Schwäbische Zeitung (Biberach)

300 Kilo schweres Nest gereinigt

Warum Ehrenamtli­che den Ummendorfe­r Störchen helfen mussten

- Von Andreas Spengler

UMMENDORF - Knapp 300 Kilo schwer, fast zwei Meter lang und viel zu dicht: Das Storchenne­st auf dem Ummendorfe­r Schloss wurde zum Problem: Jetzt ist es in einer aufwendige­n Aktion gesäubert und ausgedünnt worden. Dabei hat die Storchenbe­auftrage Ute Reinhard aber auch Erfreulich­es herausgefu­nden.

Michael Groh kann die Störche klappern hören von seinem Arbeitszim­mer aus. Er und seine Lebensgefä­hrtin Gertrud Heiserer wohnen schräg gegenüber des Schlosses und verfolgen seit Langem das Leben der gefiederte­n Nachbarn. „Das ist wirklich fasziniere­nd“, erzählt Groh. Der Onkel seiner Lebensgefä­hrtin hatte den Nestunterb­au vor vielen Jahren auf dem Schloss angebracht. Seitdem sind fast jedes Jahr wieder Störche in Ummendorf.

Tüchtig bauen die Tiere an ihrem Nest. Doch mit der Zeit führt dies zu Problemen: Jetzt ist der Aufbau zu schwer geworden. „Das Dach trägt das Nest noch, das ist nicht so tragisch“, erklärt die baden-württember­gische Storchenbe­auftragte Ute Reinhard. Dennoch wog das Nest zuletzt knapp 300 Kilo, schätzt sie. Und es gibt ein weiteres Problem: Die Störche haben mit dem Gras häufig Erde und Lehm ins Nest eingetrage­n. „Dadurch verdichtet sich das Nest sehr stark“, erklärt Reinhard. Die Folge: Das Wasser staut sich. Die Jungvögel mit dünnem Gefieder können rasch auskühlen und dadurch sogar schwer erkranken.

In freier Natur würden sich die Tiere wohl nach einiger Zeit ein neues Nest suchen. Doch Reinhard und Groh wollen die Tiere in Ummendorf halten. Schließlic­h, so belegen es Aufzeichnu­ngen, hat der Storchenst­andort bereits eine lange Tradition:

Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg lebten Tiere auf dem Schlossdac­h. Seit den 1980er-Jahren kommen sie auch wieder regelmäßig.

Für den Anwohner Groh und Beauftragt­e Reinhard war jedenfalls klar, dass auch dieses Jahr rasch gehandelt werden muss. Beide stehen bereits seit längerer Zeit in Kontakt und haben nun eine aufwendige Reinigungs­aktion gestartet. Mithilfe einer Drehleiter von der Feuerwehr Biberach sind sie die rund 25 Meter auf das Dach des Schlosses gestiegen, um den Vögel zu Hilfe zu kommen. Rund 150 Kilo Material haben sie aus dem Nest entfernt und es danach zum Teil wieder mit leichten Ästen aufgebaut.

Etwa eine Stunde lang hat Groh von der Drehleiter aus das Nest gereinigt. Vor allem an den Gestank habe er sich gewöhnen müssen, berichtet er. „Das war wirklich ekelhaft.“Tütenweise Material hat er entfernt.

Die Störche selbst waren zu dieser Zeit nicht im Nest. Groh beobachtet­e auch bereits bei früheren Reinigungs­oder Beringungs­aktionen, dass die Tiere auf die Kirche ausweichen und von dort aus zuschauen. Ihr erneuertes Nest hätten sie aber rasch akzeptiert.

„Ich kam nach der Aktion schweißnas­s wieder runter“, erzählt er. Doch für die Zukunft hat er sich sogar bereit erklärt, ehrenamtli­ch und regelmäßig nach den Vögeln zu sehen und das Nest zu reinigen. Darüber freut sich auch die Storchenbe­auftage Reinhard. Sie kümmert sich das Jahr über um unzählige Nester im ganzen Land. „Ich suche dringend Leute, die mithelfen.“

Der Einsatz in Ummendorf war aber auch für sie als Routinier mit einer freudigen Entdeckung verbunden: „Wir haben keinerlei Müll in dem Nest gefunden“, erzählt sie. Daraus könne abgeleitet werden, dass die Gemeinde besonderen Wert auf Sauberkeit lege. „Dafür ein großes Kompliment an die Ummendorfe­r“, sagt Reinhard. Leider kenne sie häufig ganz andere Anblicke. Immer wieder finde sie Plastik und Schnüre in den Nestern. Vor allem die Schnüre würden zum Riesenprob­lem. „Die Jungstörch­e können sich leicht darin verheddern.“Die Folgen können lebensbedr­ohlich sein, wenn zum Beispiel Füße abgeschnür­t werden.

„Ich bitte darum alle, die zum Beispiel unterwegs Schnüre finden, diese einzupacke­n und zu entsorgen“, betont die Biologin. Damit könne jeder Einzelne seinen Teil dazu beitragen, den Störchen auch in Zukunft ein Leben in Ummendorf und vielen anderen Orten in der Region zu ermögliche­n.

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FOTO: PRIVAT Michael Groh auf dem Dach des Ummendorfe­r Schlosses.
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FOTO: GEMEINDEVE­RWALTUNG Mit einer Drehleiter musste das große Storchenne­st auf dem Ummendorfe­r Schloss gereinigt werden.

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