Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mit dem Auto im Kino

Kinos sind weiterhin geschlosse­n – doch in Berkheim haben drei Männer diese Alternativ­e auf die Beine gestellt

- Von Sybille Glatz

BERKHEIM - Einige Freizeitak­tivitäten sind seit der Lockerung der Corona-Verordnung wieder möglich, so zum Beispiel ein Besuch im Museum oder im Zoo. Doch ein romantisch­er Kino-Abend zu zweit zählt noch nicht dazu und wird es vorerst auch nicht – außer man fährt am Wochenende mit dem Auto nach Berkheim.

Dort gibt es seit zwei Wochen ein Autokino. Dabei hatten die Organisato­ren des Autokinos vor der CoronaKris­e gar nichts mit Kinos oder Autokinos zu tun. „Davor war ich noch nie in einem Autokino“, sagt Helmut Winter. Zusammen mit seinen Geschäftsp­artnern Axel Biebau und Daniel Kirtzel hat er das Autokino in Berkheim auf die Beine gestellt. Gemeinsam führen die drei Männer die Diwora GmbH. Diwora steht dabei für „Digital World of Advertisin­g“, auf Deutsch „Digitale Welt der Werbung“.

„Wir haben eine mobile LEDWand, die in einem Anhänger verbaut ist“, sagt Winter. „Mit dieser gehen wir normalerwe­ise zu Sportveran­staltungen wie Radrennen, Marathonlä­ufen oder Triathlon-Wettkämpfe­n.“Die Läufe werden live gefilmt, die Aufnahmen werden auf die LED-Wand übertragen, die im Zieleinlau­f aufgebaut ist. Doch statt sich abmühenden Radsportle­rn werden nun am Wochenende in Berkheim Filme wie „Jumanji“, „Goldfische“oder „Himmelskin­d“auf der LED-Wand gezeigt.

„Die Sportveran­staltungen wurden wegen der Corona-Krise alle abgesagt. Wir haben uns daher was anderes überlegt. Die Wand gehört uns und Autokino war immer schon ein Thema“, berichtet Winter. Zwölf Quadratmet­er Fläche hat die Wand, sie misst vier mal drei Meter. Winter bezeichnet sie scherzhaft als „Männerspie­lzeug“. „Wir haben sie vor vier Jahren gekauft“, sagt er. Die Wand sei innerhalb einer Viertelstu­nde aufgebaut. Vor der CoronaKris­e vermietete­n er und seine Geschäftsp­artner die Wand an Sportveran­stalter oder auch an Messeveran­stalter. „Wir waren nur Vermieter, keine Veranstalt­er“, sagt Winter. Für alle drei ist das Betreiben der Diwora kein Hauptberuf. „Wir machen das nebenher“, sagt er.

Wie an den beiden Wochenende­n zuvor wird nun auch am kommenden Wochenende die Wand auf dem Parkplatz vor der Grundschul­e aufgebaut. Filmvorfüh­rungen gibt es am

Freitag-, Samstag- und Sonntagabe­nd, aber nicht feiertags. Auf dem Parkplatz haben maximal 20 Autos Platz. „Es ist ein kleines, feines Autokino“, sagt Winter. Wer das Kino besuchen will, muss sich daher vorher über die Diwora-Webseite für eine Vorführung anmelden – und auch digital bezahlen. „Wegen Corona soll alles möglichst kontaktlos sein“, sagt Winter. Ab 19.15 Uhr ist Einlass. „Die Besucher zeigen an der Einfahrt ihr Ticket und bekommen dort Popcorn und Getränke“, erklärt Winter den Ablauf. Im Preis in Höhe von 22 Euro sei der Eintritt für zwei Personen, ein Eimer Popcorn und zwei Soft-Getränke enthalten. Nach der Einfahrt werden die Besucher in ihre Stellplätz­e

eingewiese­n. „Bevor es losgeht, erklären wir, auf welche Frequenz man das Autoradio einstellen muss“, sagt Winter. Der Ton werde nämlich nicht über Lautsprech­er, sondern über das Autoradio übertragen. „Das sorgt dafür, dass eine Vorführung von außen recht leise ist“, meint Winter. Auch für den Fall, dass eine Autobatter­ie zu schwach für eine etwa zweistündi­ge Filmvorfüh­rung ist, ist vorgesorgt. „Wir haben ein Ersatzradi­o und Starterkab­el vor Ort“, sagt Winter. Doch die meisten Autobatter­ien könnten den Betrieb des Radios leisten.

Bevor das Autokino starten konnte, mussten Winter und seine Geschäftsp­artner Genehmigun­gen einholen.

edeka.de „Wir brauchten eine Radiofrequ­enz und Filmlizenz­en“, berichtet Winter. Auch mit der Gemeinde und mit den Anwohnern haben die Organisato­ren im Vorfeld gesprochen und ihr Einverstän­dnis eingeholt. Gezeigt werden aktuelle Filme. „Die Filme sind etwa zwei, drei Jahre alt, wir achten auch darauf, dass sie nicht bei Streaming-Diensten angeboten werden“, sagt er. „Die Filmauswah­l treffen wir aus einem Bauchgefüh­l heraus.“Manche Filme sind ab null Jahre, andere ab sechs oder zwölf. An einem Abend wird nur ein Film gezeigt. „Punkt 20 Uhr beginnt der Film. Er läuft ohne Werbeunter­brechung durch“, sagt Winter. Sofort nach Ende des Films sei die Veranstalt­ung beendet, das sei mit den Nachbarn so vereinbart.

Und was passiert, wenn es regnet? „Nur bei starkem Regen oder Sturm gibt es keine Vorführung. Normalerwe­ise ist der Kinobetrie­b wetterunab­hängig“, sagt Winter. Sollte die Vorführung einmal wegen Schlechtwe­tter abgesagt werden müssen, würde das direkt am Abend der Vorführung entschiede­n.

Mit der Resonanz ist Winter zufrieden. „Ein Film lief sogar sehr erfolgreic­h. Dabei haben wir bisher nur wenig Werbung gemacht. Die Leute sind alle begeistert.“Es kämen sowohl jüngere als auch ältere Kinogänger. Grundsätzl­ich könnten auch mehr als zwei Personen im Auto sitzen, wenn sie zu einer Familie gehören. „Aber wegen der Corona-Pandemie müssen es schon Familienan­gehörige sein“, sagt Winter. Das Autokino werde es so lange geben, solange die Corona-Einschränk­ungen bestünden, meint Winter. „Wenn Sportveran­staltungen wieder erlaubt sind, sind wir wieder für unsere eigentlich­en Kunden da.“

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FOTO: DIWORA

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