Schwäbische Zeitung (Biberach)
Einstimmig zum „Amtsverweser“
Gerhard Hinz übernimmt Unlingens Rathausspitze – Neuer Kämmerer in Aussicht
UNLINGEN - Die Gemeinde Unlingen hat nach dreieinhalb Monaten wieder eine arbeitsfähige Rathausspitze: Der Gemeinderat wählte den stellvertretenden Bürgermeister Gerhard Hinz zum Amtsverweser. Als solcher führt der Kaufmann stellvertretend, aber fast identisch (siehe Infokasten) die Amtsgeschäfte von Bürgermeister Erwin Hölz weiter. Dieser ist seit Ende Januar erkrankt.
Gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“sprach Hinz von einer „spannenden Aufgabe“. In der Klausurtagung der Räte im Februar aus Anlass der Erkrankung von Hölz sei man sich einig gewesen, dass Unlingen jetzt auch eine „starke Hand“brauche. Das Rathaus und namentlich der erste Bürgermeister-Stellvertreter Elmar Lohner gleiche seine eigene „mangelnde Fachkenntnis“in der Kommunalverwaltung aus. Das Gemeindeparlament hatte aus den Bewerbern für den Amtsverweser nur Hinz vorgeschlagen. Es bestellte ihn denn auch in offener Abstimmung einstimmig. Anschließend überreichte Lohner Hinz seine Ernennungsurkunde zum „Beamten auf Widerruf“. Seitdem ist Hinz der Amtsverweser und Verwaltungsleiter der Gemeinde. Seit Februar war Hinz weiterer ehrenamtlicher Stellvertreter des Bürgermeisters.
Die Räte beschlossen in Hinz’ Abwesenheit einstimmig, den Besoldungsrahmen für ihn auszuschöpfen: Er bekommt A15, eine Stufe unter den A16 von Bürgermeister Hölz. Beide Beamtenbezüge sollen in den Haushalt 2020 eingestellt werden.
Hinz will auch mit Bürgermeister Hölz sprechen, kündigte er an. Er macht kein Hehl daraus, dass er dessen vom Volk gewählter Nachfolger werden will. Turnusgemäß wäre die nächste Wahl Ende 2026.
Gerhard Hinz (53) ist derzeit der einzige Amtsverweser im Landkreis Biberach, berichtet Kreissprecher Bernd Schwarzendorfer auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Er kann sich auch nicht erinnern, dass in den vergangenen zwölf Jahren auch nur eine der 45 Städte und Gemeinden im Kreis einen Verweser bestellt hat. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu diesem Amt.
Wann darf eine Kommune einen Amtsverweser bestellen? Die Gemeindeordnung des Landes erlaubt dies nur, wenn der Bürgermeister an seinen Amtsgeschäften gehindert ist und dies auch auf Sicht weiter so zu erwarten ist oder wenn er stirbt. Es darf auch in der Kommune keinen hauptamtlichen „Beigeordneten“geben, der sonst den Bürgermeister vertreten würde. „Verhinderung“kann eine Krankheit sein. Oder ein Rathauschef verliert seine Befähigung zum Bürgermeisteramt, etwa durch eine Verurteilung zu einer Haftstrafe wegen einer vorsätzlichen Tat.
Welche Aufgaben hat ein Amtsverweser? Der Amtsverweser vertritt den Bürgermeister in allen Amtsgeschäften. Er steht also der Verwaltung vor und darf den Bediensteten Weisungen erteilen. Er leitet Gemeinderatssitzungen, allerdings hat er im Gegensatz zum vom Volk direkt gewählten Bürgermeister keine Stimme.
Welches Gehalt bekommt ein Amtsverweser? Die Gemeindeordnung schreibt vor, dass er höchstens eine Besoldungsstufe unter dem jeweiligen Bürgermeister eingruppiert wird. Der Gemeinderat hat für Verweser Gerhard Hinz A15 ausgeschöpft, das entspricht einem Grundgehalt von 5563 Euro, so das Portal www.oeffentlicher-dienst.info. Bei Gerhard Hinz kommt demnach eine Familienzulage von gut 2000 Euro brutto für sechs Kinder dazu.
Wie lange amtiert ein Amtsverweser? Wenn nichts anderes geschieht, bis zur nächsten Bürgermeisterwahl. Sollte aber beispielsweise der Unlinger Bürgermeister Hölz genesen und seine Geschäfte wieder aufnehmen, müsste der Gemeinderat Hinz als Verweser wieder entlassen. Er ist Kommunalbeamter auf Widerruf.