Schwäbische Zeitung (Biberach)
Aktion lockt Hunderte Besucher an
Verkaufsoffener Sonntag in Biberach wird gut angenommen – Viel Kritik im Vorfeld
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BIBERACH - Bei strahlendem Sonnenschein sind Hunderte Besucher zum verkaufsoffenen Sonntag nach Biberach gekommen. Viele bummelten durch die Geschäfte oder genossen einfach die Sonne vor den Cafés und Restaurants in der Innenstadt. Für die Werbegemeinschaft ein voller Erfolg, doch im Vorfeld hagelte es auch Kritik, ob eine solche Veranstaltung wegen der steigenden Corona-Zahlen das richtige Signal sei.
Für Familie Forderer aus Orsenhausen war die Corona-Pandemie kein Grund, nicht zum verkaufsoffenen Sonntag zu gehen. „Ich bin sowieso nicht so ängstlich und deshalb sind wir auch gekommen“, sagt Elke Forderer. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern machte sie die Läden unsicher: „Ich gehe einfach gerne shoppen und wenn so ein schönes Wetter ist, macht es noch mehr Spaß.“Die Maske hat sie natürlich immer auf: „Schließlich muss ich mich und andere schützen.“
Auch auf dem Biberacher Marktplatz trugen viele einen Mund-Nasen-Schutz, aber natürlich nicht alle. Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamts waren unterwegs und kontrollierten die Corona-Regeln. „Wenn der Abstand nicht eingehalten wird oder keine Maske getragen wird, sprechen wir die Menschen darauf an“, sagt Nadine Bussinger. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Franz Rieger war sie in der Innenstadt und auf dem Gigelberg unterwegs: „Wir weisen die Leute darauf hin, nur Totalverweigerer müssen ein Bußgeld von 70 Euro bezahlen“, so der Stadtpolizist. Das komme aber nur selten vor. Rieger hätte eigentlich mit noch mehr Menschen gerechnet: „Es ist fast wie an einem normalen Sonntag bei gutem Wetter.“
Nicht alle Geschäfte sind der Einladung der Werbegemeinschaft zum verkaufsoffenen Sonntag gefolgt, aber der Großteil der Läden war geöffnet. „Ich finde es gut, dass wir aufmachen können, wir brauchen die Umsätze“, sagt Andrea Steinle von der Obstliebe. „Für mich zählt jeder Tag. Und so ein Sonntag ist auch gut, um die Bekanntheit zu steigern.“
Für Günter Warth, stellvertretender Vorsitzender der Werbegemeinschaft, ist so ein verkaufsoffener Sonntag ebenfalls wichtig: „Online wird sonntags der meiste Umsatz gemacht. Es ist unfair, dass wir an diesem Tag eigentlich nicht öffnen dürfen“, sagt der Inhaber einiger Modegeschäfte in Biberach. „Ob sich der heutige Tag am Ende lohnt, werden wir sehen.“Auch Günter Warth hat die Diskussionen in Biberach und die Kritik am verkaufsoffenen Sonntag mitbekommen. „Es kann jeder frei entscheiden, zu kommen oder nicht. Zudem sind wir kein
Hochrisiko-Gebiet und gesetzlich halten wir uns an die Verordnungen.“
Das sieht auch Friedrich Kolesch, Inhaber des gleichnamigen Modegeschäfts und stellvertretender Vorsitzender der Werbegemeinschaft, so: „Dem Einzelhandel geht es schlecht, wir machen jede Woche minus und wollen unseren Kunden etwas bieten.“Deshalb findet er es auch gut, dass die Biberacher Filmfestspiele stattfinden: „Der Kultur geht’s ja noch schlechter als uns und die Kulturschaffenden müssen unterstützt werden.“
Für Friedrich Kolesch ist das Shoppen mit Maske auch immer noch sehr sicher: „In unseren Geschäften muss keiner Angst haben. Die AHA-Regeln werden eingehalten, außerdem haben wir eine hochleistungsfähige Lüftungsanlage.“Er sehe den Sonntag auch als gute Gelegenheit, die anderen Tage zu entzerren. Die Kritik an dieser Aktion kann Kolesch nicht verstehen: „Es ist wie an jedem anderen Wochentag eben auch. Und dass ein solches Event nicht zu einem Hotspot führt, zeigen auch die Ergebnisse der langen Einkaufsnacht vor drei Wochen.
Wer selbst in der Gastronomie oder im Einzelhandel arbeitet, könne am Sonntag auch einmal selbst mit der Familie zum Einkaufen gehen, sagt Bernadette Singh aus Otterswang. Sie ist mit ihrer Familie zum Einkaufen nach Biberach gekommen: „Es ist uns auch wirklich wichtig, den Einzelhandel vor Ort zu unterstützen“, sagt sie. „Solche Existenzängste sind wirklich schlimm, deshalb kaufen wir eigentlich auch nichts im Internet.“