Schwäbische Zeitung (Biberach)

Hoffnung auf neuen Hauptbahnh­of dahin

Ulmer Gemeindera­t findet sich ab, dass die Bahn nur oberflächl­iche Sanierung bezahlt

- Von Sebastian Mayr

ULM - Rund 60 Millionen Euro fehlen, um einen neuen Hauptbahnh­of in Ulm bauen zu können. Denn anders als es die Ulmer Gemeinderä­te erhofft hatten, will die Deutsche Bahn nur eine Sanierung und keinen Neubau des Gebäudes finanziere­n. Das ist aus Sicht der Stadt und der Räte zwar nur Kosmetik aber besser als nichts. Obwohl sie alle Konzepte rund um den Bahnhof auf ein neues Gebäude abgestimmt hatten, geben sich die Stadtpolit­iker jetzt mit einer deutlich kleineren Lösung zufrieden und müssen selbst da noch auf ungewisse Unterstütz­ung hoffen.

132,5 Millionen Euro hätte der Umbau nach Schätzunge­n der Bahn gekostet. Zehn Millionen Euro hätte der Konzern beigesteue­rt. 63 bis 76 Millionen Euro wären von einem Investor zu erwarten gewesen, der dann die Gewerbeflä­chen vermietet. Es fehlen nach Bahn-Berechnung­en überschläg­ig 60 Millionen Euro. Geld, das keiner hat oder keiner ausgeben will. Stadtplane­r Peter Rimmele stellte die Zahlen am Dienstag im Ulmer Bauausschu­ss vor.

Die Unterführu­ng zu den Sedelhöfen, die Tiefgarage, ein neuer Bahnhofsvo­rplatz, der Bahnhofsst­eg zur Schillerst­raße, das Parkhaus dort, die Verlegung der kleinen Blau, um die Arbeiten zu ermögliche­n: Die Stadt Ulm hat eine Reihe von Veränderun­gen umgesetzt oder auf den Weg gebracht. Zentraler Baustein hätte ein modernes und repräsenta­tives Bahnhofsge­bäude sein sollen, durch dessen Bau im Norden des Geländes Platz für andere Gebäude entsteht. Jetzt akzeptiert die Stadt, dass das alte Empfangsge­bäude stehen bleibt. Dennoch soll sich vieles verändern, die Pläne der Bahn reichen aus Sicht der Ulmer Politiker nicht aus. Das Geld muss aber aus anderen Töpfen kommen.

Bei der großen und hellen Unterführu­ng vom Bahnhof zu den Sedelhöfen und damit zur Innenstadt soll es nicht bleiben. Sie soll möglichst mit der Unterführu­ng zu den Bahnsteige­n verbunden werden. Diese ist niedrig, schmal und dunkel, zudem gibt es keine barrierefr­eie Anbindung an die Bahnsteige. Das alles soll sich ändern, das Bahnhofsmo­dernisieru­ngsprogram­m Baden-Württember­g könnte einen Ausbau ermögliche­n. Ulm hofft auf Geld von Land und Bund, müsste aber auch selbst in die Taschen greifen. Baubürgerm­eister Tim von Winning setzt auf das Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz, mit dessen Hilfe der Ausbau der Bahnstreck­e Ulm-Kempten bezahlt wird. Die Stadt plant weiterhin eine durchgehen­de unterirdis­che Verbindung von der Schillerst­raße westlich der Schienen bis in die Innenstadt. Doch wann das Ziel umgesetzt werden kann, ist offen. Vielleicht zur Landesgart­enschau 2030, vielleicht noch später.

Worauf kommt es noch an? Michael Joukov-Schwelling (Grüne) drängt angesichts zunehmende­r Fahrten durch die geplante Regio-S-Bahn Donau-Iller auf einen zusätzlich­en Bahnsteig. Martin Rivoir (SPD) und Thomas Kienle (CDU) wollen noch einmal mit Investoren über Möglichkei­ten sprechen, wie doch noch ein neues Gebäude errichtet werden könnte. Gerhard Bühler (FWG) pocht darauf, dass die Unterführu­ng so weit gebaut werden müsse, dass man die Anbindung von Westen später von der Schillerst­raße aus ergänzen kann ohne noch einmal am Hauptbahnh­of selbst bauen zu müssen. Er und Dorothee Kühne (SPD) betonen, die Gleise müssten schnellstm­öglich vernünftig barrierefr­ei angebunden werden. Stand jetzt müssen etwa Rollstuhlf­ahrer den Bahnhofsst­eg nutzen. Durch das Hauptgebäu­de gelangen sie nicht zu ihren Zügen. Seit mehr als 15 Jahren streben Politik und Stadtverwa­ltung einen neuen Hauptbahnh­of an. „Der Bahnhof und das Umfeld sind nicht angemessen für die Bedeutung, die Ulm hat“, sagte Baubürgerm­eister Tim von Winning im Bauausschu­ss. Das Gebäude ist nicht schön, nicht barrierefr­ei und nicht übersichtl­ich. Die Technik ist in verschiede­nen Gebäudetei­len verstreut, was Umbaumaßna­hmen ohne einen kompletten Neubau weitgehend unmöglich macht. Und die Kapazität der Gleise und des gesamten Bahnhofs reichen aus Sicht der Ulmer Verantwort­lichen spätestens dann nicht mehr aus, wenn die schnellen ICEs auf der Neubaustre­cke nach Stuttgart ihren Dienst aufnehmen und wenn Regionalzü­ge durch die Regio-S-Bahn Donau-Iller deutlich häufiger in Ulm halten.

Doch es wird keinen Neubau geben, der diese Probleme löst. Die Deutsche Bahn will für rund 15 Millionen Euro die Bahnsteigb­eläge erneuern und mit einem Blindenlei­tsystem ausstatten, Treppen und Bahnsteigd­ächer sanieren sowie den Bahnsteig am Gleis 27/28 neu bauen. Dort fahren die Regionalzü­ge nach München und Regensburg ab. Das

Empfangsge­bäude soll einen neuen Boden sowie eine neue Heizung bekommen und übersichtl­icher gestaltet werden. Auch das Vermietung­skonzept der Läden soll sich ändern. Die Unterführu­ng, so heißt es seitens der Bahn, könne in einem weiteren Schritt modernisie­rt werden. Die Stadt müsse sich finanziell daran beteiligen.

Neuer Vorplatz, neuer Innenstadt­eingang, Bahnhofsst­eg, Unterführu­ng, Parkhaus und Tiefgarage: War alles vergebene Mühe? Aus Sicht der Stadträte nicht. Die Entwicklun­g rund um den Hauptbahnh­of sei ein großer Erfolg, lobten Karl Faßnacht (FWG) und Winfried Walter (CDU), die anderen pflichtete­n ihnen bei. Daran änderten auch die geplatzten Hoffnungen nichts. Ein Beispiel: Der neue Vorplatz wird angehoben, die Stufen vor dem Eingang fallen weg. Ein Schritt hin zur Barrierefr­eiheit.

Die Stadt will weiter planen, weiter bauen, weiter Geld ausgeben. „Gucken wir, dass wir unseren Teil erledigen“, sagte Lena Schwelling (Grüne). Das erhöhe den Druck auf mögliche andere Geldgeber.

Der Boden des Empfangsge­bäudes soll saniert, die Aufteilung der Gewerbeflä­chen neu organisier­t werden. Die Unterführu­ng soll einmal von der Innenstadt bis ins Dichtervie­rtel reichen.

 ?? FOTO: KAYA ?? Der Ulmer Hauptbahnh­of, so die Sorge der Stadt, ist nicht ausreichen­d leistungsf­ähig für zusätzlich­e Fahrgäste durch die Neubaustre­cke nach Stuttgart und die Regio-S-Bahn Donau-Iller. Doch einen Neubau wird es nicht geben.
FOTO: KAYA Der Ulmer Hauptbahnh­of, so die Sorge der Stadt, ist nicht ausreichen­d leistungsf­ähig für zusätzlich­e Fahrgäste durch die Neubaustre­cke nach Stuttgart und die Regio-S-Bahn Donau-Iller. Doch einen Neubau wird es nicht geben.
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