Schwäbische Zeitung (Biberach)
300 Kilo schweres Nest gereinigt
Warum Ehrenamtliche den Ummendorfer Störchen helfen mussten
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UMMENDORF - Knapp 300 Kilo schwer, fast zwei Meter lang und viel zu dicht: Das Storchennest auf dem Ummendorfer Schloss wurde zum Problem: Jetzt ist es in einer aufwendigen Aktion gesäubert und ausgedünnt worden. Dabei hat die Storchenbeauftrage Ute Reinhard aber auch Erfreuliches herausgefunden.
Michael Groh kann die Störche klappern hören von seinem Arbeitszimmer aus. Er und seine Lebensgefährtin Gertrud Heiserer wohnen schräg gegenüber des Schlosses und verfolgen seit Langem das Leben der gefiederten Nachbarn. „Das ist wirklich faszinierend“, erzählt Groh. Der Onkel seiner Lebensgefährtin hatte den Nestunterbau vor vielen Jahren auf dem Schloss angebracht. Seitdem sind fast jedes Jahr wieder Störche in Ummendorf.
Tüchtig bauen die Tiere an ihrem Nest. Doch mit der Zeit führt dies zu Problemen: Jetzt ist der Aufbau zu schwer geworden. „Das Dach trägt das Nest noch, das ist nicht so tragisch“, erklärt die baden-württembergische Storchenbeauftragte Ute Reinhard. Dennoch wog das Nest zuletzt knapp 300 Kilo, schätzt sie. Und es gibt ein weiteres Problem: Die Störche haben mit dem Gras häufig Erde und Lehm ins Nest eingetragen. „Dadurch verdichtet sich das Nest sehr stark“, erklärt Reinhard. Die Folge: Das Wasser staut sich. Die Jungvögel mit dünnem Gefieder können rasch auskühlen und dadurch sogar schwer erkranken.
In freier Natur würden sich die Tiere wohl nach einiger Zeit ein neues Nest suchen. Doch Reinhard und Groh wollen die Tiere in Ummendorf halten. Schließlich, so belegen es Aufzeichnungen, hat der Storchenstandort bereits eine lange Tradition:
Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg lebten Tiere auf dem Schlossdach. Seit den 1980er-Jahren kommen sie auch wieder regelmäßig.
Für den Anwohner Groh und Beauftragte Reinhard war jedenfalls klar, dass auch dieses Jahr rasch gehandelt werden muss. Beide stehen bereits seit längerer Zeit in Kontakt und haben nun eine aufwendige Reinigungsaktion gestartet. Mithilfe einer Drehleiter von der Feuerwehr Biberach sind sie die rund 25 Meter auf das Dach des Schlosses gestiegen, um den Vögel zu Hilfe zu kommen. Rund 150 Kilo Material haben sie aus dem Nest entfernt und es danach zum Teil wieder mit leichten Ästen aufgebaut.
Etwa eine Stunde lang hat Groh von der Drehleiter aus das Nest gereinigt. Vor allem an den Gestank habe er sich gewöhnen müssen, berichtet er. „Das war wirklich ekelhaft.“Tütenweise Material hat er entfernt.
Die Störche selbst waren zu dieser Zeit nicht im Nest. Groh beobachtete auch bereits bei früheren Reinigungsoder Beringungsaktionen, dass die Tiere auf die Kirche ausweichen und von dort aus zuschauen. Ihr erneuertes Nest hätten sie aber rasch akzeptiert.
„Ich kam nach der Aktion schweißnass wieder runter“, erzählt er. Doch für die Zukunft hat er sich sogar bereit erklärt, ehrenamtlich und regelmäßig nach den Vögeln zu sehen und das Nest zu reinigen. Darüber freut sich auch die Storchenbeauftage Reinhard. Sie kümmert sich das Jahr über um unzählige Nester im ganzen Land. „Ich suche dringend Leute, die mithelfen.“
Der Einsatz in Ummendorf war aber auch für sie als Routinier mit einer freudigen Entdeckung verbunden: „Wir haben keinerlei Müll in dem Nest gefunden“, erzählt sie. Daraus könne abgeleitet werden, dass die Gemeinde besonderen Wert auf Sauberkeit lege. „Dafür ein großes Kompliment an die Ummendorfer“, sagt Reinhard. Leider kenne sie häufig ganz andere Anblicke. Immer wieder finde sie Plastik und Schnüre in den Nestern. Vor allem die Schnüre würden zum Riesenproblem. „Die Jungstörche können sich leicht darin verheddern.“Die Folgen können lebensbedrohlich sein, wenn zum Beispiel Füße abgeschnürt werden.
„Ich bitte darum alle, die zum Beispiel unterwegs Schnüre finden, diese einzupacken und zu entsorgen“, betont die Biologin. Damit könne jeder Einzelne seinen Teil dazu beitragen, den Störchen auch in Zukunft ein Leben in Ummendorf und vielen anderen Orten in der Region zu ermöglichen.