Schwäbische Zeitung (Biberach)
Corona: Zeidler kündigt Sparkurs der Stadt an
Wie Biberach den finanziellen Folgen der Krise begegnen will
Wilder Müllablagerungen sind Dauerärgernis
BIBERACH (sz) - Vermüllung und wilde Müllablagerungen haben auch 2019 wieder zugenommen im Stadtgebiet Biberach. Dies teilt die Stadtverwaltung in ihrem jährlichen Stadtreinigungsbericht mit. Die Schwerpunkte sind wieder der Stadtgarten mit Gigelberganlagen, der Eingangsbereich zum Wielandpark, die Bushaltestelle Saudengasse und die Altstadtgassen. Die Kosten der Stadtreinigung betrugen im vorigen Jahr 907 000 Euro.
Winterstettenstadt sagt Kreismusikfest ab
WINTERSTETTENSTADT (sz) „Kreismusikfest 2021 ist in Winterstettenstadt“, lautete die Schlagzeile in der Schwäbischen Zeitung vom 30. Januar 2018. Jetzt, gut ein Jahr vor dem geplanten Fest, sagt der Verein aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie das Fest ab. Um ein erneutes Kreismusikfest will sich der Verein eventuell später wieder bewerben.
Realschule Erolzheim stößt an räumliche Grenzen
EROLZHEIM (sz) - Weil aufgrund der Corona-Pandemie im Klassenzimmer ein Mindestabstand von 1,50 Metern eingehalten werden muss, stößt so manche Schule an die Grenze ihrer Raumkapazitäten. An der Realschule Erolzheim geht man in dieser Situation nach den Pfingstferien einen neuen Weg.
BIBERACH - Die Corona-Krise wird auch bei der Stadt Biberach finanziell ihre Bremsspuren hinterlassen. Zwar wird die Stadt voraussichtlich nicht so arg gebeutelt werden wie manch andere Kommune in Deutschland, dennoch wird auch in Biberach der Rotstift angesetzt, wie Oberbürgermeister Norbert Zeidler am Montagabend im Gemeinderat bekanntgab.
„Wir werden noch jahrelang damit beschäftigt sein, die Folgen der Corona-Krise für unsere Stadt abzufedern“, sagte Zeidler in einer längeren Rede zu Beginn der Gemeinderatssitzung in der Gigelberghalle. Erstmals seit dem 20. Februar traf sich das gesamte Gremium wieder zur Beratung. 95 Tage sind seither vergangen – 95 Tage, in denen sich die Situation in der Stadt so tiefgreifend verändert hat wie wohl noch nie in den vergangenen Jahrzehnten.
„Bei allem in unserer Stadt zurecht gepflegten Daueroptimismus: Diese dunklen finanziellen Perspektiven werden nicht spurlos an Biberach vorbeiziehen“, sagte der Oberbürgermeister. „Auch unsere Steuereinnahmen werden insbesondere in der Einkommensteuer, in der Umsatzsteuer und über die Umlagen ein Delta erhalten.“Tagesaktuell fehlen der Stadt im Vergleich zum Haushaltsplan in diesem Jahr bereits acht Millionen Euro. „Eine ausschließliche Kompensationshoffnung über die Gewerbesteuer zu erwarten, wäre finanzpolitisch äußerst fragwürdig und zeichnet sich auch nicht ab – im
Gegenteil“, sagte Zeidler. Zudem müsse die Stadt in diesen schwierigen Zeiten einen besonderen Blick auf ihre Beteiligungsbetriebe werfen, bei denen man 2020 ebenfalls mit Verlusten rechnen müsse.
Die Stadtverwaltung werde dem Gemeinderat zum 30. Juni einen weiteren detaillierten kommunalen Finanzzwischenbericht vorlegen, der sehr „Corona-durchtränkt“sein werde, kündigte der OB an. Davon werde auch das städtische Investitionsprogramm, betroffen sein, das im Juli im Gemeinderat diskutiert werden soll.
Für 2020 brauche es laut Zeidler wohl keinen Not- oder Nachtragshaushalt. Für 2021 müssten die städtischen Ämter allerdings sparsamer kalkulieren. Das Schaffen neuer Stellen solle komplett vermieden werden. Das habe er den zuständigen Amtsleitern am Montag per Mail mitgeteilt, so Zeidler. „Die Haushaltsplanung für 2021 läuft bereits auf Hochtouren, viel Zeit bleibt nicht. Zudem ist und bleibt die Datenlage unklar.“
Die Stadt Stuttgart habe trotz einer Rücklage von drei Milliarden Euro ihren Ämtern für 2020 eine Pauschalkürzung der Ansätze um 15 Prozent diktiert, führte Zeidler aus. „Ich halte unter den gegebenen Umständen eine Kürzung der Haushaltsansätze in unserer Stadt um zehn Prozent für 2021 für vertretbar und geboten.“Den entsprechenden Auftrag hierzu habe er ebenfalls am Montag an die Amtsleiter und Ortsvorsteher erteilt. Ausdrücklich seien hierbei aber auch Öffnungsklauseln vorgesehen.
„Wir dürfen allerdings auch noch auf einen guten Jahresabschluss 2019 hoffen, zudem sind insbesondere Gewerbesteuerleistungen nur gestundet, sodass man diesbezüglich auch mit Nachzahlungen rechnen darf “, machte der Oberbürgermeister Hoffnung. Die Stadt wolle weiter aktiv investieren, vor allem im Bereich Bildung und Betreuung. Die gute Liquidität versetze Biberach in die einmalige Lage, auch die richtigen Weichenstellungen für die Zeit nach der Krise vornehmen zu können. „Wir können und wir müssen uns jetzt antizyklisch verhalten – und ich sage Ihnen deutlich: Ich hoffe auf intelligente Konjunkturprogramme“, so Zeidler. Auf diese müsse die Stadt aber auch vorbereitet sein. „Einige Herausforderungen bleiben nach Corona dieselben wie vor Corona: Digitalisierung, Verkehrswende, Klimaschutz und ein geförderter Wohnungsbau. Hier sind wir in der Lage, weiterhin Gas zu geben.“
Neben den wirtschaftlichen werde die Krise auch psychosoziale Folgen haben, so der Oberbürgermeister – „von verpassten Bildungsaufstiegen bis zu Schülern, deren Bildungsbiografie einen schwierigen Riss erhalten hat“. Und nicht zuletzt denke er auch an die Schule und den Kindergarten als „ganz elementaren Ort der Integration für viele Mitmenschen“.
Die Politik müsse hier neue Wege suchen, die altbekannten „Musterkonjunkturankurbelungsversuche“sollten kritisch hinterfragt werden. Corona sei eine Zäsur: „Hinterher wird manches nicht mehr so sein wie vorher“, sagte Zeidler. Die CoronaKrise sei eine Krise der Asymmetrien im doppelten Sinn. „Sie ist einerseits eine Krise der Asymmetrie, weil sie die Menschen in unserem Land äußerst unterschiedlich trifft. „Die einen genießen Frühling, während die anderen vor Existenzangst nachts nicht mehr schlafen können.“
Andererseits sei sie eine Krise der Asymmetrie, weil sie bereits bestehende asymmetrische Strukturen in unserem Land noch verstärkte: „Wer an den Industriebändern dieses Landes malocht, für den gibt es kein Homeoffice. Wer als Schüler in eher bildungsfernen Milieus aufwächst, für den gab es die letzten Wochen nicht ,Home Schooling’, sondern ,No Schooling’“, so Zeidler.
Solche gesellschaftlichen Asymmetrien bildeten den Nährboden, auf dem Populismus und Verschwörungstheorien prächtig gedeihen könnten. Gegen diese Gefahr habe eine Kommune insbesondere ein Gegengift, sagte der OB: „Wir müssen gemeinsam alles daransetzen, diese Asymmetrien hier bei uns vor Ort abzudämpfen.“Das gehe nur im engen politischen Schulterschluss, zu welchem er alle aufrufen wolle. Dazu brauche es eine Geschlossenheit im Gemeinderat und kluge Konzepte, wie man mit dieser historischen Herausforderung für die Stadt umgehen wolle. Er bitte deshalb um Zusammenhalt, Geschlossenheit und gleichzeitig auch Mäßigung, „nicht nur heute, sondern insbesondere in den kommenden Monaten, vielleicht auch Jahren“, so Zeidler zum Schluss.