Schwäbische Zeitung (Biberach)
„So schüttet man in Ingoldingen Gräben zu?“
Zu dem Artikel „Überraschende Wende in Ingoldingen in Sachen Schulstandort“, erschienen am 16. Mai, hat die Redaktion dieser Leserbrief erreicht. Was ist da nur los in Ingoldingen? Gräben zugeschüttet? Welche Gräben? Nicht nur einmal und auch schon im Mai 2018 hat die Ingoldinger Verwaltung gewarnt, dass man aufgrund der Unterdeckung durch erhebliche und kreisweit einmalig hohe Bezuschussung der Krippen- und Kindergartengebühren „keinen Überschuss mehr aus dem Verwaltungshaushalt erwirtzusetzen, kann, sondern ein erhebliches Defizit erzielt“. Als dann im letzten Jahr das Kommunal- und Prüfungsamt monierte: „lngoldingen scheint derzeit nicht in der Lage, für den gesetzlich geforderten Ressourcenerhalt nachhaltig Sorge tragen zu können“, war die Reaktion der Gemeinderäte, die maßgeblich diese Subventionspolitik vorangetrieben haben, dass sie das nie für möglich gehalten hätten. Es waren Gemeinderäte, die von Berufs wegen mit Zahlen umgehen können müssten. Um einerseits dem Rechtsanspruch auf Betreuungsplätze, andererseits dem geschaffenen strukturellen Defizit gerecht zu werden, hatten eben diese Gemeinderäte die Idee, im Schulstandort Winterstettenstadt Kindergartengruppen unterzubringen und die Klassen in die Schule nach Ingoldingen zu verlegen. Für einen Neubau war eben kein Geld da. Innerhalb einer Woche sollte das durchgeboxt werden. Auf der letzten Sitzung schlug man dann eine Volte. Entweder man nutze die Einstimmenmehrheit, um die besagte Idee durchschaften oder man erhalte den Schulstandort Winterstettenstadt, wolle dafür aber die Kita gebaut sehen. So hatten die Gegner der Schulschließung im Gemeinderat nur diese Möglichkeit. Es gibt nicht wenige, die das als schlichte Erpressung sehen.
Nun bleibt die Schule. Wie lange? Es wird ein Kita-Bau kommen, die teuerste aller Lösungen, vom Gebäudeunterhalt nicht zu sprechen. Denn die Kosten für das Kinderbetreuungspersonal belasten den Ingoldinger Haushalt bereits jetzt mit über 1,8 Mio. Euro. Und nach wie vor leistet sich diese Gemeinde die günstigsten Elternbeiträge im gesamten Landkreis. Dafür sollen Senioren und Vereine jetzt zahlen. Die dringend notwendigen Sanierungen der Ortsdurchfahrten in Wattenweiler und Winterstettenstadt und anderes Wichtiges werden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Ist das „im Sinne der Menschen“, wie es der Kommentar zum Artikel bewertete? Durch die günstigsten Elternbeiträge hat man übrigens die Tagesmütter vertrieben, und auch, weil man sie für „2. Wahl“hält. Dabei wären Tagesmütter eine Lösung, die keine teuren Gebäude fordern und die den Mehrbedarf bei der Kinderbetreuung decken könnten. Und in zwei, drei Jahren tut man das, was, was man schon immer tun wollte: die Schule in Winterstettenstadt schließen! Denn in der Ingoldinger Schule, wo jetzt noch eine Krippe Räume belegt, werden dann, wenn der Kita-Bau fertig ist, diese Räume frei. So „schüttet“man in Ingoldingen Gräben zu!?
Marc Zinser, Winterstettenstadt