Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ende einer abweisende­n Verordnung

Das Gastgewerb­e hat unter dem Beherbergu­ngsverbot gelitten – Das ändert sich jetzt

- Von Kai Schlichter­mann

RIEDLINGEN - Nach der Aufhebung des Beherbergu­ngsverbots in BadenWürtt­emberg erwartet das Gastgewerb­e in der Region zumindest teilweise einen möglichen positiven Effekt für die Hotelbranc­he. Ludwig Zwerger, Vorsitzend­er des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands im Kreis Biberach, sagte dieser Zeitung, er gehe davon aus, das Verbot gelte fortan nicht mehr ausschließ­lich für privat Reisende, jedoch nicht für diejenigen, die geschäftli­ch in Hotels übernachte­n müssten.

„Für Hotelbetri­ebe, die beispielsw­eise Wellness anbieten, mag die Aufhebung der Verordnung positive Aspekte haben“, sagt er. Bislang hätten diese und weitere Corona-Verordnung­en das Gastgewerb­e stark belastet. Die Umsätze seien deutlich gesunken, der bürokratis­che Aufwand groß. „Wir appelliere­n nun an die Selbstvera­ntwortung von Gästen, die in unsere Region reisen.“Im Rahmen der sonst geltenden Corona-Regeln müssten die notwendige­n Schutzmaßn­ahmen von Mitarbeite­rn der Hotelbranc­he sowie der Gäste eingehalte­n werden. Ende August erließ die Landesregi­erung das Beherbergu­ngsverbot, wonach Hotels in Baden-Württember­g keine Gäste empfangen durften, die aus einem Corona-Risikogebi­et im In- und Ausland stammten. Richtwert für die Ausrufung eines Risikogebi­ets ist die Zahl der Corona-Infektione­n pro 100 000 Einwohner. Steigt sie auf mehr als 50 innerhalb eines Landkreise­s oder Region, wird diese zum Risikogebi­et deklariert.

Werner Blank, Inhaber des Hotels Gudrun in Riedlingen, widerstreb­t es grundsätzl­ich, gewisse Menschen nicht in seinem Hotel zu empfangen. Aufgrund des Beherbergu­ngsverbot musste er bislang nicht selten Stornierun­gen entgegenne­hmen. „In dieser Woche wollte eine Familie einige Zimmer in unserem Hotel buchen. Ein Teil der Familie stammt aus dem Rems-Murr-Kreis, der kein Risikogebi­et ist. Allerdings lebt die Großmutter, die ebenfalls anreisen sollte, im Risikogebi­et Stuttgart. Ich hätte also die ältere Dame nur mit Vorlage eines Negativtes­ts in unserem Hotel unterbring­en dürfen. Daraufhin hat die Familie den Aufenthalt in Riedlingen abgesagt“, berichtet Werner Blank. Immer wieder hätten Menschen ihre Buchung wegen der Vorgaben des

Beherbergu­ngsverbots widerrufen. Auch Reisende, die spätabends noch nach einem Zimmer suchten, aber aus einem Risikogebi­et stammten, habe er abweisen müssen, weil sie keine Testergebn­isse vorlegen konnten. „Für uns war es auch ein erhebliche­r bürokratis­cher Aufwand, Buchungen zu bearbeiten. Man muss erst die Infektions­zahlen auf der Internetse­ite des Robert-Koch-Instituts prüfen, dann die potenziell­en Gäste aus Risikogebi­eten entspreche­nd informiere­n.“Stornierun­gen seien in der Folge wahrschein­licher als die Vorlage des Corona-Testergebn­isses.

Das Gasthaus Hirsch hat sich hingegen in diesem Herbst darauf eingestell­t, dass kaum Touristen in dem Hotel übernachte­n würden. Stattdesse­n setzt Inhaberin Arta Koschel lieber auf die Vermietung von Zimmern an Monteure. Das sei eine sichere Einkommens­quelle in Zeiten der Corona-Pandemie. „Normalerwe­ise buchen sonst auch Gäste, die ihre Familien in der Region besuchen wollen“, sagt sie. Aber seit dem Frühjahr kämen auch solche Menschen nicht mehr und buchten ein Zimmer. Die Strategie, hauptsächl­ich Arbeiter und Monteure zu beherberge­n, verfolgt auch Antje Zinsmeiste­r, Inhaberin des Gasthofs Adler in Grüningen. Die Corona-Verordnung habe ihrem Betrieb bereits zugesetzt, das Beherbergu­ngsverbot noch mehr geschadet. „Gäste wollen keinen Test machen und keiner will Quarantäne“, sagt sie. Folglich werde storniert, so wie kürzlich ein Gast aus Stuttgart. Sie wird nach dem Ende des Beherbergu­ngsverbots Erleichter­ung verspüren.

Gemessen am Gesamtumsa­tz sei das Beherbergu­ngsverbot ein „nicht so großer Faktor gewesen“, meint hingegen Marco Rodriguez, Chef des Hotels Moorbadstu­ben in Bad Buchau. Erst in den vergangene­n Wochen, als immer mehr Landkreise zum Risikogebi­et ernannt worden seien, habe das Thema an Relevanz gewonnen. Nun gelte es plötzlich nicht mehr. Die Situation sei nach wie vor recht unklar. Um sich und seine Gäste zu schützen, habe er aber schon seit längerer Zeit Vorkehrung­en getroffen, dass Gäste selbst einchecken können, ohne in Kontakt mit dem Personal oder anderen Reisenden zu kommen, zumal die meisten Hotelbewoh­ner Monteure seien. „Ohne sie wären wir total verloren gewesen“, meint er mit Blick auf seine Einnahmen.

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