Schwäbische Zeitung (Biberach)
WFV-Vorschlag findet Zustimmung und Kritik bei Vereinen
Fußball: Die wichtigsten Antworten zum Vorhaben, die Saison am 30. Juni zu beenden
STUTTGART/BIBERACH (sz/aw) Der Vorschlag der Verbandsspitze liegt auf dem Tisch: Zum 30. Juni soll die Saison 2019/20 im württembergischen Amateurfußball beendet werden, die seit Anfang März ausgesetzte Punkterunde würde damit nicht fortgesetzt. Das Präsidium des Württembergischen Fußballverbands (WFV) – in Einklang mit den Verantwortlichen der badischen Verbände – will Aufsteiger nach der Quotientenregelung ermitteln, Absteiger soll es nicht geben. Im Juni soll beim außerordentlichen Verbandstag die endgültige Entscheidung fallen. Zuletzt hatte der WFV die Vereine aufgefordert, den Vorschlag des Präsidiums zu kommentieren und Fragen zu stellen. In einer Woche gingen fast 600 Stellungnahmen ein. Die SZ veröffentlicht die Antworten des WFV zu den häufigsten und wichtigsten Fragen der Clubs.
Warum hat die Entscheidung so lange auf sich warten lassen?
Eine vorschnelle Entscheidung sei keine Option gewesen. Vielmehr ging es um rechtlich haltbare Lösungen, um Haftungsrisiken für Verbände und Entscheidungsträger zu minimieren und um den Vereinen weitgehende Planungssicherheit zu ermöglichen. Zudem sprach der WFV von einer „enormen Anzahl an Einflussfaktoren“– einerseits wegen der Verflechtungen der baden-württembergischen zu höherklassigen Ligen, andererseits durch sich ständig verändernde Rahmenbedingungen wie die Corona-Verordnungen des Landes. Letztlich ging es für den WFV auch um eine sportlich „möglichst faire Lösung“. Man hätte die Saison gern regulär beendet, was aufgrund der Corona-Pandemie aber unmöglich erscheint. Alternative Szenarien hat der Verband geprüft, inklusive der Folgen für Vereine und Verbände.
Für wen gelten die Präsidiumsbeschlüsse?
Die Beschlüsse beziehen sich auf alle Meisterschaftswettbewerbe von der Kreisliga bis zur Oberliga Frauen und Männer sowie – mit Einschränkungen – der Jugend.
Warum werden dann nicht auch die Pokalwettbewerbe beendet?
Ausgenommen von der Saisonbeendigung zum 30. Juni sind die Pokalwettbewerbe
– auf Verbands- und Bezirksebene. Im Pokal hält sich der WFV somit die Möglichkeit offen, die Wettbewerbe nach dem 30. Juni zu beenden. Die Gründe dafür sind, dass diese Wettbewerbe nicht in Ligastrukturen eingebettet sind und isoliert betrachtet werden können, dass die Anzahl der verbleibenden Partien überschaubar ist und dass eine faire Ermittlung des Siegers, wie sie in den Meisterschaften über die Quotienten-Regelung erfolgen soll, im Pokal nicht möglich ist.
Wie ist der weitere Ablauf bis zur endgültigen Entscheidung?
Mitte Mai wurde der Vorschlag zunächst den Vereinen und anschließend der Öffentlichkeit präsentiert. Die Vereine hatten daraufhin knapp eine Woche lang die Möglichkeit, den Vorschlag zu bewerten. Die Rückmeldungen werden laut WFV für die Anträge des Verbandsvorstands an die Delegierten des Verbandstags am 20. Juni berücksichtigt.
Warum muss noch ein Verbandstagsbeschluss gefasst werden?
Verbandstage sind die höchsten Gremien des WFV und der beiden badischen Landesverbände. Wegen der Tragweite der Entscheidung über das Saisonende zum 30. Juni ist es aus Verbandssicht inhaltlich und rechtlich geboten, die endgültige
Entscheidung dem Verbandstag zu überlassen.
Wer sind die Delegierten des Verbandstags, die nun entscheiden?
Den Beschluss werden die bereits anlässlich der Bezirkstage 2018 gewählten Delegierten fassen. Nach der WFV-Satzung sind die Delegierten für drei Jahre im Amt und damit auch stimmberechtigt, soweit zwischen den ordentlichen Verbandstagen Beschlüsse zu fassen sind.
Warum stimmen nicht direkt die Vereine rechtsverbindlich ab?
Der Verbandstag ist als Mitgliederversammlung im Sinne des BGB (Paragraf 32) das höchste Organ des WFV, Delegierte repräsentieren dabei die Vereine. Bei Großvereinen und Verbänden sind Delegiertensysteme üblich und ein probates Mittel, weil eine Willensbildung unter Beteiligung aller Mitglieder in der Praxis kaum möglich ist. Bei der Wahl der Delegierten bei den Bezirkstagen durch die Vereine wird deren Mitgliederzahl angemessen gewichtet.
Warum soll es nur direkte Aufsteiger geben?
Gemäß WFV-Spielordnung haben alle Meister das direkte Aufstiegsrecht, die Zweitplatzierten nur eine Aufstiegschance und das Recht zur Teilnahme an Entscheidungs- und Relegationsspielen.
Wegen der Cornona-Pandemie und der Corona-Verordnung des Landes sind in absehbarer Zeit solche Spiele aber nicht möglich. Der WFV sieht auch kein überzeugendes anderes Verfahren, um aus den Zweitplatzierten verschiedener Staffeln und dem bestplatzierten Nichtabsteiger den sportlich Besten zu ermitteln.
Warum will der WFV die Aufsteiger nach der Quotientenregelung ermitteln?
Die Quotienten-Regelung besagt, dass die Anzahl der Punkte durch die Anzahl der Spiele geteilt wird, womit ein durchschnittlicher Punkteschnitt pro Spiel berechnet wird. Sollten mehrere Mannschaften denselben Quotienten haben, wird erst die Tordifferenz, dann die Zahl der geschossenen Tore herangezogen, wobei beide Werte ebenfalls in Relation zu den absolvierten Partien gesetzt werden. Eine Alternative wäre die Wertung der Vorrundentabelle. Dagegen spricht aus Sicht des WFV, dass jedes absolvierte Spiel ein sportliches Argument ist und die Vereine näher ans reguläre Saisonende und somit eine faire sportliche Bewertung führt.
Warum soll es keine Absteiger geben?
„Aus Billigkeitsgründen“will der WFV davon absehen, Vereine auf Grundlage der Quotienten-Regelung absteigen zu lassen. Der Abstieg in eine tiefere Liga sei ein „deutlich gravierenderer Einschnitt als das Verpassen einer Chance zum Aufstieg über eine Relegationsrunde, deren Ausgang zudem ungewiss ist“, so der Verband. Ein Zwangsabstieg auf Basis geänderter sportlicher Wertungen soll deshalb vermieden werden.
Wie wirkt sich eine Saisonbeendigung zum 30. Juni auf das Vereinswechselrecht aus?
Bei einem Saisonende zum 30. Juni schließt sich die Wechselperiode I vom 1. Juli bis 31. August an. An den Wechselmodalitäten würde sich dann nichts ändern. Modifiziert hat der WFV schon jetzt die Regelung, wonach Spielern sechs Monate nach ihrem letzten Spiel oder nach Vertragsende auch ohne Zustimmung des abgebenden Vereins ein Spielrecht für einen neuen Verein zu erteilen ist. Damit soll verhindert werden, dass sich Spieler nach einer längeren Spielpause wegen der Aussetzung des Spielbetriebs sofort einem neuen Verein anschließen können, ohne dass der abgebende Verein bei versagter Zustimmung eine Entschädigung beanspruchen kann.
Was passiert, wenn eine Mannschaft auf ihr Aufstiegsrecht verzichtet oder nicht aufstiegsberechtigt ist?
Der WFV verweist auf seine Spielordnung (Paragraf 42). Demnach geht das
Aufstiegsrecht auf die nächstplatzierte Mannschaft (allenfalls dem Tabellenvierten) zu.
Werden die Meisterwimpel ausgegeben?
Die Wimpel sollen, wenn der Verbandstags-Beschluss feststeht, nach Rücksprache mit dem Staffelleitern an die Meisterteams übergeben werden.
Ist ein freiwilliger Abstieg möglich?
Der freiwillige Abstieg ist in der Spielordnung des WFV nicht vorgesehen, kann unter den besonderen Bedingungen und nach Rücksprache mit dem Verbandsspielausschuss und dem Bezirksspielleiter erfolgen.
Wann können Mannschaften für die Saison 2020/21 gemeldet werden?
Der Vereinsmeldebogen soll ab 25. Mai geöffnet sein und am 12. Juni schließen. Bei der Jugend bleibt der Meldebogen länger geöffnet, voraussichtlich bis zu den Sommerferien.
Wann beginnt die neue Saison?
Regulär beginnt die Saison 2020/21 am 1. Juli. Wegen der Corona-Verordnungen ist aber nicht absehbar, wann Mannschaftssport wieder möglich ist. Der WFV-Beirat soll ermächtigt werden, auf Lockerungen hinsichtlich der Mannschafts- und Kontaktsportarten zu reagieren und Entscheidungen zum Spielmodus zu treffen.