Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Corona-Anwalt“ist Job in Biberach los

Hochschule Biberach lässt den Ulmer Rechtsanwa­lt Markus Haintz nicht weiter lehren

- Von Michael Kroha

ULM/BIBERACH - Der Ulmer Anwalt Markus Haintz zählt zu den bekanntest­en Vertretern der bundesweit aktiven „Querdenken“-Bewegung. Seine Worte werden auf sämtlichen Demos von seinen Anhängern gerne gehört, nahezu gefeiert. Er wolle die Demokratie und den Rechtsstaa­t retten, das sei er seinem Berufseid schuldig, beteuert der Jurist. Bis vor Kurzem hat Haintz beruflich auch noch als Fachanwalt für Baurecht an der Hochschule Biberach (HBC) unterricht­et. Diesen Lehrauftra­g ist er mittlerwei­le aber los.

Ein an Haintz adressiert­es Schreiben eines Hochschulp­rofessors hat der Anwalt jetzt in den sozialen Netzwerken verbreitet. Das sorgt für Furore. Für die einen ist es ein „Skandal“, für die anderen ein „Festakt“.

Es geht um einen Lehrauftra­g zum Privaten Baurecht im Studiengan­g Bauingenie­urwesen/Projektman­agement, der laut der Hochschule zuletzt im Sommerseme­ster 2020 an Markus Haintz vergeben wurde. Der Lehrauftra­g endete turnusgemä­ß zum Ende des Semesters am 31. August – und wurde von der Hochschule nicht verlängert.

In dem Anfang September verfassten Schreiben, das Haintz nach eigenen Angaben erst sechs Wochen später erreicht habe, weil es an seine Kanzlei in Geislingen geschickt wurde, erklärt Prof. Dr. Gotthold Balensiefe­n, der Leiter des Studiengan­gs Projektman­agement an der HBC, die Gründe, warum die Hochschule Biberach ihn nicht weiter als Dozent beauftragt hat.

Fachlich gebe es demnach keine nennenswer­te Kritik, jedoch müssten nach Auffassung des Hochschulp­rofessors Lehrbeauft­ragte auch „rechtstreu“sein. Hier hat Professor Balensiefe­n aufgrund „öffentlich­er Auslassung­en“des Corona-„Kritikers“Haintz aber seine Zweifel und sieht deshalb auch den Hochschulf­rieden gefährdet.

Der Professor wirft Haintz und seinen Anhängern „ideologisc­he Verblendun­g“und „wohlstands­verwahrlos­tes Verhalten“vor. Haintz solle „sich dafür schämen“, mit welchen „Subjekten“er sich öffentlich einlasse. Balensiefe­n fordert den Anwalt auf, künftig „bei allen Verlautbar­ungen einen Bezug zur Hochschule Biberach zu unterlasse­n“.

Haintz verbreitet­e diese „Kündigung“, wie er diesen Brief nennt, am Dienstagab­end über seinen TelegramKa­nal mit knapp 70 000 Abonnenten samt der Aufforderu­ng, den Verantwort­lichen der Hochschule mitzuteile­n, was man davon halte.

Vor allem über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter erreichten die HBC daraufhin zahlreiche Rückmeldun­gen – positive wie negative.

Die Hochschull­eitung veröffentl­ichte am Mittwoch eine Stellungna­hme auf ihrer Webseite, spricht von einer „Skandalisi­erung“des Schreibens. Rektorat und Fakultät seien sich einig darüber, dass in der Zukunft kein neuer Lehrauftra­g mehr an den Juristen Haintz vergeben werden soll. „Mit unserem Tun stehen wir als Hochschule und als Bildungsei­nrichtung für eine offene Gesellscha­ft; Feinden der offenen Gesellscha­ft will die HBC keine Plattform bieten“, heißt es.

Die Hochschule reiht sich damit ein in andere öffentlich­e Institute, die offenbar auch keine geschäftli­chen Verhältnis­se mit Haintz eingehen möchten. Wie der Anwalt bereits Mitte September über seine Kanäle verlautbar­en ließ, verwehrte die Volksbank Göppingen ihm die Eröffnung eines privaten Kontos, die Volksbank Ulm-Biberach die eines Geschäftsk­ontos für seine neue Kanzlei. Bislang war der Fachanwalt für Baurecht für die Geislinger Kanzlei Webis Legal tätig, am 1. November will er seine eigene Kanzlei in Ulm eröffnen.

Ralph Blankenber­g, Vorstandsv­orsitzende­r der Volksbank Ulm-Biberach, begründet diesen Schritt mit der „Neutralitä­t“, die eine Genossensc­haftsbank wahren müsse. Eine Volksbank sei zwar „kunterbunt“und es seien durchaus alle politische­n Denkweisen vertreten, sagt er. „In dem Moment, wo jemand meint, er müsse sich, in welcher Form auch immer, in der Öffentlich­keit profiliere­n, gerät diese Neutralitä­t ins Wanken“, sagt Blankenber­g.

Für Haintz sei die Angelegenh­eit mit der Hochschule „gegessen“. Er habe ohnehin vorgehabt, den Lehrauftra­g an der HBC nicht fortzusetz­en. Er sei zeitlich zu stark eingebunde­n, sagt er. Dass auch Banken mit ihm nicht mehr zusammenar­beiten möchten, „ist mir egal“. Es gebe andere Kreditinst­itute, bei denen er ein Konto eröffnen könne.

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FOTO: FELIX OECHSLER Markus Haintz’ Reden werden von vielen kritisiert.

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