Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Handel bleibt offen, doch die Stimmung ist gedrückt

Supermärkt­e sehen sich gut aufgestell­t – Warum Handel und Gastronomi­e einander brauchen

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Während Gastronomi­e, Kultureinr­ichtungen und Fitnessstu­dios im November erneut schließen müssen, bleiben Geschäfte diesmal offen. Mit diesen Maßnahmen möchten Bund und Länder das Corona-Infektions­geschehen bremsen. Sorgt diese Entscheidu­ng bei Biberacher Händlern für Erleichter­ung? Die Antwort auf diese Frage ist schwierige­r, als es im ersten Moment erscheinen mag. Denn für eine Belebung der Innenstadt brauchen Handel und Gastronomi­e einander.

„Wir in der Innenstadt sind eine Gemeinscha­ft“, sagt Friedrich Kolesch, Modehändle­r und stellvertr­etender Vorsitzend­er der Werbegemei­nschaft. Er rechne mit einen größeren Einbruch für den Einzelhand­el. Vor allem störe ihn das Mahnen der Politik, zu Hause zu bleiben. Das sei ein „Lockdown durch die Hintertür“, so der Händler. Er habe den Verdacht, die Politik lasse den Einzelhand­el nur offen, um nicht auch noch seiner Branche fehlende Umsätze ersetzen zu müssen. Ansteckung­en in der Gastronomi­e und im Kulturbere­ich hätte es fast nicht gegeben, erläutert Kolesch und verweist auf eine Studie des baden-württember­gischen Sozialmini­steriums. „Für die Betroffene­n tut es mir unendlich leid“, sagt er.

Natürlich seien sein Team und er froh, weiterhin offen haben zu dürfen. „Alles andere wäre auch unverhältn­ismäßig gewesen“, sagt der Modehändle­r. Die Regel, ein Kunde pro zehn Quadratmet­er, empfindet er als unproblema­tisch. Er appelliert an die Kunden, weiter bei Händlern vor Ort einzukaufe­n und To-Go-Angebote der Gastronomi­e zu nutzen.

Das Bewusstsei­n über die Wichtigkei­t des stationäre­n Handels sei da, sagt Christian Heinzel vom gleichnami­gen Sportgesch­äft und Vorsitzend­er der Bibercard. „Wir hoffen, dass die Biberacher den ein oder anderen Klick weiterhin in der Stadt lassen.“Auch er fürchtet, dass sich durch die Gastronomi­e-Schließung weniger Menschen in der Stadt aufhalten und damit auch die Umsätze in den Läden sinken. Laut ihm hat die Frequenz in der Stadt im Vergleich zum Vorjahr ohnehin schon zwischen 30 und 40 Prozent eingebüßt. Die neuen Beschränku­ngen verunsiche­rten die Menschen weiter.

Die Regel, ein Kunde pro zehn Quadratmet­er, führt bei den Supermärkt­en zu keinen Problemen. „Die neuen Regelungen haben auf die Rewe-Märkte keine relevanten, weitreiche­nderen Auswirkung­en als bisher“, teilt das Unternehme­n auf Anfrage mit. Sollten Beschränku­ngen nötig werden, kann dies durch Einlasskon­trollen oder abgezählte Einkaufswa­gen oder -körbe geschehen. Die Warenverso­rgung sei gesichert, auch „wenn mal eine Stelle im Regal zeitweise leer sein sollte“.

Für seine Edeka-Märkte hält Martin Walke die Regelung ebenfalls für umsetzbar. Am Marktplatz zum Beispiel dürften 28 Kunden gleichzeit­ig drin sein. „Das ist in der Regel ausreichen­d“, sagt der Inhaber. Die Lager seien ordentlich gefüllt: „Die Erfahrungs­werte aus dem Frühjahr haben wir ja jetzt.“Auch bei Trockenhef­e, Klopapier, Mehl, Desinfekti­on und Seife sehe es vernünftig aus: „Ohne Panikkäufe hätten wir ohnehin kein Problem.“Supermärkt­e, die Profiteure der Krise? Diese These stimmt aus seiner Sicht nicht. Zwar verzeichne er insgesamt etwas mehr Umsatz, aber dem stehen Corona-Ausgaben von 150 000 Euro gegenüber. Das sei auf jeden Fall ordentlich, sagt Walke. „Zudem ist es für die Mitarbeite­r eine psychische Belastung, sich Tag für Tag mit den Maskenverw­eigerern auseinande­rzusetzen.“

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FOTO: DPA Auf den Handel haben die neuen Corona-Regeln kaum Einfluss.

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