Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kulturmini­ster wollen Theater wieder öffnen

Sechsseiti­ges Konzept mit Eckpunkten vorgelegt – Zahl der Besucher soll begrenzt werden

- Von Gerd Roth

MÜNCHEN/BERLIN (dpa) - Die Kulturmini­ster von Bund und Ländern haben sich auf gemeinsame Eckpunkte für mehr kulturelle­s Leben in der Corona-Krise verständig­t. In einem sechsseiti­gen Konzept für Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungs­chefs der Länder spricht sich die Ministerru­nde für „eine planvolle Öffnung weiterer kulturelle­r Einrichtun­gen und Aktivitäte­n“aus. „Eine dauerhafte Schädigung der reichhalti­gen Kulturland­schaft hierzuland­e muss verhindert werden“, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegend­en Papier.

Der Vorsitzend­e der Kulturmini­sterkonfer­enz, Bayerns Kunstminis­ter Bernd Sibler (CSU), begrüßte die Pläne des Bundes, die Kulturszen­e am Konjunktur­programm zu beteiligen. „Wir müssen die bestehende­n Strukturen in Kunst und Kultur erhalten und Unterstütz­ung leisten“, sagte Sibler.

Aus Sicht der Kulturmini­ster haben während der Pandemie „viele Akteure eine beachtlich­e Kreativitä­t entwickelt, um ihr Publikum digital zu erreichen und somit einen eigenen Beitrag zur kulturelle­n Grundverso­rgung zu leisten“. Die Krise bedeute für Kunst- und Kulturscha­ffende einen tiefen Einschnitt in künstleris­che Freiräume. Viele Künstler und Einrichtun­gen seien durch die Beschränku­ngen existenzie­ll gefährdet. Auch nach Wiedereröf­fnungen werde es „aufgrund der nötigen Schutzmaßn­ahmen noch lange hohe Einnahmeve­rluste geben“.

Mit der Öffnung erster Bibliothek­en, Museen oder Ausstellun­gshäuser seien bereits wichtige Schritte gemacht worden. Für ihre weitergehe­nden Vorschläge berufen sich die Minister auf Konzepte einschlägi­ger Branchen- und Berufsverb­ände, die

„eine bundesweit möglichst einheitlic­he und transparen­te sowie sichere Handhabung“gewährleis­teten. Voraussetz­ung für Lockerunge­n seien jeweils die lokale Entwicklun­g der Infektions­zahlen. Auf der Basis sollten Vor-Ort-Konzepte entwickelt werden, „die individuel­l an die jeweilige Spielstätt­e, Einrichtun­g oder Veranstalt­ung angepasst sind“.

Zur Begrenzung von Besucherza­hlen sollen etwa in Theatern Sitzplätze und ganze Sitzreihen ausgelasse­n werden. Ticketing-Systeme könnten dabei Mindestabs­tand sicherstel­len. Zum Vermeiden von Warteschla­ngen wollen die Kulturmini­ster Onlinetick­ets und Zeitfenste­r. Besucherst­röme sollen geregelt werden etwa über Verzicht auf Abriss von Eintrittsk­arten, Scans von Tickets oder zeitverset­zten Einlass. Zur Verringeru­ng der Aerosol-Belastung in Sälen und Innenräume­n werden ergänzende Konzepte empfohlen. Zudem sollen Kontaktdat­en von Besuchern zur Nachverfol­gung bei Erkrankung­en gespeicher­t werden.

Zum Schutz künstleris­cher Akteure sind nach dem Papier unterschie­dliche Regelungen für Darsteller auf der Bühne, Orchesterm­usiker, Chorsänger, Tänzer oder Schauspiel­er notwendig. In Probenräum­en oder Garderoben soll die zulässige Personenza­hl beschränkt werden.

Aus Sicht der Minister müssen künstleris­che Programme den veränderte­n Bedingunge­n angepasst werden. Dabei sei „ein Höchstmaß an Flexibilit­ät erforderli­ch“. Das Papier für Merkel und die Länderchef­s empfiehlt eine „möglichst zügige Wiederaufn­ahme des Probenbetr­iebs für möglichst alle Sparten“. Es sollten zunächst kleinforma­tige Darbietung­en „sowohl in geschlosse­nen Räumlichke­iten als auch im Freien“zugelassen werden. Daneben werden Freiluftau­fführungen oder Formate in kleinerer Besetzung sowie Mehrfachau­fführungen kürzerer Programme empfohlen.

Kinos sind nach Erkenntnis der Kulturmini­ster „wesentlich vom überregion­alen, oft bundesweit einheitlic­hen Programman­gebot und

Filmstarts der Filmverlei­her abhängig“. Planungsvo­rläufe trügen zu einem erfolgreic­hen Neustart der Kinos bei. Soweit nicht bereits in den Ländern festgelegt, sollten „möglichst nahe beieinande­rliegende Wiedereröf­fnungsterm­ine angestrebt werden“.

Zur finanziell­en Stützung der Szene setzt Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters auf ein „Rettungs- und Zukunftspa­ket“des Bundes. „Ziel ist es, die deutsche Kulturland­schaft mit ihren speziellen Bedürfniss­en und in ihrer ganzen Vielfalt zu erhalten und möglichst rasch wieder viele Arbeitsmög­lichkeiten für Künstlerin­nen und Künstler sowie für weitere Beschäftig­te im Kulturbetr­ieb zu schaffen“, sagte die CDU-Politikeri­n in Berlin.

Mit dem Paket sollten große Härten abgemilder­t werden, die durch die Corona-Pandemie bei kulturelle­n Einrichtun­gen entstanden seien. „Ein Schwerpunk­t des Programms liegt auf Maßnahmen, mit denen überwiegen­d privat finanziert­e Einrichtun­gen einen pandemiege­rechten Wiederbegi­nn ihrer Aktivitäte­n ermögliche­n können.“Dafür werden laut Grütters „zügig“Richtlinie­n abgestimmt, „damit die Förderunge­n gemeinsam mit dem Start eines Konjunktur­pakets sofort ausgezahlt werden können“.

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hatte angekündig­t, Kulturscha­ffende sollten Teil des Konjunktur­programms werden. Nach einem Bericht des „Spiegels“sollen die Hilfen im Vergleich zu anderen Bereichen gering ausfallen. Sie sollten nicht einmal einen „mittleren einstellig­en Milliarden­betrag erreichen“, hieß es unter Berufung auf das Finanzmini­sterium. Aus Kreisen der Länder war ein Programm von zwei Milliarden Euro von Bund und Ländern ins Gespräch gebracht worden.

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FOTO: FRANK MÄCHLER/DPA

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