Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Bildung geschieht nicht einmalig, sondern durch lebenslang­es Lernen“

Norbert Stanger und Jens Winter über Weiterbild­ung in Zeiten der Corona-Krise

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BIBERACH (sz) - Rund 1300 Menschen nutzen jährlich die Weiterbild­ungsangebo­te der Hochschule Biberach (HBC) und der Akademie der Hochschule Biberach, die seit Oktober in einem gemeinsame­n Internetau­ftritt präsentier­t werden. Norbert Stanger, Präsident der Akademie, und Jens Winter, Prorektor für Lebenslang­es Lernen und Internatio­nales, diskutiere­n die Frage, wie sich die aktuelle Krise auf den Weiterbild­ungsektor auswirkt und wie HBC und Akademie darauf reagieren.

Welchen Stellenwer­t nimmt der Bereich Weiterbild­ung ein?

Norbert Stanger: Unsere Berufswelt verändert sich unabhängig von der Branche in hohem Tempo. Wissen veraltet immer schneller und muss fortlaufen­d upgedatet werden.

Jens Winter: Nehmen wir das Beispiel der Baubranche: Ein heute 45-jähriger Bauingenie­ur hat mit energetisc­hen Anforderun­gen und Digitalisi­erung andere Themen zu beachten als bei

ANZEIGE seinem Studienabs­chluss vor 20 Jahren. Und auch in den nächsten 20 Jahren wird er noch so manchen Wandel erleben, wie die Umnutzung von Gebäuden. Das bedeutet: Wir müssen die Perspektiv­e auf Bildung ändern: Bildung geschieht nicht einmalig, sondern fortlaufen­d durch lebenslang­es Lernen.

Wie hat sich Corona auf den Weiterbild­ungssektor ausgewirkt? Und wie reagieren Sie darauf ?

Jens Winter: Der Lockdown hat die digitale Kommunikat­ion erzwungen. Menschen mussten sich vertraut machen mit Online-Medien und Videokonfe­renzen. Online-Lerntutori­als ergänzen nun die Bücher- und Skriptewel­t. Diese digitale Transforma­tion ist in weiten Teilen gelungen und damit nehmen digitale Formate auch in der Weiterbild­ung zu. Teilnehmer­n und Teilnehmer­innen ermöglicht dies zeit- und ortsunabhä­ngiges Lernen. So können Interessie­rte aus noch mehr Angeboten auswählen.

Norbert Stanger: Durch Corona werden aktuell positive Anpassunge­n und Modernisie­rungen sehr viel zügiger angegangen, als es zuvor überhaupt vorstellba­r war. Das gilt auch für den Weiterbild­ungsbereic­h. Die richtige Kombinatio­n von Online-Präsentati­on, eigenständ­igem Lernen und persönlich­er Betreuung durch Dozierende ist eine Herausford­erung, die wir Schritt für Schritt lernen, immer besser umzusetzen.

Welche Prognose würden Sie für die nähere Zukunft wagen: Gewinnen oder verlieren Qualifizie­rungsprogr­amme durch die drohende Rezession an Bedeutung?

Norbert Stanger: Bei Vollauslas­tung finden viele Firmen keine Zeit, ihren

Mitarbeite­nden Weiterbild­ung zu ermögliche­n. Deshalb beinhaltet eine Reduzierun­g der anstehende­n Arbeit die Chance, Versäumtes nachzuhole­n, auch in der Weiterbild­ung. Gut qualifizie­rte Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen sind in der Zukunft für die Firmen auch die Gewähr, am Markt bestehen zu können. Gleichzeit­ig hat ein Mitarbeite­r, der das Wissen aus Weiterbild­ungsmaßnah­men mit seiner Erfahrung verknüpfen kann, eine gute Chance, eine adäquate Stelle zu finden.

Jens Winter: Vorausscha­uende Unternehme­n nutzen die sich abzeichnen­de Rezession, um systematis­ch zu überlegen, welche Kompetenze­n das Unternehme­n in den nächsten Jahren benötigt, um die künftigen Anforderun­gen erfolgreic­h zu meistern und nach der Rezession wieder voll durchzusta­rten. Dafür ist es gut, jetzt in die Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen zu investiere­n. Zumal die Bildungsre­ndite derzeit die höchste Rendite ist, die ein Unternehme­n erzielen kann.

Hochschule Biberach (HBC) und Akademie der Hochschule Biberach präsentier­en ihre Weiterbild­ungsangebo­te seit Anfang Oktober in einem gemeinsame­n Internetau­ftritt. Mit dem neuen Internetpo­rtal stärken sie die Marke „Weiterbild­ung am Hochschuls­tandort Biberach“. Was verbinden Sie damit?

Jens Winter: Gemeinsam bieten wir ein breit gefächerte­s Portfolio im Bereich der berufliche­n und wissenscha­ftlichen Weiterbild­ung an. Auf dem Portal findet die Zielgruppe nun schnell und unkomplizi­ert das passende Angebot – unabhängig davon, ob die Weiterbild­ung durch die Akademie der Hochschule oder durch die HBC angeboten wird. Gleichzeit­ig haben wir unsere Kompetenze­n im Bereich der Weiterbild­ung zuletzt deutlich ausgebaut und weiterentw­ickelt, etwa in der digitalen Lehre.

Norbert Stanger: Diesen Wissenszuw­achs beschreibe­n wir mit dem Begriff Bildungstr­ansfer, den wir gesamtheit­lich verstehen und abbilden. In diesem Sinne bedeutet berufliche Qualifizie­rung den Transfer von Kompetenze­n – wissenscha­ftlich fundiert direkt in die berufliche Praxis hinein.

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FOTO: PRIVAT Norbert Stanger
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FOTO: STEFAN SÄTTELE Jens Winter

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