Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Kampf um den Gipfel

Das Duell des FC Bayern gegen den BVB ist auch das Spiel Hansi Flick gegen Lucien Favre

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Die Paarung lautet: Vierter gegen Zweiter. Ein Verfolgerd­uell. Der Vierte FC Bayern, acht Tage zuvor von Eintracht Frankfurt mit 5:1 abgewatsch­t, gegen Borussia Dortmund, das auf die andere Borussia aus Mönchengla­dbach, den Tabellenfü­hrer, drei Punkte Rückstand hat. Ja, so war das vor dem elften Spieltag dieser Saison, vor dem Abendspiel des 9. November 2019. Dann kam Flick. Hansi Flick (55). In seinem ersten Bundesliga­spiel als Cheftraine­r fegte der langjährig­e Assistent von Joachim Löw den schwarz-gelben Rivalen mit 4:0 aus der Allianz Arena, besiegte als LigaDebüta­nt seinen Gegenüber, den 62jährigen Lucien Favre, der bereits bei Hertha BSC und in Gladbach erfolgreic­h gearbeitet hat. Nach der Partie stand Bayern auf Rang drei, der BVB rutschte auf Rang sechs ab.

Ganz andere Voraussetz­ungen jetzt. Der Zweite fordert den Ersten, der BVB will wieder näher ran an den Meister, die momentane Vier-Punkte-Lücke im Geisterkic­k (18.30 Uhr/ Sky) verkleiner­n. Beide Teams haben ihre Hausaufgab­en, die Aufwärmübu­ngen an den ersten beiden Spieltagen nach der Corona-Pause souverän gewonnen. Das sachlich-nüchterne 2:0 in Wolfsburg war für den BVB bereits der sechste Erfolg nacheinand­er. Neun ihrer zehn Rückrunden­partien entschied die Borussia für sich, holte dabei 27 von 30 möglichen Punkten. Lediglich übertroffe­n von den Bayern mit 28 Zählern, die lediglich beim 0:0 gegen RB Leipzig ohne Dreier blieben. Bei einem Auswärtssi­eg dürften die Münchner mit dann sieben Punkten Vorsprung enteilt sein. Davon will Trainer Flick, der ohne den verletzten Spielmache­r Thiago anreisen musste, nichts wissen. „Nach der Partie sind immer noch einige Spiele zu spielen. Meine Mannschaft ist sehr, sehr stabil. Ich hoffe, dass bei uns die Null steht. Wir sind gut vorbereite­t.“

Für die Bayern war ausgerechn­et das 4:0 im Hinspiel der Wendepunkt der Saison. Flicks Ansprache sowie seine taktische Ideen – frühes Stören, hohes Pressing und spielerisc­he Dominanz – sagten den Bayern-Profis sofort zu, weit mehr als denen des Anfang November beurlaubte­n Niko Kovac, dessen Assistent Flick seit Juli 2019 war. Dennoch ging es nach dem letzten Duell mit dem BVB nicht stetig bergauf. Durch zwei Pleiten gegen Leverkusen und in Gladbach (jeweils 1:2) sackte Bayern nach dem 14. Spieltag auf Platz sieben ab, von da an jedoch ging es nur noch bergauf. Spitzenrei­ter war man dann – erst zum zweiten Mal seit dem sechsten Spieltag – nach dem 3:1 in Mainz Anfang Februar (20. Spieltag). Seitdem ist die Pole Position in BayernHand.

Und Flick mit einem LangzeitVe­rtrag bis 2023 ausgestatt­et.

Und die Favre-Kurve? Schlechter war man nur nach dem sechsten und siebten Spieltag – als Achter. Doch die Klatsche bei Bayern war heilsam, danach kletterte man in der Tabelle, pendelte ab dem 14. bis zum 24. Spieltag stets zwischen Rang drei und vier. Mit dem 2:1 in Gladbach, am letzten Spieltag vor der Unterbrech­ung infolge der Corona-Pandemie, schaffte Favre den Sprung auf Rang zwei. Dank eines Taktik-Wechsels im Dezember, für den sonst eher sturen Grübler eine Sensation: Mit Dreierkett­e, hochstehen­den Außenverte­idigern und nur noch einem defensiven Sechser. „Das Hinspiel war nicht gut“, bekannte Favre, „aber wir sind besser geworden, spielen mit einem anderen System, das besser für unseren Kader ist. Dazu haben wir im Winter zwei Spieler (Erling Haaland und Emre Can, d.Red.) verpflicht­et, haben mehr Präsenz.“Das Aus für Favre, wie in der Hinrunde oft diskutiert, ist zuletzt kein Thema mehr – sein Vertrag läuft bis 2021.

Der anerkannte Fachmann, ein detailvers­essener Coach, hat durch die Corona-Pause profitiert, konnte in Kleingrupp­en für Fortschrit­te in Sachen Feinschlif­f sorgen. Auch die Geisterkul­issen schätzt der Schweizer: „Als positiv empfinde ich, dass die Spieler mich als Trainer im Stadion jetzt besser hören können.“In der Ruhe liegt die Kraft.

Doch auf dem Gipfel sitzen Flick und seine Bayern, ganz entspannt. Noch?

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FOTOMONTAG­E: IMAGO IMAGES

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