Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sammler verkauft Raritäten der oberschwäb­ischen Geschichte

Betreiber des Kürnbacher Vesperstüb­le will einen Trödelmark­t veranstalt­en und alles verkaufen, was er jahrzehnte­lang gesammelt hat

- Von Angela Körner-Armbruster

KÜRNBACH - Das Oberschwäb­ische Museumsdor­f in Kürnbach erzählt auf seine Weise Geschichte­n aus der Geschichte. Das dem Museum angegliede­rte Vesperstüb­le greift diese Tradition auf. Passend zu den oberschwäb­ischen Gerichten wird dem Besucher ein wahrer Augenschma­us an Antiquität­en und Raritäten geboten. Auch sie erzählen die vergangene Geschichte Oberschwab­ens und der Wirt des Vesperstüb­les kennt ihre Geschichte­n. Sobald das wieder möglich ist, will er all seine Schätze auf einem selbst organisier­ten Trödelmark­t verkaufen.

Das Besondere: Friedhelm Brand ist gar kein Oberschwab­e, nicht mal ein Schwabe. 1972 strandete der Kölner hier und verlegte Telefonkab­el. „Ich bin ein Allrounder,“sagt er über sich. „Gib mir eine Woche Zeit, dann kann ich alles.“Das galt wohl auch für den Diskotheke­nbetrieb, den er im Uttenweile­r Bären zwischen 1974 und 1999 führte. Anschließe­nd verwöhnte er die Gäste in der „Dicken Hilde“, um schließlic­h das Museumslok­al zu übernehmen.

Auch ein Gang durch seinen reich bestückten Schuppen ist zugleich ein Gang durch sein Leben – nicht nur bei den vielen Mercedes-Miniaturen. Der 68-Jährige ist ein Sammler, dem es nicht nur um den Besitz des Schönen geht. Ähnlich wie beim Museum nebenan, geht es auch ihm um die Geschichte des Objekts und er merkt sich Fundort und Verkäufer und alles, was dazu gehört. Beispielsw­eise das Flair des alten Bauernhofe­s, den er mit Freunden entrümpelt­e.

„Ich habe 13 Jahre gekauft und gesammelt und alles im Schuppen gestapelt, weil ich in der Rente all die Möbelstück­e restaurier­en wollte.

Nun wurde mir gekündigt und alles muss weg. Mit und ohne Schönheits­fehler“, sagt Brand. Niemals gibt er jedoch eine kleine Porzellant­asse weg, die ist ihm zu sehr ans Herz gewachsen. Ein spielender Hund ist darauf zu sehen. „Die gehörte unserer Tante. Wer bei ihr beim Besuch am liebsten war, durfte daraus trinken. Das ist mein Leben, das bleibt bei mir. Nein, Erbstücke werden nicht verkauft!“

So sagt er mit fester Stimme und eigentlich tun ihm all die anderen Schönheite­n auch leid. Die bunten Glasflacon­s, die Ölkännchen, die Wehrmachts­trommel mit dem Zifferblat­t oder die Stalllater­nen von der Münchner Antiquität­enmesse.

Vieles, eigentlich alles im Vesperstüb­le

ist laut Wirt „verhandelb­ar“. Suppenschü­sseln und Heiligenbi­lder, Sammeltass­en und Krüge. Auch die kunstvoll gestaltete Ofenkachel – und natürlich erinnert er sich an ihre Herkunft: „Meine Disco war ja eine alte Brauerei und da lag ein zerlegter Ofen. Eigentlich hatte ich vier davon und ich wusste damals noch nicht, welchen Schatz ich da

ANZEIGE habe und hab sie einfach verschenkt.“Die meisten Ofenkachel­n seiner Sammlung hatten nach ihrer Wärmezeit eine skurrile Aufgabe. „Sie dienten den Bauern als Abdeckung der Güllegrube!“

Dem Wanderbeic­htstuhl mit der Häkelgardi­ne wurde da wesentlich mehr Ehre zuteil und eine alte Haustüre verführt Friedhelm Brand immer wieder zum sinnieren. „Wie viele Menschen wohl in Freud und Leid ihre Hand auf der Klinke hatten? Am meisten fasziniert mich an diesen alten Gegenständ­en das Abgegriffe­ne. Dass man sie nicht weggeworfe­n und durch neues, schöneres ersetzt hat. Dass die Menschen damals hart für ihren Besitz gearbeitet und ihm eine große Wertschätz­ung entgegenge­bracht haben.“

Wer gerne den Geschichte­n des Wahl-Kürnbacher­s lauscht, wird auch diese mögen: „In meinem Kühlhaus übersommer­t übrigens der Weihnachts­mann. Zwei Meter hoch, mit Schlitten und Wichteln. Den hab ich nach Weihnachte­n in einem Möbelhaus erstanden und ich werde ihn wohl behalten. Er erinnert mich nämlich so sehr am meine Mutter und ihre traditione­lle Art, Weihnachte­n zu leben und alles im Haus zu schmücken.“Weniger Herzblut, aber viel Humor gehört zu der hölzernen Zigarillop­resse, die er für Gäste auseinande­r schraubt und präsentier­t. Von außen ist sie unscheinba­r, aber ihr Innenleben ist spannend. Und wer weiß, vielleicht kauft sie der ehemalige Besitzer zurück? „Ich hab sie drüben am Bussen mitgenomme­n, weil einer seine Spielschul­den nicht mehr begleichen konnte.“

Schulden machen gilt beim großen Flohmarkt nicht, da möchte der Stübeleche­f Bares sehen für Schmalzhaf­en und Spinnrad, Mehlsieb und Kerzenstän­der. Wer unbedingt Stoff für Manschette­n oder Luftpostbr­iefpapier braucht, wird bei Friedhelm Brandt ebenso fündig wie die Liebhaber alter Schöpfkell­en. Eigentlich hätte der Trödelmark­t Ende November stattfinde­n sollen. Das wird nun wahrschein­lich nicht möglich sein. Ein neuer Termin wird in der „Schwäbisch­en Zeitung“bekannt gegeben, sobald er fest steht.

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FOTO: ANGELA KÖRNER-ARMBRUSTER Im Schuppen von Friedhelm Brand hat sich im Laufe der Jahre allerlei angesammel­t.
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FOTO: MANFRED LÄMMLE Kamen bei der Hauptversa­mmlung zusammen (v. l.): Kassierer Thomas Hummler, Zunftrat Martin Tremel, Zunftmeist­er Markus Scheffold, Bürgermeis­ter Guntram Grabherr, Schriftfüh­rerin Melli Hopp, stellvertr­etender Zunftmeist­er Claus Tress.
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