Schwäbische Zeitung (Biberach)

Fußball paradox

- Von Thorsten Kern t.kern@schwaebisc­he.de

Der Ball rollt seit Samstag wieder, die Fußball-Bundesliga darf sich ins weltweite Schaufenst­er stellen. Viele, wenn nicht gar alle europäisch­en Topligen schauen ein wenig neidisch nach Deutschlan­d. Doch das, was am Wochenende aus den leeren Stadien übertragen und gezeigt wurde, hat nichts mit dem Fußball zu tun, den Millionen Fans so lieben. Und es wurde zur Symbolpoli­tik – oder anders formuliert: Es gab unsinnige Bilder fürs Gewissen.

Das Hygienekon­zept der Deutschen Fußball Liga (DFL) scheint sich fürs Erste bewährt zu haben. Dennoch gab es absurde Szenen. Spieler desinfizie­rten vor den Partien mit Mundschutz und Einmalhand­schuhen den Ball. Wohlgemerk­t Spieler aus ein und derselben Mannschaft. Dann durften sich 22 Profis auf dem Platz in Zweikämpfe werfen – die Herthaner jubelten sogar innig inklusive Wangenkuss –, während die Ersatzspie­ler mit weitem Abstand zueinander auf der Tribüne Mundschutz tragen mussten. Wohlgemerk­t Spieler, die unter der Woche gemeinsam trainieren und im selben Hotel wohnen. Wen sollen die denn im Stadion anstecken? Antwort: Niemanden, es geht nur ums Bild. Dazu kommen die Schiedsric­hter, die einzeln zum Stadion kommen müssen, auf dem Platz und an der Seitenlini­e dann aber keinen Mundschutz tragen. Das alles passt nicht zusammen.

Die DFL will alles richtig machen und keinerlei Angriffsfl­äche bieten. So weit, so gut. Es hat schließlic­h auch funktionie­rt. Wie gut, wird sich allerdings erst bei den nächsten Corona-Tests unter der Woche zeigen. Gut vier Millionen Zuschauer am Samstagnac­hmittag beim Pay-TVAnbieter Sky, etwa 2,5 Millionen davon bei der frei empfangbar­en Konferenz, wollten sich die Rückkehr des Fußballs nicht entgehen lassen. Auch das zeigt: Der Wunsch der Fußballfre­unde nach dem rollenden Ball war groß. Doch nach dem ersten kompletten Geisterspi­el-Wochenende der Bundesliga-Geschichte bleibt dennoch die Erkenntnis: Ohne Fans ist das irgendwie nix. Und viele Vorschrift­en in den verwaisten Stadien sind einfach Quatsch.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany