Schwäbische Zeitung (Biberach)
Der Ethiker
Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger (63) gehört zu den führenden Ethikexperten. 2005 wurde er in den Nationalen Ethikrat berufen. Nach dessen Auflösung im Jahre 2008 gehörte Losinger von 2008 bis 2016 dem Deutschen Ethikrat an.
Menschen? Wo bleiben sie? Das Ausschalten von defekten Genen, die flächendeckende Klassifizierung nach genetischer Substanz erleben wir heute schon: 90 Prozent der Eltern, bei denen in der vorgeburtlichen Diagnostik ein Kind mit Trisomie 21 festgestellt wird, entscheiden sich zur Abtreibung. Der verstorbene Theologe Eberhard Schockenhoff sprach von einer „genetischen Rasterfahndung“. Hier geht es um das Menschenbild, das wir erzeugen und um die Frage: Was lassen wir zu?
Die Revolution der Lebenswissenschaften ist technisch machbar. Welche Konsequenzen ergeben sich jetzt?
In der Gesellschaft muss in verschiedenen Kategorien über die neue Technik nachgedacht und entschieden werden: 1. Die Wissenschaft hat stets die Verantwortung für die Konsequenzen der Forschung und deren technologischer Anwendung zu reflektieren. „Wertfreie“Wissenschaft gibt es nicht. 2. Die Politik muss Leitlinien setzen, um zu verhindern, dass Recht gebrochen wird, und dass neue Technologien ausschließlich zum Wohl der Menschen Anwendung finden. 3. Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte, die für die neuen Fragen sensibilisiert und nicht von ökonomischen Interessen bestimmt ist.