig einen Neubau einer Kita in Ingoldingen anzugehen.“Ein Konsens auf Basis des alten Vorschlags sei nach seiner Auffassung nicht mehr möglich, weil die Fronten zu verhärtet seien. Das habe die jüngste Sitzung eindeutig gezeigt. Daran erinnerte auch Ratskollege Andreas Wahl, der die Frage für sachlich nicht mehr lösbar hielt. „Wir haben jetzt den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden.“
Finanziell sei die neue Lösung durch Verschiebung der Prioritäten auch zu stemmen, stellte Roland Voltenauer klar. „Die Straßen- und Kanalsanierung in Winterstettenstadt muss dann eben nach hinten rutschen.“Mit rund 2,8 Millionen Euro werde der Neubau der Kita veranschlagt. „Es zeigt sich wieder, dass der Ingoldinger Rat wie schon in der Vergangenheit die Kinderbetreuung sehr hoch bewertet und dass wir immer die Kinder und Eltern im Blick haben“, sagte Paul Schmid. Für Claus Lemmle aus Winterstettenstadt sieht den neuen Vorschlag als sehr gute Lösung. So mancher Gemeinderat habe Größe bewiesen. Durch einen Neubau gewinne man in der Ingoldinger Schule auch Platz, weil die jetzige Kindergartengruppe dort dann wegfalle: „Ich bin sehr zufrieden mit der heutigen Sitzung. Im Sinne der Kinder, Eltern und des gesamten Ortes hat das Gremium einen vernünftigen Kompromiss gefunden.“
Diese Bewertung unterstützten auch Winterstettenstadts Ortsvorsteher Rainer Traub sowie Ralf Elgas und Stephan Müller. „Wir sind froh, dass die Schule in Winterstettenstadt erhalten bleibt, und gehen davon aus, dass dies auch langfristig so bleibt“, führte Traub aus. Und auch die erneut während der Sitzung anwesenden Bürger und Eltern aus Winterstettenstadt waren zufrieden, etwa Jürgen Edel: „Natürlich ist der Erhalt der Schule, dank des Engagements
der Elternbeiräte und Bürger ein großer Erfolg, aber man muss weiterhin kritisch bleiben. Erst gibt es finanziell keine Alternative zur Schulschließung und auf einmal spielen Ausgaben in Millionenhöhe für einen Kindergartenneubau in Ingoldingen keine Rolle mehr.“
Bei der ganzen Debatte dürfe man aber nicht die Kinder und deren Eltern aus Ingoldingen, Grodt, Muttensweiler und Degernau vergessen, die sich laut Voltenauer bisher merklich zurückgehalten hätten. Aufgrund der dortigen Bauentwicklung sei dort der größte Bedarf an Kitaplätzen zu erwarten. Insgesamt müssten jetzt die tatsächlichen Bedarfe an Plätzen in allen Teilorten gefunden werden, so Stephan Müller. „Wir sind selbst schuld. Vor drei Jahren hätten wir, wenn wir gewollt hätten, vielleicht sogar schon einen Neubau gehabt.“Deshalb könne er sich auch jetzt mit diesem Vorschlag sehr anfreunden. Bürgermeister Jürgen Schell war die Erleichterung sichtlich anzumerken. „Wir sind mit diesem Beschluss auf einem guten Weg, auch die drohende Spaltung im Ort zu verhindern.“KOMMENTAR