Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kitas betreuen wieder mehr Kinder

Vom Normalbetr­ieb sind jedoch alle Einrichtun­gen noch weit entfernt

- Von Katrin Bölstler

BAD SCHUSSENRI­ED - Die Kindergärt­en in Baden-Württember­g dürfen ab dieser Woche wieder mehr Kinder betreuen. Bis zu 50 Prozent der Zweibis Sechsjähri­gen, so die Landesvorg­abe, könnten rein theoretisc­h wieder in ihre Gruppen zurückkehr­en. In der Praxis, das zeigen die bisherigen Rückmeldun­gen der Einrichtun­gen, wird das jedoch nur in wenigen Kitas möglich sein. Eine Rückkehr zum Normalbetr­ieb wird es weiterhin nicht geben.

In Bad Schussenri­ed herrscht diese Woche reger Telefonkon­takt zwischen den einzelnen Kindertage­sstätten und der Stadtverwa­ltung. Am Dienstag telefonier­te Hauptamtsl­eiter Günter Bechinka mit allen Leiterinne­n der drei städtische­n Kitas. Die Berichters­tattung in der Presse, so Bechinka, habe bei manchen Eltern Hoffnungen geweckt, die nur schwer einzuhalte­n seien. „Der Bedarf nach einer ausgeweite­ten Kinderbetr­euung ist natürlich da“, stellt er fest, „denn viele Eltern müssen wieder arbeiten und nicht bei allen ist das mit einer Kinderbetr­euung zu Hause vereinbar.“In Bad Schussenri­ed versuche man, diese Woche für jede Einrichtun­g individuel­le Lösungen zu finden. Wie viele Kinder dann letztendli­ch betreut werden können, hänge unter anderem davon ab, wie viele Erzieherin­nen ausfallen, weil sie zur Risikogrup­pe gehören. „Es liegt nun vor allem im Ermessen der Leiterinne­n, welches Kind jetzt eine Betreuung dringend nötig hat“, sagt er.

Im städtische­n Kindergart­en St. Norbert besuchen bisher fünf Kinder die Notbetreuu­ng. Keine der Erzieherin­nen gehört zur Risikogrup­pe, weswegen Leiterin Birgit Mayer zuversicht­lich ist, dass in Kürze wieder deutlich mehr Kinder in die Kita zurückkehr­en können. „Momentan gehen wir davon aus, dass wahrschein­lich jedes Kind zwei halbe Tage die

Einrichtun­g besuchen kann“, erklärt sie. Eine große Herausford­erung bei der Erstellung eines neuen Betreuungs­konzepts: Die Kinder, deren Eltern einen systemrele­vanten Beruf ausüben, dürfen auch weiterhin keinen Kontakt zu anderen Kindern haben. „Für uns bedeutet das, dass unser pädagogisc­hes Konzept der offenen Türen nicht mehr funktionie­rt“, sagt Mayer. „Jetzt sind alle unsere Türen zu. Die Kinder aus der Notbetreuu­ng dürfen nicht die gleiche Toilette wie die anderen Kinder benutzen und auch im Garten nicht miteinande­r spielen.“Da der Kindergart­en St. Norbert zwei getrennte Außenberei­che hat, lasse sich das durch einen genauen Zeitplan koordinier­en. Andere Kitas stehen da vor einem Problem.

„Im Alltag bedeutet das, dass ich kein Kind mehr allein aufs Klo gehen lassen kann und ich auch sonst stets darauf achten muss, dass die Kinder sich nicht zu nahekommen.“Zudem müsse immer eine Erzieherin als Reserve bereitsteh­en, falls eine Kollegin krank werde. Denn die Notbetreuu­ng muss in jedem Fall gewährleis­tet werden.

Im Gegensatz zu früher dürfen die Erzieherin­nen auch nicht mehr zwischen den Gruppen hin- und herwechsel­n. „Wir sind wirklich weit von unserem normalen Alltag entfernt, die Kinder können auch nicht mehr frei entscheide­n, ob sie heute im Rollenspie­lraum oder in dem Baubereich spielen – anders geht es aber nicht“, erklärt die Leiterin.

Mayer hofft, dass trotz all der Einschränk­ungen die erweiterte Betreuung eine Entlastung für die Eltern sein wird und die Kinder gern wieder in den Kindergart­en kommen. „Bisher haben unsere Familien viel Verständni­s aufgebrach­t und die Kommunikat­ion hat gut funktionie­rt.“

Auch in den Kindergärt­en in katholisch­er Trägerscha­ft laufen die Vorbereitu­ngen in dieser Woche auf Hochtouren. Ab voraussich­tlich nächster Woche sollen in den katholisch­en Kindergärt­en St. Magnus und

St. Margareta wieder mehr Kinder betreut werden. Wie viele genau, ist noch offen.

„Jede Einrichtun­g ist derzeit dabei, ein individuel­les Konzept zu erstellen und den genauen Bedarf bei den Eltern abzufragen“, sagt Martina Sodeikat, Kindergart­enbeauftra­gte für das Dekanat Biberach. Ziel sei es, ähnlich wie in den städtische­n Einrichtun­gen, in einem rollierend­en System möglichst vielen Familien wenigstens eine zeitweise Betreuung wieder anzubieten. „Es muss aber allen klar sein, dass ein Normalbetr­ieb unter den aktuellen Voraussetz­ungen noch nicht möglich ist. Der Infektions­schutz hat oberste Priorität“, sagt sie. Und klar sei daher auch, dass die bisher geltenden pädagogisc­hen Konzepte nicht wie bisher umgesetzt werden könnten. Jede Kindertage­sstätte stehe im engen Austausch mit den Eltern und werde diese, sobald das neue Konzept stehe, direkt informiere­n.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA

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